Die Unterirdischen
Mit Knollen und Wurzeln – den ältesten Nahrungsmitteln der Welt – lässt es sich vortrefflich kochen
red. Topinambur, Pastinake, Süßkartoffel, Rüben – alte, lange Zeit unpopulär gewesene Gemüsesorten erleben seit einiger Zeit nördlich der Alpen eine wahre Renaissance. Doch hierzulande finden die gesunden, geschmackvollen Schätze aus Urgroßmutters Garten schon immer in traditionellen Gerichten Verwendung. Denn sie lassen sich nicht nur vortrefflich kochen, das Gemüse ist auch durch und durch gesund. Manche der Wurzeln sind einfach in Vergessenheit geraten, andere wurden von der Kartoffel ins Abseits gedrängt. Doch seit sich auch die gehobene Küche wieder verstärkt der alten, vergessenen Gemüse angenommen hat und Knollen und Wurzeln in zarte Genüsse verwandelt, brechen verkrustete Vorurteile auf: Kombinationen von ausgesuchten Sorten aus verfeinertem Anbau, aromatisiert mit Gewürzen, die noch nie so reichlich zur Auswahl standen – das bringt ganz neue Geschmackserlebnisse mit den ältesten Nahrungsmitteln der Welt. oder Ewigkeitskartoffel hieß die nach dem Stamm der Topi benannte nahrhafte Wurzel, die – so genau weiß man’s nicht – entweder mit einer indianischen Delegation oder europäischen Seefahrern über den Atlantik zu uns kam. Die unter kärgsten Bedingungen gedeihende schrumpelige Erdknolle war beliebtes Volksnahrungsmittel, bis sie von der Kartoffel verdrängt wurde.
Die weiß, gelb oder rot schimmernde Topinambur zählt botanisch gesehen zu den Sonnenblumen und hat einen herzhaften Geschmack nach Artischocke und Nuss. Man kann sie roh und gekocht essen. Die Knolle ist winterhart und bleibt in der Erde frisch. Doch nach der Ernte schrumpelt die Topinambur sehr schnell. Zwischen zwei und vier Tagen hält sie sich, in ein feuchtes Tuch gewickelt, im Kühlschrank. Verwenden lässt sich die Knolle ähnlich wie Kartoffeln.
Pastinake (chirivía)
Schon bei den Pfahlbauern stand das Wurzelgemüse auf dem Speiseplan, und auch die alten Römer schätzten das Gemüse. Überhaupt waren Pastinaken lange Zeit Hauptnahrungsmittel im ganzen europäischen Raum – bis sie im 18. Jahrhundert von Möhren und Kartoffeln verdrängt wurden.
Doch das Gemüse ist nicht nur gesünder als Möhren, durch einen hohen Anteil an ätherischen Ölen schmeckt es auch würziger.
Die süßen Wurzeln dürfen in keiner Suppe, keinem Eintopf fehlen. Man kann sie aber auch wie Kartoffeln fein geschnitten in Öl anbraten und dann im Ofen mit Möhren und mehr als Auflauf backen. Oder mit verschiedenem anderem
Wurzelgemüse ein Rahmsüppchen zubereiten.
In England kommen Pastinaken besonders an Weihnachten auf den Tisch. Da werden sie beispielsweise längs geviertelt, das harte Innere schneidet man heraus, kocht die Wurzeln weich, schneidet sie vielleicht in noch feinere Stifte, und dann werden sie in Öl gebrutzelt, bis sie so richtig knusprig sind.
Weiße Rübe (nabo)
Auch diese Rüben aus der Kohlfamilie mussten der Kartoffel weichen, davor waren sie wie Pastinaken in Europa ein wichtiges Nahrungsmittel. Das Fleisch der Rüben ist immer weiß, aber die Farbe ihrer Schale und auch ihre Form können je nach Sorte differieren.
