Wenn der Nachschub stockt
Konflikt im Roten Meer bedroht Welthandel – Erste Folgen in Spanien
Madrid – tl. Seit Wochen attackieren Huti-Rebellen, wohl mit Billigung des Iran, vom Jemen aus Handelsschiffe im Roten Meer und bedrohen so den Welthandel. In der nur 28 Kilometer breiten Babel-Mandab-Straße – auf Arabisch „ Tor der Tränen“– sind die Frachter und Tanker ein leichtes Ziel. Eine internationale Koalition ohne Spanien und Deutschland unter Führung der USA und Großbritannien hat inzwischen reagiert, schützt Schiffe vor Angriffen und schlägt zurück. Doch eine Blockade der Meerenge ist damit keineswegs abgewendet.
Zwar halten sich die Auswirkungen des Konflikts auf den Warenverkehr in Grenzen. Erste Folgen aber gibt es bereits – auch in Spanien. Der Reifenhersteller Michelin bekommt nicht mehr genug Natur-Kautschuk für die vier Fabriken in Vitoria, Lasarte, Valladolid und Aranda de Duero und muss die Schichten reduzieren.
Durch das „ Tor der Tränen“führt eine der wichtigsten Schifffahrtsrouten der Welt – von Asien und der Arabischen Halbinsel ins Rote Meer und dann durch den Suezkanal ins Mittelmeer nach Europa. Rund 17.000 Schiffe befahren diese Route jährlich. Vor allem Tanker mit Rohöl und Flüssiggas aus Saudi-Arabien und Katar an Bord passieren die Meerenge. Seit Europa unabhängig werden will von Gas und Öl aus Russland, nimmt der Tankerverkehr sogar noch zu. Auch China schickt einen Großteil seiner Exporte für Europa über die Rotes-Meer-Route.
Schon jetzt meiden führende Reedereien die Passage durchs Rote Meer und nehmen auf dem Weg von Asien nach Europa lieber einen großen Umweg um das Kap der guten Hoffnung in Kauf. Kunden müssen wieder länger auf ihre Ware warten. Bei einer Blockade könnten Liefer- und Produktionsketten unterbrochen werden, wie zuletzt bei der Blockade des Suezkanals 2021. Gestört sind sie auch jetzt. Und: Die Preise steigen. Beispielsweise der Ölpreis. Läuft der Warenverkehr nicht mehr durchs „ Tor der Tränen“, könnte Europa schnell in ein „ Tal der Tränen“versinken.
Der Warenaustausch zwischen Spanien und den wichtigsten Handelspartnern in Asien – China, Indien, Japan, Südkorea, Vietnam, Indonesien, Taiwan und Malaysia – summierte sich 2023 auf knapp 72 Milliarden Euro. Eine Änderung der Schifffahrtsroute um Afrika herum bedeutet nach Meinung der beiden führenden Reedereien – MSC und Maersk – eine Verteuerung der Transportkosten um 40 bis 60 Prozent. Hauptsächlich wegen der Treibstoffkosten, da sich die Strecke von Asien nach Europa von 18.000 auf etwa 25.000 Kilometer verlängert. Durchs Rote Meer und den Suezkanal dauert eine Fahrt um die zwei bis drei Wochen, um Afrika herum etwa eine Woche länger. Damit steigen auch die Versicherungspolicen.
Am 24. November lag der Preis für einen 20-Fuß-Container von China nach Europa bei 779 USDollar, am 5. Januar betrug der Preis dann 2.871 Dollar.
Durchs „Tor der Tränen“führt eine der wichtigsten Schifffahrtsrouten der Welt