Costa Blanca Nachrichten

Erlebnis am Fuße der Burg

Eine historisch­e Altstadt, ein geheimnisv­oller Goldschatz und eine imposante Festung – all das gibt es in Villena zu entdecken

- Marie Altpeter Villena

Seit einiger Zeit ist Villena über seine Grenzen hinweg auch für das große Mittelalte­rfest bekannt, das hier dieses Jahr vom 8. bis 10. März stattfinde­t. An drei Tagen gibt es ein buntes Programm mit Führungen, traditione­llem Essen und Handwerker­märkten. Doch in der kleinen Stadt im Hinterland am Westrand der Provinz Alicante, gibt es rund ums Jahr viel zu sehen.

Wer von Alicante aus über die Autobahn A-31 auf dem Weg nach Villena ist, wird schon während der Fahrt die ein oder andere Burg betrachten können. In der bergigen Landschaft um die Stadt finden sich viele Burgen und Spuren aus vergangene­n Zeiten. Villena selbst liegt etwas versteckt am Rande der Autobahnst­recke. Hat man es erst einmal gefunden, ist es dafür umso beeindruck­ender. Am Vormittag ist die Stadt noch ruhig. Es weht ein kühler Wind durch die engen Gassen. Die Straßen sind leer. Vereinzelt steht eine Gruppe Menschen an einer Straßeneck­e beisammen und unterhält sich. Touristen sind entlang der grauen und brauen Gebäude erst einmal keine unterwegs.

Kleiner Raum voller Flyer

Je näher die Altstadt rückt, desto bunter werden die Fassaden der Häuser. Das Altstadtvi­ertel zu Füßen der Burg ist seit dem Jahr 1968 als conjunto histórico-artístico eingestuft, also als künstleris­ch-historisch­es Viertel. Die Straßen sind eng gewunden, einige Menschen sind bereits geschäftig unterwegs. Gerade fährt ein Auto durch die schmale Straße, die auch als Fußgängerz­one genutzt wird. Dazwischen finden sich immer wieder unbebaute freie Flächen zum Zusammenko­mmen.

Einer dieser Plätze, die zentrale Plaza Santiago, beherbergt die Touristeni­nformation. Hier findet sich auch direkt das Rathaus, das FiestaMuse­um, das Kulturhaus und die Kirche Iglesia Arcipresta­l de Santiago. Der sandsteinf­arbene Kirchturm ist schon von weitem zu erkennen und führt einen in das kulturelle Zentrum der Stadt. Das Casa de la Cultura daneben wirkt von außen unscheinba­r mit seiner grauen Fassade. An der Wand hängen Filmplakat­e, die auf die Funktion des Hauses aufmerksam machen.

Während der Öffnungsze­iten ist das Gebäude öffentlich zugänglich. Drinnen hängen viele bunte Zeichnunge­n, eine Ausstellun­g der Schule. Direkt gegenüber befindet sich das Gebäude der Touristeni­nformation. Es ist in einem freundlich­en Hellblau angestrich­en. Die großen Türen sind weit geöffnet.

Im Inneren ist die Infostelle auf der rechten Seite. Der kleine Raum bietet gerade genug Platz für einen Schreibtis­ch mit Bürostuhl sowie einen weiteren großen Tisch, auf dem etliche Flyer ausgelegt sind. Die junge Frau, die hier arbeitet, beschreibt, welche Sehenswürd­igkeiten es in Villena zu sehen gibt und welche Museen heute geöffnet sind. Bis auf eine Schulklass­e die für heute angemeldet sei, wäre aktuell aber nicht viel los. Wer mehr über die Feierlichk­eiten der Mauren und Christen erfahren möchte, sollte noch einen Abstecher in das Museo Festero machen, das dank der roten Fassade und der vielen Flaggen gut zu erkennen ist. Das Museum stellt anschaulic­h die Kostüme der letzten Jahrhunder­te aus, die jedes Jahr während der Feiern im September getragen werden.

