Aufs Eigentum bestanden
Deutsches Paar wird Besetzer in Torrevieja los – Glück und Kommunikationsgeschick
Torrevieja – sw. Ein Handyklingeln brachte die unschöne Bescherung. Das Haus in Spanien sei besetzt, funkte der Nachbar aus Torrevieja. Was für ein Ärger kurz vor Weihnachten für Friedhelm und Clementine Ketteltasche. Doch was tun? Nichts wie ab in den Flieger, dachte das deutsche Paar und startete prompt in Düsseldorf nach Alicante. Keinen Monat später können sie aber beruhigt nach Deutschland zurückfliegen. Ihr Haus haben sie wieder, die Eindringlinge sind weg. Geflohen nicht zuletzt vor dem Druck der sehr entschlossenen Senioren.
Nicht irgendeine Immobilie ist für sie das Haus in der Siedlung La Siesta. Sondern ein – wegen vieler Lebenswidrigkeiten lange unwirklicher – Traum, der in den 1980ern Realität wurde. Zuletzt war sein Auskosten jedoch schwergefallen. Frau Ketteltasche (81) verletzte sich, wurde bis auf Stufe drei pflegebedürftig. 18 Monate blieben die Westfalen Torrevieja fern. Doch mit dem Anruf vor Weihnachten wurde der Flug nach Spanien zum Muss. Sich von Besetzern den Traum jäh zerstören lassen, das kam für die Deutschen nicht in Frage.
Vertrautes Misstrauen
Die Landung war hart. Anzusehen, wie Fremde sich breitmachten, Mülltüten herumstellten, Türen absperrten, die Terrasse beschädigten, und vor allem das aus dem eigenen Haus ausgesperrt Sein – all das war für die Spanien-Fans eine neue, fiese Erfahrung im Ausland. Wütend wurden die Deutschen auf die spanischen Behörden. „ Die Guardia Civil ging ins Haus, redete mit den Besetzern“, erzählt Friedhelm Ketteltasche (78). Doch es brachte nichts. Man könne die Eindringlinge nicht herauswerfen, hieß es.
„ Anzeige im Revier stellen“, „ zum Rechtsanwalt gehen“, lauteten die Weisungen der Beamten. Ersteres taten die Ketteltasches, zweiteres kam erst nach den Feiertagen in Frage. Zum Übernachten ging es derweil – für hohe Kosten – in eine Ferienwohnung, dann in ein Haus von Bekannten. Ins eigene Haus durfte das Paar nicht – aber auch nicht Strom oder Wasser abdrehen. Absolut frustrierend für die Eigentümer, die aber mit Trotz reagierten.
Jeden Tag fuhren sie zum Haus. Ihrem Eigentum, wie sie den Störenfrieden stetig mitteilten – mit Händen, Füßen, Handy. „ Wann verlasst ihr unser Grundstück?“, tippte Herr Ketteltasche per Übersetzungsprogramm an die arabischsprachigen Besetzer. Oder auch, auf deren Fahrrad deutend: „ Könnt ihr beweisen, dass ihr es gekauft habt?“Stetige, gezielte Nadelstiche.
Eine dreiköpfige Familie mit etwa sechsjährigem Kind hatte sich im Haus eingerichtet. Doch dauernd gingen weitere Fremde ein und aus. „ An einem Tag saßen sie auf der Terrasse. Ich zeigte auf diese Besucher: du, du, du, raus hier. Und sie gingen“, berichtet Ketteltasche, der sogar teils mit dem Auto hinterherfuhr. Ohne Furcht seien diese Situationen nicht abgelaufen. „ Mein Mann zitterte, wenn er zurückkam“, berichtet Frau Ketteltasche. Doch das Paar war gewillt, sich nicht einschüchtern zu lassen.
In der Nachbarschaft erhielten die Deutschen, die hier mehrere Vertrauenspersonen haben, jedenfalls Unterstützung. Davon überzeugen wir uns beim Besuch vor Ort. Sogleich nähert sich ein Brite aus dem Nachbarhaus, blickt mit Argwohn drein. „ Sind Sie wirklich von der Zeitung?“Zu oft, erklärt man uns, seien in der Siedlung falsche Installateure, falsche Verkäufer aufgetreten. Man traue niemandem, auch der Polizei nicht ganz.
Vor einem Jahr sei das Haus gegenüber schon besetzt gewesen. Damals habe die Guardia Civil die Besetzer herausbefördert. Wieso hier nicht?, wundern sich die Anwohner.
Die Ketteltasches hätten die Pflanze am Haustor stutzen müssen, fügt der Nachbar an. Da sie durch das Gitter ragte, hätte man gesehen, dass lange keiner da war. Offenbar hatten die Eindringlinge das Gebiet gut beobachtet. Beachtlich organisiert sei ihr Kreis, meint dazu Herr Ketteltasche. Sogar eine deutschsprachige Person hatten die Besetzer am Telefon, als sie dem Paar anboten, für 3.000 Euro das Haus zurückzugeben. Dies lehnten die Deutschen sogleich ab. Inzwischen hatte sie der Anwalt über die seit 2018 erleichterte Option einer schnelleren Entfernung von Okupas aus dem Haus informiert – und entsprechende Schritte vor Gericht eingeleitet. „ Leider keineswegs selten“seien Besetzungen in der Gegend, informierte der Anwalt, ohne zu ahnen, wie bald schon die Initiative unnötig werden würde.
Denn noch in derselben Woche klingelt wieder das Telefon bei den Ketteltasches. Das große Tor stehe weit offen, die Tür sei nicht abgeschlossen, sagen die Nachbarn. Die Okupas seien weg. Völlig unerwartet. Tatsächlich stellen dies die Deutschen vor Ort fest, „ sehr erleichtert“. Ins Haus dürfen sie zwar laut Gesetz erst nach Erlaubnis der Guardia Civil. Doch auch das bekommen die unerschrockenen Rentner im Polizeirevier im Hand(y)umdrehen hin, und machen sich ans Aufräumen.