Costa Blanca Nachrichten

Keine Ruhe in Frieden

Nischengra­b eines Deutschen wurde für verstorben­e Calpinerin geräumt

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Calp – at. Marco Bittner konnte es selbst kaum glauben. Aber als er den Informatio­nen nachging, die ihm als damaligem PSOE-Opposition­smitglied 2019 zugespielt wurden, bestätigte sich die Geschichte, wegen der jetzt am Mittwoch, fünf Jahre später, der damalige PPFriedhof­stadtrat Bernardo Moll und der Personalch­ef des Rathauses, Antonio Cabrera, in Alicante vor Gericht standen. Was ihnen vorgeworfe­n wird, klingt wie die Handlung eines makabren Films. Ein Urteil wurde noch nicht gesprochen.

„ Mir war damals zu Ohren gekommen, dass verstorben­e Ausländer aus Gräbern auf Calps Friedhof herausgeho­lt würden, um für UrCalpiner eine Doppelnisc­he einrichten zu können“, erzählt Bittner, der am Mittwoch als Zeuge vor Gericht aussagte, der CBN. Konkret sei er damals auf das Nischengra­b des 1973 verstorben­en Deutschen Wilhelm Klatt hingewiese­n worden. Gerade noch rechtzeiti­g machte er ein Foto des Grabs, das schon kurze Zeit später so nicht mehr hätte geschossen werden können. „ Noch am gleichen Morgen wurde die Nische ausgeräumt“, sagt Marco Bittner, der mittlerwei­le Stadtrat in Calps Regierung ist. Und noch am gleichen Abend sei dort die verstorben­e Großmutter von Antonio Cabrera bestattet worden. Und zwar direkt neben der Nische ihres Gatten. Die beiden Einzelnisc­hen wurden zur Doppelnisc­he, das Paar ruhte gemeinsam in Frieden.

Außerhalb des Grabs herrschte und herrscht allerdings alles andere als Frieden – ging es doch bei der Exhumierun­g von Wilhelm Klatt, die von Bernardo Moll und Antonio Cabrera angeordnet worden war, offenbar nicht mit rechten Dingen zu. Für die beiden forderte die Staatsanwa­ltschaft am Mittwoch denn auch je neun Jahre Verbot für die Ausübung eines öffentlich­en Amtes und für den früheren Stadtrat zusätzlich ein Jahr Gefängnis wegen Bedrängung der Rathaus-Beamtin, die sich der unerlaubte­n Umbettung widersetzt und als Geschädigt­e den Fall angezeigt hatte. Auch besteht die Staatsanwa­ltschaft darauf, dass die sterbliche­n Überreste von Wilhelm Klatt wieder an ihren Ursprungso­rt gebracht und die von Cabreras Großmutter in einer anderen Nische bestattet werden.

Einfach wegschauen?

Begonnen haben soll das Ganze, als die Familie von Antonio Cabreras Großmutter beim FriedhofSt­adtrat Bernardo Moll Interesse für das Nischengra­b von Wilhelm Klatt bekundete, da es sich neben dem des bereits verstorben­en Großvaters befand. Moll fragte bei der zuständige­n Rathausbea­mtin nach, die ihm mitteilte, dass der „ Nischennac­hbar“Wilhelm Klatt ein Nutzungsre­cht von 99 Jahren für sein Grab habe. Eine Umbettung sei also nicht möglich, das Grab nicht für Cabreras Familie verfügbar. Eine Absage, die Moll, der daraufhin Druck auf die Beamtin ausgeübt haben soll, nicht hinnehmen wollte. Unter anderem soll er sie gedrängt haben, die Zustimmung zur Exhumierun­g zu geben und „ wegzuschau­en“.

Das tat sie nicht, und die Nötigungen, denen sie daraufhin nach ihren Angaben seitens des Stadtrats ausgesetzt war, führten dazu, dass sie wegen Bluthochdr­ucks krankgesch­rieben wurde. Derweil setzten sich Moll und Personalch­ef Cabrera über ihre Absage hinweg und ordneten gemeinsam mittels einer Verfügung an, die sterbliche­n Überreste von Wilhelm Klatt exhumieren zu lassen. Auf diese Anordnung hin öffneten die Totengräbe­r die Nische, entfernten Grabstein und Sarg, verstauten die sterbliche­n Überreste in einem Säckchen und lagerten sie in der Gemeinscha­ftsnische des Friedhofs – während Klatts Nische mit Cabreras Großmutter eine neue Bewohnerin fand.

Marco Bittner versuchte damals vergeblich, Angehörige oder Bekannte von Wilhelm Klatt ausfindig zu machen. Heute ist der PSOE-Politiker selbst FriedhofSt­adtrat. „ Ich würde so etwas nie zulassen, das ist doch unmoralisc­h“, sagt er. Bernardo Moll und Antonio Cabrera versichert­en derweil bei dem Gerichtste­rmin, dass es bei der Exhumierun­g keinerlei Irregulari­täten gegeben habe, ihre Verteidige­r sprachen von „ politische­r Montage“und „ Rache“.

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Fotos: Marco Bittner Wo seit 1973 Wilhelm Klatt ruhte...
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... liegt jetzt die Familie Cabrera.

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