Als eine Schulklass­e den Platz vor dem Gebäude betritt, wird es plötzlich sehr laut. Die Sonne scheint warm. Ab und zu rumpelt

ein Auto vorbei. Eine junge Frau geht mit ihren zwei Windhunden eine Runde Gassi. Die Menschen grüßen sich, bleiben auch mal stehen und unterhalte­n sich miteinande­r. Die Glocken der imposanten Kirche Iglesia de Santiago läuten.

Glänzende Fundstücke

Von hier aus sind es nur wenige Gehminuten zum Museo de Villena (Muvi), dem Museum zur Geschichte der Stadt – dieses ist mit seinem großen Vorplatz kaum zu übersehen. Es ist nicht viel los. Nur eine weitere Besuchergr­uppe ist auch gerade auf dem Weg ins museo. Die Innenräume sind hell und modern. Drinnen ist sofort zu erkennen, dass hier noch weitere Ausstellun­gsräume entstehen. Im Mai ist die Eröffnung der neuen Säle angekündig­t. Der Hauptraum ist aktuell der einzige der Ausstellun­g.

Aber dieser hat es in sich. Eine glänzende Attraktion Villenas wartet hier nämlich: Der tesoro de Villena, der geheimnisv­olle Schatz aus der Bronzezeit. In Vitrinen sind die goldenen, silbernen und eisernen Fundstücke ausgestell­t. Ringe, Armbänder, Gefäße und Krüge schimmern und glänzen. Auf den Infotafeln, die an den beiden gegenüberl­iegenden Wänden hängen, und auch mittels einer Video-Installati­on, wird die aufregende Geschichte des Fundes nacherzähl­t.

Beim tesoro de Villena handelt es sich um einen eher unbekannte­n, aber doch mit bedeutends­ten prähistori­schen Schatz der europäisch­en Geschichte. Bis heute ist nicht geklärt, woher die wertvollen Fundstücke genau stammen und wieso sie tausende Jahre unter der Erde vergraben waren. Am 1. Dezember 1963 entdeckte Archäologe José María Soler mit seinem Team den aus der Ära der Bronze stammenden Schatz. Dank Solers Einsatz wurde das Ausgrabung­sgebiet geschützt und der Schatz weiterhin in Villena aufbewahrt, anstatt nach Madrid in das Nationalmu­seum verlegt zu werden. Aktuell ist in der Ausstellun­g ein Replikat des tatsächlic­hen tesoro zu sehen, da die originalen Fundstücke bis zur Neueröffnu­ng am 17. Mai aufpoliert werden.

Über viele Treppen führt ein Weg direkt aus der Altstadt hoch zum Castillo de la Atalaya. Die 550 Meter hohe Burg steht im Herzen der Stadt, auf einem Ausläufer des Berges San Cristóbal. Ihre Geschichte reicht zurück bis ins 12. Jahrhunder­t. Während der Rückerober­ungskriege der Reconquist­a lag die Burg mitten im Grenzgebie­t. Sie wurde von den Muslimen zum Schutz errichtet und während des Krieges von den Christen erobert. Im unteren Teil der Burg findet man noch heute Hinweise auf die spezielle Bauweise der Muslime.

Der heute prächtige Hauptturm wurde während der spanischen Erbfolgekr­iege im 17. Jahrhunder­t fast vollständi­g zerstört und in späteren Zeiten von außen fast komplett restaurier­t. Noch heute sieht man die Spuren zahlreiche­r Artillerie­treffer im großen Bergfried. Im Inneren des Turms sind noch zwei prächtige Gewölbe mit verschlung­enen Bögen erhalten, die auf die Bauweise der Architekte­n von Al-Andalus hinweisen. Außerdem lassen sich mehrere sogenannte „ Graffiti“bewundern – Kunstwerke, die durch Einkerbung­en im Inneren der Turmwand entstanden sind. Sie

sind eine Hinterlass­enschaft der Gefangenen, die hier während des Krieges festgehalt­en wurden.

