Grüße aus der Parallelwelt
Wohnungsministerium stellt Mietspiegel vor und setzt auf sinkende Wirkung
Madrid – tl. Bislang war das Wohnungsgesetz, mit dem der heißgelaufene Mietmarkt abgekühlt werden soll, etwas Unvollendetes: Es fehlte ein staatlicher Mietspiegel. Jetzt ist der da und trägt den Namen „ Nationales System der Referenzpreise für den Mietmarkt“. Über zwei Millionen Steuerdaten seien zusammentragen worden, sagte der Staatssekretär David Lucas bei der Vorstellung des Mietspiegels. Ob das Werk die Mühe wert ist, dürfte fraglich sein.
Begeisterung wollte nicht aufkommen. Schon gar nicht bei der Regionalregierung von Katalonien, die als einzige gewillt ist, das Wohnungsgesetz anzuwenden. Grundsätzlich dient der Mietspiegel als Orientierungshilfe für Mietsuchende. Angewendet werden und Wirkung zeigen soll er in den Gebieten mit einem sogenannten „ angespannten Mietmarkt“. Diese Gebiete wiederum müssen von den Regionen bestimmt werden.
Katalonien ist dieser gesetzlichen Vorgabe nachgekommen und hat eine Liste von 140 Städten und Gemeinden erstellt, in denen das der Fall ist. Allerdings nennt der Mietspiegel keinen Einheitspreis, sondern zwei Preise – einen Niedrigstpreis und einen Höchstpreis. Innerhalb dieser Bandbreite hat sich im Idealfall die Miete zu bewegen. Staatssekretär Lucas rechtfertigte die doppelte Nennung mit dem Hinweis, dass in einem Stadtviertel nicht alle Gebäude gleich seien. Man kann aber getrost davon ausgehen, dass sich Vermieter grundsätzlich am Höchstpreis orientieren werden.
Der Mietspiegel wird aber nicht auf alle Mietverträge angewendet. Es wird zwischen privaten Vermietern und Großvermietern unterschieden. Private Vermieter dürfen nicht mehr als die vorangegangene Miete plus Index verlangen. Bei Großvermietern – laut Gesetz mehr als zehn Wohnungen in einem „ Stress-Gebiet“– gilt die vorangegangene Miete ebenfalls als
Ausgangspunkt. Lag die vorangegangene Miete allerdings höher als im Mietspiegel, dann gilt der Mietspiegelpreis. Für Wohnungen, die neu auf den Mietmarkt kommen oder fünf Jahre lang nicht vermietet wurden, orientiert sich die Miete grundsätzlich am Mietspiegel.
„ Er wird die Mietpreise in Katalonien nicht senken“, sagte Regionalministerin Ester Capella. Die Nennung einer Bandbreite zwischen zwei Preisen weise in manchen Fällen einen Unterschied von 45 Prozent aus. Capella hält einen von der Landesregierung entwickelten Mietspiegel für besser. Dieser orientiert sich an den Kautionen, die bei Banken hinterlegt sind.
Der Mietspiegel überzeugt auch den Koalitionspartner Sumar nicht, wie Fraktionssprecher Íñigo Errejón sagte. „ Schon das aktuelle Gesetz verfügt über Mechanismen, die hilfreich sein können und die man nur strikt genug anwenden müsste“, sagte der Sumar-Sprecher. Der Mieterschutzbund „ Sindicato de Inquilinas e Inquilinos“wollte immerhin anerkennen, „ dass die Regelung dafür sorgt, dass die Mieten nicht steigen“.
Generell ermittelt der Mietspiegel Preise, die zum Teil deutlich unter den Angeboten liegen, wie sie auf den einschlägigen Portalen zu finden sind. So hat die Zeitung „ El País“40 Mietangebote in Madrid und Barcelona analysiert. In allen Fällen waren die Angebote teurer als die Mietspiegelpreise. Die Differenz lag zwischen vier und 100 Prozent. Fazit „ El País“: „ Der Mietspiegel zeichnet eine Parallelwelt, die nicht zum aktuellen Mietmarkt passt“. Idealista-Sprecher Francisco Iñarreta sieht das Problem woanders: „ Die einzige Methode, die dramatische Situation auf dem Mietmarkt umzudrehen, besteht darin, beim Angebot etwas zu tun, nicht aber bei den Preisen.“
„Mietspiegel wird die Preise in Stressgebieten nicht senken“