Hier ist ein Mann ein Mann
Mehr als nur ein Barttrimmer: Benissas neuer Barbershop entführt in die Vergangenheit
Benissa – at. Massagen, Öle, warme und kalte Kompressen, Rasierpinsel und -messer. Dazu Blues- oder Jazzmusik, Kaffee, Whiskey oder Rum. Bei Tomás Gallardo darf ein Mann sich wie ein Mann fühlen, dazu steht der Barbier, der die Kundschaft in seinem neuen Barbershop „ Kingsman“in Benissa zu einer Art Reise in die Vergangenheit einlädt.
„ Es ist das Ambiente der 1930er bis 50er Jahre, das ich hier vermitteln will“, sagt er und hat für sein neues Projekt – der Salon öffnete im vergangenen Dezember – nicht nur in eine Umschulung zum Barbier und in erstklassige FriseurUtensilien investiert, sondern auch die Dekoration dem eleganten Stil der „ guten alten Zeit“angepasst.
„ All diese Stücke habe ich auf meinen Reisen gesammelt“, sagt er, zeigt auf originale Juwel- und Otto-Rasierapparate, ein Silbertablett, auf dem VIP-Kunden auf Wunsch Champagner serviert wird, eine Hohner-Mundharmonika und eine vergilbte Ausgabe des „ Barbiere di Siviglia“, bevor er eine Blues-Platte auf das Grammophon legt. „ Die Möbel habe ich selbst restauriert, der Tresen zum Beispiel stammt von einem BettKopfteil aus dem Jahr 1912.“
Entspannung unterm Messer
Tomás Gallardo war auf dem Bau und als Türsteher tätig, als in ihm der Wunsch nach einer neuen Herausforderung wuchs. „ Ich konnte mir nicht vorstellen, bis zur Rente so weiterzumachen“, sagt der 44Jährige und richtete seinen Blick, auch dank der Unterstützung seiner Frau, in Richtung Kopfwuchs. „ In Benissa gibt es ungefähr 30 Friseure, fast alle für Frauen. Wir Männer fühlen uns da oft fehl am Platze“, sagt er und begann mit der Umschulung, Versuchskaninchen lud er anfangs in sein Zimmer zu sich nach Hause ein.
Mittlerweile steht er in dem an die britische Serie „ Peaky Blinders“angelehnten Szenario seines ersten eigenen Salons, und will seinen – männlichen – Kunden mehr bieten, als nur einen schnellen Haar- oder Bartschnitt. „ Ein Schönheitssalon, ein Spa“, so seine Vorstellung, die offenbar gut ankommt. „ Wir nehmen uns Zeit für den Kunden und viele entspannen sich bei der Behandlung so sehr, dass sie fast einschlafen“, sagt er und wirft beiläufig ein, dass es im Mittelalter beim Barbier nicht ganz so relaxed zuging.
Respekt und Höflichkeit
„ Früher haben Barbiere auch kleine chirurgische Eingriffe vorgenommen oder Zähne gezogen“, sagt Gallardo, konzentriert sich selbst aber lieber auf den Haarwuchs. Fürs Barttrimmen oder Rasieren kämen vor allem ältere Männer in seinen Salon, die Haare auf dem Kopf ließen sich mehr jüngere Leute schneiden.
„ Die meisten schauen sich erst einmal staunend um“, sagt er.
„ Viele ältere Kunden fühlen sich in die vergangenen Zeiten zurückversetzt.“Dass die nicht immer schlecht waren, davon ist Gallardo, der von seinem Angestellten Yassim unterstützt wird, fest überzeugt. „ Bei mir zuhause ging es immer sehr traditionell zu“, sagt er,
„ und das hat mich geprägt“. Werte wie Kameradschaft, Respekt, Eleganz und Höflichkeit seien für ihn selbstverständlich, das gepflegte Äußere ein Muss.
„ Wir wollen in Benissa auch einen Trend schaffen“, sagt er. Einen Trend, den manch ein Kunde, der bei Kingsman ins britische Ambiente der 1930er Jahre eintaucht, nach seiner entspannten Auszeit vielleicht mit hinaus ins wahre Leben nimmt.