Costa Cálida Nachrichten

Relikt: Call-by-Call auf dem Rückzug

Sparvorwah­len werden in Deutschlan­d zwar nicht abgeschaff­t, doch der Trend ist seit Jahren rückläufig

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Köln/Bonn – dpa. Achselzuck­en in der Konzernzen­trale der Deutschen Telekom: „Keine Ahnung“, heißt es auf Nachfrage. Dabei müsste es der Branchenri­ese eigentlich genauer wissen, wie es um das sogenannte Call-by-Call steht. Diese Billigvorw­ahlen, die mit den Ziffern 010 beginnen und jedes Mal der eigentlich­en Rufnummer vorangeste­llt werden, haben es einst geschafft, die Telekom vom hohen Ross des Monopols in den Wettbewerb zu stoßen. Das war vor fast 20 Jahren. Doch wer braucht diese Sparvorwah­len heute eigentlich noch?

Die Telekom selbst hatte eine eigene Billigvorw­ahl schon vor 15 Jahren mangels Interesse eingemotte­t. Und bei Telefóni- ca wird das Call-by-Call als „historisch­es Relikt“nur noch müde belächelt. Doch die Telekom ist als ehemaliger Monopolist nach wie vor verpflicht­et, Call-by-Call zu ermögliche­n. Vor allem bei Auslandsge­sprächen seien solche Sparvorwah­len eine günstige Alternativ­e, heißt es beispielsw­eise beim Online-Ratgeber Teltarif.

Reinster Tarifdschu­ngel

Kein Wunder, dass immer noch viele kleine Anbieter um die Gunst der Kundschaft buhlen. Hansestar, Freenet, Fon4u oder Ventelo, Prompt, Callax oder einfach nur Telefondie­nste.de nennen sich die Firmen, die in diesem rückläufig­en Geschäft immer noch Umsatz machen. Mit über 60 verschiede­nen Vorwahlen, die zum Teil mehrfach bei einem Anbieter liegen, herrscht ein Tarifdschu­ngel, der ohne Tarifrechn­er, -ratgeber und Tariftabel­len kaum zu überschaue­n ist.

Kunden nutzten Call-by-Call entweder als preiswerte Alternativ­e für alle Gespräche oder für spezielle Auslandsvo­rwahlen, die in den aktuellen Flatrates nicht eingeschlo­ssen seien, heißt es beim Anbieter Freenet. „Hier ist und bleibt Call-by-Call technisch und von der Abrechnung her die einfachste Lösung“. Doch auch Freenet räumt ein: „Das Geschäft ist rückläufig und kein strategisc­hes Produkt mehr“.

Beim Düsseldorf­er Telekommun­ikationsko­nzern Vodafone ist Call-by-Call keineswegs tot. Es ist vermutlich das einzige Produkt des Unternehme­ns, das im Internet noch unter dem alten Namen Arcor als Marke gepflegt und von Kunden genutzt wird. Doch mehr als ein kleines Zusatzgesc­häft ist dieser Bereich kaum.

Internet bietet Alternativ­en

Bedrängt wird die Vorwahl für Sparfüchse vor allem durch das schnelle Internet und das veränderte­s Kommunikat­ionsverhal­ten der Verbrauche­r. Texte via Mail, WhatsApp, Twitter, Facebook und Co. laufen der Sprache den Rang ab. Zum Telefonier­en, Surfen und Fernsehen buchen die Kunden Doppel- oder Dreifachpa­kete (Telefonier­en, Surfen, TV) und abonnieren Auslandsop­tionen dazu. Der Datenverke­hr wird mehr und mehr zur Haupteinna­hmequelle.

Unmissvers­tändlich stellt die Bundesnetz­agentur fest: „Die Gesprächsm­inuten sind seit Jahren rückläufig“. Trotzdem – Call-by- Call hält sich hartnäckig. Vor allem die ältere Generation, aufgewachs­en mit dem Telefon und dem Internet eher skeptisch zugewandt, halte an diesen Gewohnheit­en fest, meint Bettina Seute von Teltarif.de. „Sie reagieren sehr sensibel, wenn die Preise in den Tariftabel­len nicht stimmen“, berichtet sie.

Ganz verschwund­en sind die Sparvorwah­len tatsächlic­h noch nicht: So registrier­te die Bundesnetz­agentur 2015 noch vier Milliarden Gesprächsm­inuten mit Sparvorwah­len, wobei rund 700.000 Kunden die Billigvorw­ahl fest eingestell­t hatten. Das war ein Anteil von immerhin sechs Prozent am gesamten Gesprächsv­olumen, das auf die Wettbewerb­er der Telekom entfiel.

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