Grundlegender Widerstand
Um Bau auf historischer Finca zu stoppen: Österreicherinnen ketten sich an Bagger an
Orihuela Costa – sw. „ Diese Herrschaften, die unsere Finca zerstören, kommen nicht hinein“, rufen die drei Frauen vom Metalltor aus, durch das sie, begleitet von einer hellen Stute, heraustreten. Auf der Straße erwartet sie eine Gruppe aus Stadtvertretern, Medien sowie besagten Herrschaften – die Promotoren der Siedlung in Orihuela Costa, die auf dem Geländeteil entsteht, das für Familie Wesenauer nichts Anderes ist, als ihr eigener Garten. Just dort war es am 8. März zum neuen Ausbruch des Konflikts gekommen, als ein Bagger die Arbeit startete und die Östereicherinnen ihn stoppten, indem sie sich an ihn anketteten.
Überrumpelt hatte der Baustart die Bewohnerinnen der Finca Langostina. Mal wieder. Erst im Dezember schien die Bau-Offensive abgewehrt. Weil sie ohne städtische Lizenz erfolgt war. Bei Bürgermeister Pepe Vegara (PP) persönlich erwirkte die Familie den Stopp. Und sogar das Versprechen, die historische Finca mit städtischem Schutzsiegel zu versehen. „ Damals sagten Sie zu uns, dass noch am selben Tag das Verfahren für den Schutz eingeleitet werde“, blickt die aufgebrachte Kimberly Wesenauer den vor dem Tor stehenden Urbanismus-Stadtrat Matías Ruíz (PP) an.
Nun, am 11. März, entgegnet er, dass eine entsprechende „ Studie seitens Sachverständiger durchgeführt werden müsste“. Die Familie bringt es in Rage. Zwei Gutachten – eines vom früheren Stadtarchäologen, eines der Uni Alicante (2021) – belegten doch eindeutig, dass die 200 Jahre alte, in die natürliche Küstenlandschaft eingebettete Finca alle Charakteristiken eines Gutes von örtlicher Relevanz (Bien de Relevancia Local) aufweise. 2020 hatte die Stadt – auf Antrag der
Partei Cambiemos – die Erklärung sogar eingeleitet. Mehr aber nicht.
Damals, als die Wesenauers wegen der Pandemie im Ausland weilten, stellte der Promoter ihnen die grässliche Betonwand mitten aufs Grundstück, das so von 3.450 Quadratmeter auf die Hälfte schrumpfte und eine Ausfahrt verlor, wodurch sogar Autos – die beim Umstellen teils Beschädigungen davontrugen – eingemauert wurden. Nochmals 20 Jahre zurück liegt der Grund für das bizarre Vorgehen. Besagter Teil der Finca, die die Wesenauers 1996 kauften, fand sich 2000 plötzlich im Erschließungsplans Pau 25 wieder, war also für die Bebauung enteignet.
Geschehen sei es im Rahmen des LRAU-Gesetzes, klagen die Wesenauers. Zwar wurde dieses „ Landklau-Gesetz“auch dank Einschreitens des EU-Parlaments gestoppt, doch seine Auswüchse sind offenbar weiter intakt. Fest auf juristischem Grund, bestätigen uns vor Ort mehrere Stadtvertreter, stehe der Bau der Siedlung. „ Das bestätigen acht Gerichtsurteile“, betont Stadtrat Ruíz. Mit LRAU habe die neue Konstruktion nichts zu tun. Und sogar: Das gewählte Baugrundstück habe nie zur Finca gehört. „ Ein Wahnsinn“sind diese Aussagen für Gabriele Wesenauer.
Lange vor 2000 sei die Finca, ihre ganze Fläche, als Einheit urbanisiert gewesen. Ein „ Fehler“des Stadtarchitekten habe dies bei der Eingliederung in Pau 25 umgangen. Gerichtsurteile hin oder her – diesen Fehler, begangen in einer Zeit rücksichtslosester und korrupter Bauwut, gelte es zu beheben. Helfen soll der EU-Gerichtshof für Menschenrechte, der das Anliegen der Wesenauers längst angenommen habe, wie uns vor Ort Anwalt Antonio Moreno bestätigt. Mit Straßburg und mit der österreichischen Botschaft in Madrid sei man nun wieder verstärkt im Austausch.
Um Grundlegendes gehe es, bekräftigen die Wesenauers. Davon solle sich auch der Stadtrat überzeugen, den sie zum Rundgang hineinlassen. Auf ihr Anwesen, wo noch Reste der – von Unesco anerkannten – Trockensteinmauern stehen, die die Bulldozer auf der anderen Grundstückseite – nun hinter der schändlichen Betonwand liegend – längst zermalmt haben. Und wo das Hausinnere das in Orihuela Costa verdrängte und zugepflasterte Ambiente eines traditionellen, naturnahen Landlebens vermittelt.
Er werde sich für eine Ausfahrt für die Autos stark machen, so der Politiker. Und auch mit Promotor Víctor Gálvez sicherstellen, dass der Bau der Ferienhäuschen die historischen Strukturen nicht beschädige. Sollen die Wesenauers aber dem vertrauen, der Ende 2023 ohne Lizenz losbaggerte? Und dem, der trotz Schutz-Versprechen besagte Lizenz im Februar erteilte? „ Unseren Garten zurück“wolle die Familie. Und keine faulen Kompromisse mit Herrschaften, die man nur durch Anketten an Bagger erreicht.