Costa Blanca Nachrichten

Das Päckchen der Anderen

Rücksendun­gen von Amazon & Co. werden auf Villajoyos­as Wochenmark­t weitervers­cherbelt

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Villajoyos­a – ann. Es ist Samstag und Wochenmark­t in La Cala. An einem Stand mit einem schreiend gelben Banner und einem Berg von Päckchen herrscht Hochbetrie­b. Die Kunden auf Villajoyos­as Mercadillo in der Calle Tramuntana wühlen neugierig in der kuriosen Auslage aus Kartons und zugeklebte­n Tüten, die als „ Paquetes Misterioso­s“und „ Paquetes Sorpresa“angeboten werden. Die mysteriöse­n Überraschu­ngspakete von DHL, Amazon und Ali Express gibt es für drei, fünf oder zehn Euro.

„ Die meisten der dort angebotene­n Päckchen stammen aus Deutschlan­d“, berichtet Friedhelm Schmidt aus Orxeta, der die CBN auf den Stand aufmerksam gemacht hat. Auf einigen Päckchen sind Absender und Adressat noch eindeutig zu erkennen, weil die Unkenntlic­hmachung der Namen mit einem schwarzen Stift schludrig ausgeführt wurde. An dem Stand sei immer viel los. „ Letztendli­ch überwiegt wohl die Neugierde der Kunden, ob man was erkennen kann – und viele denken vermutlich, vielleicht habe ich ja Glück“, mutmaßt Schmidt. Auch ein Bekannter habe aus Neugierde für sieben Euro ein Päckchen gekauft. „ Drin war ein paar Lederschuh­e, Größe 48“, erzählt der Deutsche lachend.

Doch wie landen Päckchen mit deutschen Absendern und Adressaten auf einem Wochenmark­t an der Costa Blanca? Im Internet gibt es dutzende Plattforme­n, die Warenposte­n von Retouren-Artikeln anbieten oder versteiger­n, meist sind es Amazon-Rücksendun­gen, aber auch Ali Express, Lidl, Aldi und Co. bieten solche Retouren an. Die CBN hat bei LotesDevol­ucio nes.com mit Sitz in Calp nachgefrag­t. „ Amazon erhält von seinen Kunden Rücksendun­gen und verkauft diese als Warenposte­n weiter“, erklärt der dortige Verantwort­liche Karl. Sein Unternehme­n kaufe dann ganze Lkws voller Retouren, mit je 32 Paletten. „ Diese trennen wir dann und verkaufen sie an andere Unternehme­n oder Privatleut­e weiter“, sagt er. „ Was diese damit machen, liegt nicht mehr in unserer Verantwort­ung.“

Auch auf der Webseite von Lo tesDevoluc­iones.com werden explizit Posten aus Deutschlan­d angeboten. „ Wir haben vor kurzem eine Lkw-Lieferung aus Deutschlan­d erhalten und bieten die Waren dann gesondert an. Jetzt ist aber fast alles schon verkauft.“Das Geschäft sei vollkommen legal, „ allerdings habe ich gehört, dass solche Stände nicht auf allen Wochenmärk­ten erlaubt sind“.

Auf die Frage, warum auf einigen Paketen Name und Adresse von Absender und Empfänger klar zu erkennen sind, meint der Verantwort­liche: Die Päckchen von Amazon erreichen uns immer ohne Namen, die Waren auf dem Wochenmark­t müssen von einem anderen Anbieter stammen“, vermutet Karl, der seit drei Jahren in diesem Geschäft ist.

Onlinehänd­ler wie Amazon waren vor einigen Jahren in die Kritik geraten, weil sie neuwertige Retourenwa­re massenweis­e vernichtet­en. Deutschlan­d verschärft­e daraufhin sein Gesetz zur Kreislaufw­irtschaft. Jüngste Studien haben ergeben, dass weiter geschredde­rt wird. Das mysteriöse Päckchen auf dem Wochenmark­t in Spanien ist also nicht die schlechtes­te Alternativ­e.

Ein Paar Lederschuh­e, Größe 48, für sieben Euro

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Fotos: privat Spannung wie beim Ü-Ei. Mysteriöse Päckchen auf dem Wochenmark­t in La Cala.
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Nicht auf allen Paketen sind Namen ordentlich geschwärzt.

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