Die weißen Rüben sind in Frankreich sehr geschätzt, wo man sie glasiert, gebraten oder gratiniert zubereitet. In Spanien sind sie außer im Mittelmeergebiet nicht sehr verbreitet. An der Levanteküste bereichern sie Suppen und Eintöp
fe wie den „ puchero“, Schmorgerichte mit Geflügel oder das valencianische Standardgericht „ Arròs amb fesols i naps“, Reis mit Bohnen und Rüben. In Galicien werden die Blätter der weißen Rüben (grelos) wie Gemüse kocht.
Steckrüben (napicol oder rutabaga)
Napicol nennt sich die Kreuzung aus Rüben und Gemüsekohl in Spanien, aber auch „ rutabaga“. Die in Deutschland als sogenanntes Kriegsgemüse lange unpopulär gewesene Steckrübe ist kulinarisch gesehen äußerst vielseitig und dazu sehr gesund. Außerdem verfügt sie über eine besondere Eigenschaft: Sie kann fast jeden Geschmack annehmen. Womit
sich andere, knappere Nahrungsmittel auf wunderbare Weise verlängern lassen. Die dicke, längliche Wurzel mit ihrem kompakten gelben oder weißen Fruchtfleisch besteht wie die weiße Rübe zu 90 Prozent aus Wasser, was sie sehr kalorienarm macht, außerdem enthält die Wurzelknolle besonders viel Traubenzucker und ist reich an Vitaminen und Mineralien. In Spanien ist sie fester Bestandteil von Suppengemüse, das für den beliebten „ puchero“oder andere Eintöpfe gebraucht wird.
Radieschen (rabanito)
Die fleischigen kleinen Wurzeln gibt es je nach Art in allen Formen und Farben, aber eins haben fast alle gemeinsam: weißes Fleisch und pikanten Geschmack. Nur einige asiatische Sorten sind innen rosa.
Radieschen waren schon den alten Ägyptern bekannt, aber erst die Römer trugen zu ihrer Verbreitung in Europa bei. Trotz ihres Nährwerts waren sie aber nie sehr bedeutsam, im Mittelalter stieg ihr Konsum nur in Zeiten von Hungersnöten an.
In der Küche werden sie meist nur in den Salat geschnippelt. Dabei haben sie viel mehr Potential: Gerieben und mit Sahne, Senf, Essig und Zucker vermischt, ergibt das eine leckere Sauce zu Fleisch oder Räucherfisch.
Meerrettich (rábano picante)
Die pikante Meerrettichwurzel wird meist als Gewürz verwendet, wobei sie frisch gerieben mit all ihren scharfen Vorzügen aufwarten kann. Doch das dem Meerrettich eigene ätherische Öl, das Tränen in die Augen treibt, verfliegt schnell, deshalb wird man doch oft auf die Konserve zurückgreifen.
Eine originelle Idee, die nicht viel Arbeit kostet, ist, den Meerettich selbst einzulegen. Die Wurzel enthält nämlich sehr viel Vitamin B und C, Kohlehydrate, Kalium und Kalzium. Räucherfisch und intensiv schmeckende Gemüse wie etwa rote Bete sind sein Einsatzgebiet.
Möhren-Steckrüben-Suppe
750 g magerer Schweinebauch (panza de cerdo), ein Lorbeerblatt (laurel), eine Steckrübe von ca. 300 g (rutabaga oder auch napicol), 3 Karotten (zanahorias), 3 mehligkochende Kartoffeln (patatas), 2 Knoblauchzehen (dientes de ajo), ein Bund Petersilie (perejil), etwas Meerrettich (rábano picante) und Sauerrahm (nata agria), frischer oder getrockneter Majoran (mejorana)
Fleisch mit Lorbeerblatt in anderthalb bis zwei Liter kochendes Salzwasser legen, immer wieder den Schaum abschöpfen. Nach einer Stunde geschälte und grob gewürfelte Karotten, Kartoffeln und Steckrübe zufügen sowie die in Scheiben geschnittenen Knoblauchzehen. Das Ganze noch eine halbe Stunde kochen lassen, dann das Fleisch rausnehmen.
