Wasser kommt im Dampfer
Entsalzungsanlagen und Tankschiffe sollen Wassernot in Katalonien und Andalusien lindern
Barcelona sk/sg. Bei der Bekämpfung der Wassernot kommt Spanien auf den Dampfer. Falls ausgiebige Niederschläge ausbleiben, will die Regierung ab Juni Tankschiffe an der Entsalzungsanlage von Sagunt mit Wasser befüllen und dieses nach Barcelona transportieren, um den Notstand zu lindern. Die Madrider Regierung und die Regionen Valencia und Katalonien haben sich am Montag geeinigt. Demnach kommt Katalonien das Wasser aus der staatlichen Entsalzungsanlage gratis, nur den Transport muss die Region finanzieren. Derweil erhält die Region Valencia für ihre Solidarität die Zusage, dass die Wasserversorgung der eigenen Bevölkerung nicht darunter leidet. Daher soll die Kapazität der nicht voll ausgelasteten Entsalzungsanlage um 15 Prozent erhöht werden. Bis zu sieben Kubikhektometer können in die katalanische Metropole gelangen.
Dieses Modell scheint Schule zu machen. Die Landesregierungen von Murcia und Andalusien erwägen auch, Wasser aus der Entsalzungsanlage von Escombreras in Cartagena nach Málaga zu leiten. Voraussetzung soll sein, dass die Junta de Andalucía diese Ressourcen anfordert und das Wasserwirtschaftsamt des Segura (CHS) den Transport genehmigt.
Dann könnte binnen 72 Stunden die Entsalzungsanlage von Escombreras auf maximale Leistung gebracht und das Wasser per Schiff nach Málaga transportiert werden, sagte Murcias Landwirtschaftsministerin Sara Rubira Martínez. Die Überschüsse aus der Entsalzungsanlage sollen ausschließlich der Versorgung der Bevölkerung dienen und nur auf die Reise geschickt werden, wenn der Bedarf in Murcia gedeckt sei. Die Anlage hat eine maximale Produk– tionskapazität von 22 Hektometern pro Jahr, was dem Verbrauch von 220.000 Einwohnern entspricht.
Nach Andalusien ist Katalonien die zweite Region in Spanien, in der weite Teile der Bevölkerung mit drastischen Einsparungsmaßnahmen bei der Wasserversorgung leben müssen. Sechs Millionen Katalanen müssen sparsam mit dem Wasser umgehen, darunter auch die Bewohner von Barcelona und Tarragona. Das Limit von 200 Liter Wasser pro Tag und Kopf darf nicht überschritten, weder Autos noch Bürgersteige mit Trinkwasser gewaschen werden. In den privaten Pools verdunstet das Wasser, denn bis auf Weiteres können sie nicht mehr aufgefüllt werden.
Selbst öffentliche Parkanlagen dürfen nur mit aufbereitetem Wasser bewässert werden.
Bei der Bevölkerung stoßen die Maßnahmen weitgehend auf Verständnis. Etwas Kritik hallt der Landesregierung von ERC-Präsident Pere Aragonés entgegen. Amnestie und Unabhängigkeit scheinen größere Priorität in der politischen Agenda genossen zu haben als eine vorausschauende Wasserpolitik. Kommt hinzu, dass Madrid der Region mit der Tanker-Lösung beispringt und damit den Ebro-Fluss aus der Debatte um die Wassernot nimmt. Ein Tauziehen um diesen Fluss hätte die Regionen Katalonien und Aragón entzweien können.
Katalonien leidet seit 40 Monaten unter der Dürre und jetzt sollen im Schnellverfahren Entsalzungsanlagen hochgezogen werden, die keineswegs eine nachhaltige Lösung des Problems versprechen. Zumal auch in Katalonien viel zu viel Wasser in den Leitungsnetzen verloren geht. Ferner liegt seit 2008 ein Vorschlag der Kammer der Agraringenieure auf dem Tische, die Quelle des Ebro mit der des Ter-Llobregat durch einen Kanal zu verbinden. Doch selbst vor so einer Maßnahme schreckt die Landesregierung zurück, zu groß müssen politische und soziale Widerstände sein.
Der Ebro gilt Politikern als ein rotes Tuch. Der wunderbare Fluss mutierte zu einem ideologischen Schlachtfeld, als der damalige Regierungpräsident José María Aznar vor über 20 Jahren mit aller Gewalt einen Überlandkanal vom Ebro nach Almería bauen wollte. Letztendlich mündete das Vorhaben im „ Wasserkrieg“, der die Regionen im Norden Spaniens mit denen im Süden entzweite. Als ein tragbareres Modell erwiesen sich die anfangs sehr verpönten Entsalzungsanlagen, die nun alle Mittelmeeranrainer haben wollen.
Tankschiffe sollen von Sagunt nach Barcelona Wasser fahren