Wenn die Masken fallen
Korruptionsskandal bringt PSOE in Bedrängnis – Rücktrittsforderungen gegen Parlamentspräsidentin
Madrid – sk. Nicht einmal Corona-Masken schützen vor der Pest der Korruption. Der Fall Koldo um Millionengeschäfte beim Kauf defekter Atemschutzmasken grassiert in den Reihen der Sozialisten, Parlamentspräsidentin Francina Armengol gilt als infiziert, Exminister José Luis Ábalos wurde verstoßen und darbt in der parlamentarischen Grupo Mixto auf der politischen Intensivstation, und dem Generalsekretär der Hafenverwaltung, Álvaro Sánchez Manzanares, hat Transportminister Óscar Puentes sein Grab geschaufelt. Doch es stinkt weiter zum Himmel.
Beim Fall Koldo geht es um Irregularitäten beim Kauf von Atemschutzmasken während der Corona-Pandemie in Höhe von mehr als 53 Millionen Euro. Bei der Auftragsvergabe an eine fachfremde Firma namens Soluciones de Gestión sollen Kommissionen geflossen sein. Der vermeintliche Drahtzieher Koldo García sitzt in Haft, sein damaliger Vorgesetzter, José Luis Ábalos ist aus der PSOE geflogen. Die Sozialisten haben wohl reagiert – ein bisschen jedenfalls.
Da aber auf den Kanaren und Balearen auch EU-Fördergelder flossen, dürfte die europäische Staatsanwaltschaft bald anklopfen. So wurde flugs eine parlamentarische Untersuchungskommission einberufen. Der Fall könnte aber weite Kreise ziehen und dazu führen, dass alle Ankäufe der verschiedenen Landesregierungen von Corona-Masken während der Pandemie auf den Prüfstand kommen. Dann muss sich auch die konservative Volkspartei warm anziehen und impfen lassen, allein in Madrid lief während Corona so einiges aus dem Ruder. Dort stellte die europäische Staatsanwaltschaft allerdings die Ermittlungen vor etwa einem Jahr wieder ein.
Die Skandale kratzen aber nicht nur am Ansehen der PSOE, sondern auch am Amt der Parlamentspräsidentin – laut Verfassung handelt es sich um die höchste Vertreterin der Legislative und damit nach dem Ministerpräsidenten und dem König um die drittwichtigste politische Institution im Land.
Gegen die Vorsitzende Francina Armengol reichte die Volkspartei am Montag ein Rücktrittsgesuch in Form einer parlamentarischen Petition ein. So eine Demontage einer eigentlich ehrwürdigen Institution hat es in Spanien bisher noch nie gegeben. Armengol warf der PP vor, eine „ rote Linie“überschritten zu haben. Bei den polizeilichen Ermittlungen taucht ihr Name nicht auf. Allerdings steht sie im Visier der europäischen Staatsanwaltschaft, da sie zu dieser Zeit Regionalpräsidentin der Balearen war und das dortige Gesundheitsministerium im April 2020 FFP2-Masken im Wert von 3,7 Millionen Euro über die besagte Firma erwarb, von denen sich ein Teil als defekt erwies. Rechtlich habe man aber alle Vorgaben erfüllt und sei dem Rat der Fachleute gefolgt, versicherte Armengol.
Der Chef der Hafenbehörde, Álvaro Sánchez Manzanares, musste am Dienstag gehen, weil Puertos de Estado die politische Institution war, die die Geschäfte mit Soluciones de Gestión aufnahm. Der Koldo-Fall nimmt seinen Anfang eigentlich am 21. März 2020, als die Hafenbehörde für acht Millionen Euro Material von Soluciones de Gestión bestellte.
PP fordert Rücktritt der Parlamentspräsidentin Armengol