Flüssigkeit im Topf abmessen, für die Suppe braucht man einen Liter. Mit dem Mixstab pürieren und die Suppe mit Salz, Pfeffer und Majoran würzen. Der in kleine Würfel geschnittene Bauchspeck kommt als Einlage hinein.
Als Abschluss sieht das Rezept etwas frischen Meerrettich vor.
Wer den (höchstwahrscheinlich) nicht hat, vermischt einfach Meerrettich aus dem Glas mit Sauerrahm und gibt ein Löffelchen davon auf jede Portion der wirklich farbschönen Suppe.
Stockfisch mit frittiertem Wurzelgemüse
Für 6 Pers.: 6 gewässerte Stockfischfilets (lomo de bacalao), 2 Möhren (zanahorias), 1 rohe Rote Bete (remolacha), 2 Pastinaken (chirivías), 4 Kartoffeln (patatas), 6 EL Olivenöl, 2 Zitronen (limones), Anis- (anís) und Kümmelsamen (comino), grobes Meersalz, Pfeffer
Das Wurzelgemüse schälen und wie Pommes frites in breite Streifen schneiden. In einer großen Schüssel in der Hälfte des Olivenöls baden.
Ofen auf 200 Grad heizen; ein Blech mit Backpapier belegen, das Gemüse darauf ausbreiten, ohne dass es übereinanderliegt. Mit Kümmel- und Anissamen bestreuen und ca. 20 Minuten backen.
In einer sehr heißen großen Pfanne oder auf der Plancha den Stockfisch mit dem restlichen Olivenöl, Kümmel und Anis von jeder Seite zwei Minuten braten.
Anschließend den Fisch vom Feuer nehmen und mit grobem Meersalz und Pfeffer bestreut sowie dem Gemüse und ein paar Zitronenspalten servieren.
Gemüsesuppe mit Käseklößchen
Für 6 Pers.: 700 g Möhren (zanahorias), 200 g weiße Rüben (nabos), 200 g Pastinaken (chirivías), 200 g Kürbis (calabaza), 1 Stange Sellerie (apio), 1 Zucchini (calabacín), 2 rote Zwiebeln (cebollas rojas), Olivenöl (aceite de oliva), 2 Scheiben Speck (beicon, etwa einen halben Zentimeter dick), Salz, Pfeffer
Für die Klößchen: 250 g RicottaFrischkäse (oder requesón), 1/2 Tasse geriebener Parmesan (queso parmesano), 2 EL gehackter Oregano (orégano), 1 großes Ei (huevo), 75 g Mehl (harina)
Gemüse waschen, Möhren, Rüben, Pastinaken, Kürbis und die Zwiebeln schälen, in Würfel schneiden. Sellerie in Stücke, die Zucchini und den Speck in Streifen schneiden.
Olivenöl in einen großen Topf oder eine Kasserolle geben und die Zwiebeln anschwitzen. Wenn sie transparent sind, das restliche Gemüse zufügen und 1,5 Liter heißes Wasser aufgießen. Salzen und pfeffern und das Ganze 25 Minuten köcheln lassen.
In der Zwischenzeit die Klößchen vorbereiten. Frischkäse in einer Schüssel mit der Gabel zerdrücken. Gut mit dem Parmesankäse vermischen. Danach den gehackten Oregano, das geschlagene Ei und das Mehl einarbeiten.
Auf eine bemehlte Fläche geben. In zwei Hälften teilen und Rollen formen, Zwei Zentimeter dicke Stücke abschneiden. Zu Klößchen rollen und zehn Minuten in der Suppe ziehen lassen.
Die Gemüsesuppe mit grob gemahlenem Pfeffer servieren.