Grün statt blassrosa
Blühende Mandelbäume gibt es kaum noch im Guadalest-Tal – Die Touristen kommen trotzdem
Benimantell – fin. Eigentlich wäre jetzt die Zeit, zu der ganze Reisebusse in die Hinterland-Täler Vall de Pop und Valle de Guadalest fahren und Hunderte Naturliebhaber ausspucken, die die Mandelblüte bewundern wollen. Eigentlich. Seit das winzige Bakterium Xylella Fastidiosa im Hinterland der Costa Blanca wütet und die Landesregierung kranke wie gesunde Bäume ausreißt, ist das weiß-rosafarbene Blütenspektakel nicht mehr der Rede wert (siehe auch Seite 9). Im Guadalest-Tal etwa gibt es kaum noch Mandelbäume, und die wenigen, die noch stehen, werden nicht mehr gepflegt.
„ Der Aufwand mit dem Beschneiden, Düngen und Pflügen lohnt für die paar Bäume nicht“, sagt Silvestre Ponsoda aus Benimantell, das einst als eine der Mandelblüten-Hochburgen im Hinterland galt. Ponsoda ist längst in Rente, so wie seine wenigen Mitstreiter auch. „ Hier gibt es nur noch vier Leute, die Mandel-Plantagen haben, alle längst in Rente. Wir ernten eher der Tradition halber. Die jungen Leute wollen nichts von der Landwirtschaft wissen, sie suchen sich sichere Jobs“, sagt der Spanier, und hat durchaus Verständnis dafür.
Ponsoda selbst sind etwa 200 Mandelbäume geblieben, und die beginnen gerade, ihre Blüten zu öffnen. Bis die ganze rosafarbene Pracht zu sehen ist, wird es noch ein paar Wochen dauern – der plötzliche Sommereinbruch in der
Vorwoche hat die Blüte nicht vorgezogen. „ Auch wenn die Temperaturen tagsüber hoch waren, blieben sie nachts bei vier bis sechs Grad“, erklärt Ponsoda. Größere Sorge bereitet den Bewohnern des Tals der ausbleibende Regen. „ 2023 war noch einigermaßen in Ordnung, weil es im Frühjahr geregnet hat. Aber wenn jetzt nicht bald ausgiebiger Niederschlag kommt, werde ich nicht einmal Gemüse im Garten pflanzen“, so der Spanier. Erste Quellen in dem eigentlich so grünen Tal seien schon versiegt, andere deutlich leerer als gewohnt.
Apropos grün: All die brachlie
genden Mandelfelder haben die Landschaft verändert, und Platz für Neues geschaffen. „ Kiefern schießen auf den einstigen Plantagen wie Pilze aus dem Boden, es entstehen ganze Wälder. So schön grün war es noch nie hier bei uns“, sagt Ponsoda. Und die plötzlich frei gewordenen Flächen locken, sofern bebaubar, auch neue Bewohner ins Tal. Ponsoda selbst hat gerade erst zwei seiner Felder verkauft, an Ausländer, die ein Einfamilienhaus bauen möchten, wo einst die Mandelbäume blühten. Natürlich fällt den alteingesessenen Dorfbewohnern der Verkauf ihrer Grundstücke nicht leicht, „ aber es ist immer noch besser, wenn darauf etwas Neues entsteht, als wenn sie einfach brach liegen“, meint Ponsoda.
Glamping statt Mandelbäume
Grundstücke loszuwerden ist dabei kein Problem, die Nachfrage ist groß, und auch die Tagestouristen strömen in Scharen ins Tal – selbst ohne Mandelblüte. „ Die Restaurants und die wenigen Unterkünfte, die wir haben, sind zumindest im Winter immer voll“, sagt Ponsoda. Das Luxus-Landschaftshotel Vivood ist seit der Eröffnung vor sieben Jahren sehr erfolgreich, ein Bubble-Hotel, in dem die Gäste in durchsichtigen Blasen schlafen, steht kurz vor der Eröffnung, und der Bau eines Luxus-Campingplatzes für 16 Gäste, die in umgebauten Schiffscontainern übernachten, in den Startlöchern.
„ Die Küste ist mit all den Touristen ein einziger Ameisenhaufen, wer es ruhiger mag, kommt zu uns in die Berge“, meint Ponsoda. Und fügt hinzu: „ Sofern sich die Projekte in die Landschaft einfügen und es sich um respektvollen Tourismus handelt, haben wir absolut nichts dagegen.“Denn auch wenn die Älteren im Dorf sicherlich wehmütig auf die „ guten, alten Zeiten“zurückblicken: Die Touristen bringen Geld und Leben ins Tal. Bestes Beispiel ist Benimantells Dorfschule. „ Dort sind momentan um die 60 Kinder angemeldet, so viele wie noch nie“, sagt Ponsoda. Viele von ihnen die Kinder der Zugezogenen, die hier, in diesem wunderschönen Tal nur wenige Kilometer von der Küste entfernt, Ruhe suchen oder Arbeit gefunden haben.