Am Ende der Urbanisations-Welt
Anwohner in Monte Pego klagen über unhaltbare Zustände – Deutscher ergreift Initiative
Dénia/Pego – at. Die Anfahrt zum Haus von Stephan Becsei im Dénia-Teil der Urbanisation Monte Pego nimmt schon vorweg, was der Deutsche im Interview erzählen wird. Anfangs fährt das Auto noch über glatten, gepflegten Asphalt, doch irgendwann, weit oben, ist gefühlt das Ende der Urbanisations-Welt erreicht. Es ist holprig, steinig, felsig, zum Teil sandig, das Auto und seine Insassen leiden.
„ Der Straßenbelag ist nur noch teilweise vorhanden. Der Unterbau ist durch die seit Jahrzehnten nicht erfolgten Pflegemaßnahmen tiefgründig beschädigt. Eine oberflächliche Reparatur mit nur einer Asphaltfeinbeton-Deckschicht ist fachlich nicht korrekt. Der gesamte Unterbau muss vollständig aufgebaut werden“, erklärt Becsei, als wir über Huckel und Buckel sein Haus erreicht haben. Als Landschaftsarchitekt weiß er, wovon er spricht. Und als Anwohner weiß er, was das bedeutet.
Bei ihm am Tisch sitzt der 85-jährige Brasilianer José Bassim. Seit 2000 lebt er in Monte Pego, ebenfalls im Dénia-Sektor. „ Seitdem mache ich mich für Verbesserungen stark“, sagt er. Unzählige Anfragen, Gespräche und geduldiger Schriftverkehr mit wechselnden Rathausvertretern gehören dazu. Einiges hat er erreicht, aber nicht genug. „ Gehwege und Straßenbeleuchtung sind teilweise nicht vorhanden“, erklärt Stephan Becsei, mit dem Bassim einen Unterstützer der nächsten Generation gefunden hat. Weitere Probleme stellten die Kläranlage dar und die fehlende forsttechnische Pflege des Gebiets unterhalb der Urbanisation, das Wildschweine und Prozessionsspinner anziehe. „ Die Kiefern erhöhen die Brandgefahr“und es gebe keine Brandschneise, zählt Becsei weitere Beispiele dafür auf, wo es hapert.
Doch zwei Einzelkämpfer sind nicht genug, um etwas zu erreichen. Es brauche mehr Anwohner, die zu Taten bereit sind, findet der Architekt, der dafür schon Kontakt zu Nachbarn verschiedener Nationalitäten aufgenommen hat, eine Bürgerinitiative gründen möchte und, er selbst ist Mitglied der Partei Freie Wähler Deutschland, sich sogar die Gründung einer eigenen Partei vorstellen könnte. „ Alle hier haben Interesse daran, dass sich was ändert, aber einer muss die Sache ins Rollen bringen“, sagt der Deutsche, der Anfang Dezember Fotos von den unhaltbaren Zuständen in Monte Pego an das Rathaus von Dénia schickte.
Dort ist Stadträtin María Josep Ripoll für die Urbanisation zuständig. „ Die Situation ist komplex“, gibt sie zu. Das Rathaus habe die Urbanisation nach wie vor noch nicht abgenommen, da das, was von dem Bauträger Porsellanes durchgeführt wurde, nicht dem Ursprungsprojekt entspreche. „ Es wurden keine Bürgersteige angelegt, die Beleuchtung fehlt, viele Straßen stimmen nicht mit den Plänen überein. Man kann sagen, dass alles nur halbfertig ist. Auch ist die Urbanisation nicht ans städtische Wasser- und Kanalisationssystem angeschlossen, die Wassergebühr beispielsweise zahlen die Bewohner nicht ans Rathaus, sondern an das Unternehmen.“
Das größte Problem sei jüngst die Kläranlage gewesen, in der es „ keinerlei Instandhaltungsmaßnahmen gab“, weshalb das Rathaus selbst mit notwendigen Reparaturarbeiten eingesprungen sei und die Kosten, die letztlich Porsellanes übernehmen müsse, vorgestreckt habe. Auch bei Straßen „ in sehr schlechtem, ja gefährlichem Zustand“habe das Rathaus, obwohl nicht zuständig, punktuell eingegriffen – was die Anwohner den beständigen Beschwerden von José Bassim zu verdanken haben.
„ Wir können die Menschen dort ja nicht aufgeben“, auch wenn Monte Pego S.A., hinter dem Porsellanes steht, das mache, versucht Ripoll die Probleme mit dem Bauträger zu erklären, mit denen ähnlich auch die beiden anderen beiden in der Urbanisation vertretenen Gemeinden Rafòl d’Alumúnia und Pego zu kämpfen hätten.
Und die IBI? „ Ja, die müssen die Anwohner zahlen, aber neue Baulizenzen vergeben wir nicht mehr, bis das Problem gelöst ist. Und ganz sicher bereichert sich das Rathaus nicht daran. Wir versuchen den Bauträger dazu zu bewegen, seinen Verpflichtungen nachzukommen“, sagt Ripoll.
Stephan Becseis mittlerweile verstorbenen Eltern ließen ihr Haus, in dem er jetzt zeitweise lebt, 1995 in Monte Pego bauen. „ Seitdem wurden große IBI-Beträge an die Stadt Dénia gezahlt“, sagt er. Ohne dass dafür was zurückgekommen sei. Er und weitere Anwohner haben jetzt genug davon und wollen die IBI künftig auf ein Sperrkonto zahlen. „ Von dem können dann in Eigenregie Straßenreparaturen beauftragt werden“, sagt Becsei, der noch für so manch eine Straße mehr als dringenden Handlungsbedarf sieht und zum Abschied eine gute Fahrt wünscht. Statt „ gut“geht es holprig und polterig wieder zurück in die Zivilisation.