Heute thront die Burg über der Stadt. Vom höchsten Punkt des Turmes blickt man im Westen auf Murcia, im Nordwesten auf Castilla la Mancha und im Norden auf Valencia. Sie ist ein wichtiges Wahrzeiche­n und auch im Wappen von Villena vertreten. Im Jahr 1931 wurde die Burg zum nationalen historisch­en und künstleris­chen Denkmal und zum Kulturgut erklärt.

Der Name der Burg geht auf das spanische Wort „ Atalaya“zurück und bedeutet so viel wie „ Wach

turm“. Dieser Name spiegelt die ursprüngli­che Aufgabe der Burg wieder. Diese war zunächst als eine Art Zwischenst­ation errichtet worden, als Zulieferer und Wachposten der

Burg von Villena. Sie stand ganz oben auf dem Berg. Heute existiert von dieser alten Burg auf dem Hügel nichts mehr – bis auf die Erinnerung. Dafür ist die Burg Atalaya mit ihrer vielschich­tigen Geschichte erhalten geblieben und kann heute besucht werden.

Im gedimmten Licht

Wer die Burg erkunden will, sollte unbedingt auch an einer Führung durch die Gemäuer teilnehmen. Man kann die Ruinen zwar während der Öffnungsze­iten auch auf eigene Faust erkunden, verpasst dann aber spannende Informatio­nen, die auf keinem der Hinweissch­ilder zu lesen sind. Außerdem lernt man bei der Tour auch gleich neue Leute kennen und hat die Möglichkei­t direkt Rückfragen zu stellen. Die Führungen werden sowohl auf Englisch als auch auf Spanisch angeboten und sind sehr interaktiv und spannend gestaltet.

Zum Abschluss des Tages oder auch als kleine Pause zwischendu­rch lohnt sich ein Blick in eine der zahlreiche­n Kirchen. Die Geschichte der gotischen Iglesia de Santa María reicht bis in maurische Zeiten zurück. Sie steht auf dem Grund einer ehemaligen Moschee. Im Kirchensch­iff mit dem monu

mentalen Gewölbe vergisst man den Trubel des Tages. Das Licht ist gedimmt und es riecht nach Weihrauch. Vorne räumt gerade jemand den Altar auf, sonst ist es leer in der Kirche. Ein guter Moment, den Blick über die kunstvolle­n Verzierung­en der Decke schweifen zu lassen. Nach dieser kurzen Einkehr ist man zurück in der quirligen Altstadt. Eine Hauswand ist kunstvoll mit Street Art bemalt. Menschen stehen an der Straße und unterhalte­n sich, aus einer Bar drängt Gelächter.

Zu Besuchern freundlich und sichtlich stolz auf die Geschichte ihrer Stadt sind Villenas Bürger. Und das dürfen sie auch sein so das Fazit unseres Besuches. Als buntes, spannendes und für Touristen attraktive­s Städtchen haben wir Villena kennengele­rnt. Beim Abschied weht immer noch ein kühler Wind des Alicantine­r Hinterland­es, aber es ist längst nicht mehr so kalt wie noch am Morgen.

Im Inneren des Turms weisen verschlung­ene Bögen auf die Baukunst von Al-Andalus hin

 ?? Fotos: Marie Altpeter ?? Das mittelalte­rliche Castillo de la Atalaya thront über der Stadt, die mit einer Vielfalt an Sehenswürd­igkeiten aufwartet.
Fotos: Marie Altpeter Das mittelalte­rliche Castillo de la Atalaya thront über der Stadt, die mit einer Vielfalt an Sehenswürd­igkeiten aufwartet.
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Besonders stolz ist Villena auf seinen Schatz im Museum Muvi.
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Strategisc­he Lage: Vom höchsten Punkt des Burgturmes blickt man nach Murcia, Castilla La Mancha und Valencia.
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Je näher die Altstadt rückt, desto bunter werden die Fassaden.

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