Costa Blanca Nachrichten

Herrlich anders, herrlich ehrlich

Nebulossa aus Ondara gewinnt Benidorm Fest – Mit einem Song über Schlampen zum ESC

- Über Nacht berühmt

Benidorm – fin. Es war eine Überraschu­ng am Samstag, vor allem wohl für die Sieger selbst: Das Duo Nebulossa hat das Benidorm Fest gewonnen und wird Spanien im Mai beim Eurovision Song Contest (ESC) in Malmö vertreten. Mit ihrem Song „ Zorra“haben die beiden Musiker aus Ondara schon jetzt einen Hype ausgelöst: Zum Finale waren sämtliche T-Shirts mit dem Aufdruck „ Zorra“ausverkauf­t, dieses kleine Wörtchen, das dem Song seinen Titel verpasst und viel mehr bedeutet als die wörtliche Übersetzun­g „ Füchsin“beziehungs­weise Fähe.

Eine Zorra ist in Spanien eine Schlampe, doch Sängerin María Bas und Musiker Mark Dasousa haben den Spieß umgedreht, zählen in dem Lied scheinbare Gründe auf, für die sich eine Frau als Schlampe beschimpfe­n lassen muss. Bas singt über starke Frauen, die etwas erreicht haben, über unabhängig­e, emanzipier­te Frauen, die niemandem eine Erklärung schuldig sind. Und wenn sie deshalb als „ Zorra“bezeichnet werden, dann sollen sie halt stolz darauf sein.

Beim Finale brüllten denn auch tausende Kehlen „ Zorra“, mitunter lauter als die Sängerin. Schon jetzt ist der spanische ESC-Beitrag eine Hymne, Nebulossa scheint den Zahn der Zeit getroffen zu haben – und mit ein bisschen 80er Jahre Synthesize­r und einem eingängige­n Text ist das Lied ganz nebenbei nicht nur tanzbar, sondern eben auch gut mitsingbar.

Dabei war das Duo bislang gänzlich unbekannt, die Bewerbung fürs Benidorm Fest reichte Bas eher zum Spaß ein und ohne ihren Ehemann darüber zu informiere­n. Über Nacht sind die strohblond gefärbten Besitzer eines Friseursal­ons nun berühmt geworden. So recht ins Eurovision-Bild passen die beiden nicht – oder gerade doch, eben weil sie anders sind: María Bas ist 55 Jahre alt, Mark Dasousa 49, die beiden sind seit 20 Jahren ein Paar, kommen weder aus Madrid noch Barcelona, sondern aus dem beschaulic­hen Ondara, haben zwei Kinder und einen Hund.

Dasousa ist schon lange als Musikprodu­zent tätig, Bas dagegen startet erst jetzt, mit Nebulossa, ihre musikalisc­he Karriere. Dass sie keine begnadete Sängerin ist und „ Zorra“nicht gerade ein musikalisc­hes Meisterwer­k, wissen die beiden sehr wohl. Aber: „ Kritik ist uns herzlich egal, wir sind ja keine 20 mehr“, so Dasousa. Das Duo traut sich was, nach dem Finale am Samstag war nicht ganz klar, ob die strengen ESC-Linien sich an „ Zorra“stören könnten – am Dienstag kam die Zusage.

„ Ich glaube, dass es sehr wichtig ist, unsere Botschaft nach Europa zu tragen. Wir haben dem Wort Zorra eine neue Bedeutung gegeben“, sagte María Bas nach dem Finale. Nebulossa will eben den Spieß umdrehen, und so zeigt die Sängerin denn auch so gut wie gar keine Haut auf der Bühne, während die zwei männlichen Tänzer mit Vollbart im Glitzer-Tanga und Overknees-Stiefeln um sie herumschar­wenzeln und sich von ihr auf den nackten Hintern klatschen lassen. Bleibt die Frage, ob Europa „ Zorra“verstehen wird.

So oder so: Neben Nebulossa hat auch Benidorm den Vorentsche­id gewonnen. Das Benidorm Fest hat sich zu einem riesigen Event entwickelt, scheint den spanischen „ Eurofans“fast wichtiger zu sein als der ESC selbst. Knapp zwei Millionen Menschen verfolgten das Finale vor dem Fernseher, zu Top-Zeiten bis zu 5,2 Millionen. Und über Schlampen, pardon, Fähen, diskutiert das halbe Land.

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