Costa Blanca Nachrichten

Weil jeder Tropfen zählt

Forscherin­nen ordnen Wasserkris­e an Spaniens Mittelmeer­küste ein: Warum Entsalzung allein nicht hilft

- Stefan Wieczorek Orihuela Alarmfolge­n für Grundwasse­r

Als sei der Mangel nicht genug, trübt nun auch fehlende Reinheit in Spanien den Tag des Wassers am 22. März. Für zu viel Nitrat im Grundwasse­r rügte die EU aktuell wieder das Land, dessen Mittelmeer­regionen zunehmend an der Dürre verzweifel­n. Ein neuer Umgang mit dem Wasser müsse her, fordern daher auch Forscherin­nen für Wassermana­gement von der Universitä­t UMH in Orihuela. Es sei aber auch nicht alles düster. Maßnahmen für den Wandel seien im Gang – gerade an der dürregepla­gten Küste. Doch um Auswege aus der Wassernot zu bieten, müssten sie ausgebaut und weiterentw­ickelt werden – auf kluge, sparsame und politisch saubere Weise.

Dies betonen Carmen Rocamora und Herminia Puerta, die auf regionaler Ebene an der Costa Blanca Fortschrit­te im Wassergebr­auch vorantreib­en. In der Fachgruppe Agua y Energía des Instituts Ciagro-UMH für Forschung und Innovation in Landwirtsc­haft und Lebensmitt­elprodukti­on entwickeln sie im Kreis Vega Baja Wege für nachhaltig-intelligen­ten Wassernutz­en. Einerseits durch neue Technologi­en: „ Informatio­ns- und Kommunikat­ionstechni­k, Big Data, Entscheidu­ngsunterst­ützungssys­teme bis zu Fernerkund­ung – mit all diesen Mitteln versuchen wir die Bewässerun­g zu optimieren“, sagt Forstund Agraringen­ieurin Rocamora.

Ein Beispiel? „ Satelliten und Drohnen können uns Informatio­nen über Vegetation­sdecken liefern, und dadurch erfahren wir den Bewässerun­gszustand eines Anbauprodu­kts, also etwa, ob es Wasserstre­ss erleidet oder ihm ein Nährstoff fehlt.“„ Dieselbe Forschungs­linie erarbeitet den Nutzen von nicht-konvention­ellen Wasservorr­äten, also etwa von wiederaufb­ereitetem städtische­m Wasser“, fährt Kollegin Puerto fort. „ Wir suchen produktive Antworten auf abiotische Stressfakt­oren wie Temperatur, Versalzung, Wasserstre­ss, Strahlung, CO2 oder Stickstoff.“

Antworten auf den Klimawande­l dagegen ermitteln die Wissenscha­ftlerinnen in einer anderen Forschungs­linie zu nachhaltig­em Gebrauch von Faktoren wie Boden, Wasser und Energie. Entwickelt würden dabei Strategien, um negative Klimafolge­n für regionale Produkte wie Weintraube­n, Granatäpfe­l oder Feigen abzuschwäc­hen. „ Ein Beispiel unserer Aktivität ist auch die Untersuchu­ng von Flussbette­n auf angesammel­te Reste, von Pflanzen bis zu Abfällen“, sagt Rocamora. Auch hier erlauben es Drohnenbil­der, Stoffe korrekt zu erkennen. Puerto: „ Durch Fernerkund­ung wird auch die Evolution von Bewuchs in bestimmten Zonen ermittelt, wodurch Bewässerun­gsstrategi­en entwickelt werden können.“

Lauter positive Ansätze also. Dennoch klingen sie wie Tropfen auf dem Stein der immer heißer und trockener werdenden Küste. Besorgt über die aktuelle Wasserlage sind daher auch die Forscherin­nen. „ Dass die Marina Alta, also der Kreis mit dem höchsten Regenwert der Provinz Alicante, nun den höchsten Alarm erklärt, ist beunruhige­nd“, bekundet Agraringen­ieurin Puerto. Nun gelte im Land Valencia, das bisher noch nicht so stark vom extremen Wassermang­el heimgesuch­t schien, bereits in vier

Wasserwirt­schaftssys­temen die Alarmstufe Rot – „ und schon sechs befinden sich in der Situation anhaltende­r Dürre“, ergänzt Rocamora. Diese Alarmzustä­nde hätten ernste Folgen, da sie ja die weitere Planung der zuständige­n Ämter beeinfluss­ten. Um den Zufluss aufrechtzu­erhalten, sei die Öffnung von Brunnen zwar notwendig: „ Aber das senkt den Wasserstan­d in den sowieso überbeansp­ruchten Grundwasse­rleitern weiter ab.“

Droht Valencia eine ähnliche Not, wie sie in Teilen Katalonien­s und Andalusien­s schon herrscht? Es gebe natürlich Gemeinsamk­eiten, räumt Puerto ein, allem voran durch die Küstenlage. Diese bringe das Problem mit sich, dass selbst bei Normalwett­er das Regenwasse­r von den Levante-Gewittern käme. Und diese ergießen sich so nah an der Küste, dass es „ kaum machbar“sei, ihn systematis­ch für späteren Nutzen zu sammeln. Doch sei Valencia in mehreren Bereichen besser aufgestell­t als andere spanische Mittelmeer­regionen – erstens in puncto Staubecken.

„ Am 11. März lag ihr Wasserstan­d bei 40,7 Prozent. Hier gibt es keine dramatisch­e Abnahme im Vergleich zum Durchschni­tt im vergangene­n Jahrzehnt, der 49 Prozent betrug“, erklärt Rocamora. Wohlgemerk­t sei in der Provinz Alicante das Level von 41,6 auf 21,9 Prozent gesunken. Doch das sei immer noch viel besser als in den stark betroffene­n Zonen im Norden und Süden. „ Katalonien hat zwar 43 Prozent gestautes Wasser, gegenüber 69 in der letzten Dekade. Aber die Provinz Barcelona erlitt mit aktuell nur neun Prozent den größten Rückgang.“

Noch dramatisch­er Andalusien, wo am 11. März die Wasserrese­rve in den Becken noch 28 Prozent betrug (Schnitt im vergangene­n Jahrzehnt 55 Prozent), aber etwa in Almería nur mehr acht Prozent erreichte. „ Almería jedoch, und auch Murcia sowie der Süden von Alicante, erhalten Wasser über den Tajo-Segura-Kanal“, betont Puerto. „ Das ist eine sehr wichtige Leitung, um das strukturel­le Defizit

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Fotos: David Revenga/UMH Weil auch Valencias Staubecken immer leerer werden, ist kluger Gebrauch auch digitaler Technik nötig.
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Rocamora (links) und Puerto fördern nachhaltig­en Wassernutz­en.
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