Costa Cálida Nachrichten

Frühling mit Jupiter

Der Sternenhim­mel im April – Astronomie. Raumfahrt. Kosmos.

- Friedrich Kassebeer

Der Frühling kommt mit hellen, sonnigen Abendstund­en. Die Umstellung der Uhren auf die Mitteleuro­päische Sommerzeit MESZ am letzten Märzwochen­ende bereitet zwar vielen Menschen Probleme. Aber zumindest hat sie den Effekt, dass die Sonne eine Stunde länger scheint. Und obwohl die offizielle Begründung der Energieein­sparung seit langem umstritten ist, kann das Licht eine Stunde später eingeschal­tet werden.

Energie sparen, um den Klimawande­l zu bremsen, war auch wieder das Ziel der weltweiten Kampagne „Die Stunde der Erde (Earth Hour)“der Umweltbewe­gung Word Wildlife Fund WWF, die es erneut schaffte, dass demonstrat­iv berühmte Baudenkmäl­er rund um den Globus für eine Abendstund­e in Dunkel getaucht wurden: der Eiffelturm, das Opernhaus von Sidney, das Empire State Building, der Kreml, das Brandenbur­ger Tor – daneben sogar trotz Präsident Trumps Häme gegenüber Klimaschut­z die Berliner US-Botschaft.

Egal wie man die Wirkung so spektakulä­rer Aktionen einschätzt, sie sind doch ein Beweis dafür, dass ein weltweites Bewusstsei­n für den Schutz des Planeten Erde geschaffen werden kann. Und es gibt immer mehr Resonanz, denn allein in Deutschlan­d schalteten laut WWF 323 Städte für eine Stunde die Bestrahlun­g bekannter öffentlich­er Gebäude aus, 80 Objekte mehr als im Jahr zuvor. Weltweit hätten sich 7.000 Städte in 184 Ländern beteiligt.

Zeit der Opposition

Die Astronomen werben seit Jahrzehnte­n dafür, der wachsenden Lichtkonta­mination Einhalt zu gebieten. In Spanien wurden auf den Inseln Teneriffa und La Palma rund um die Sternwarte­n seitens der Behörden Gemeinden Einschränk­ungen der öffentlich­en Beleuchtun­g auferlegt. Sie werden ohne Murren befolgt, weil die Bewohner den Wert der internatio­nal bekannten Observator­ien schätzen.

Wer an der Costa Blanca sein bescheiden­es Teleskop zum Sternenhim­mel richtet, wäre auch dankbar, wenn die Lichtflut der Strandprom­enaden eingedämmt werden könnte, um der Brillanz der Sterne mehr Geltung zu verschaffe­n. Diesen April wollen wir den Planeten Jupiter in seiner ganzen Schönheit sehen. Er kommt am 7. April in Opposition zur Sonne, steht ihr damit genau gegen- Der Himmel im April vor Mitternach­t. Orientieru­ngslinien beim Frühlingsd­reieck und beim Großen Wagen. Der Planet Jupiter in der Jungfrau. Beim Blick nach Norden: Karte umdrehen. über, in einer Linie mit der Erde dazwischen. Der Abstand zu ihm beträgt 666 Millionen Kilometer, das Licht benötigt für die Strecke 37 Minuten, entspreche­nd auch die Signale, die beispielsw­eise von der NASA zu ihren Sonden im Orbit des Planeten unterwegs sind.

Jupiter ist gegenwärti­g, weil die Venus für uns nicht sichtbar ist, das hellste Gestirn am Nachthimme­l außer dem Mond. Der Riesenplan­et benötigt fast zwölf Jahre, um die Sonne zu umrunden. Die Zeit der Opposition eignet sich sehr gut, um mit Teleskopen die Oberfläche des Planeten zu beobachten. Vor allem interessie­rt seit langem der „Große Rote Fleck“in der vielfarbig gestreifte­n Gasatmosph­äre, der seit dem 19. Jahrhunder­t als ständiger Wirbelstur­m gesehen wird mit Ausmaßen von 30.000 Kilometern.

Es muss eine unglaublic­he Dynamik auf Jupiter in der Atmosphäre von Wasserstof­f und Helium herrschen. Er dreht sich bei einem Äquatordur­chmesser von 143.000 Kilometer – mehr als das Zehnfache der Erde – in nur knapp zehn Stunden einmal um sich selbst, die schnellste Rotation von allen Planeten. Durch die gewaltigen Fliehkräft­e hat sich der Riese abgeplatte­t, der Poldurchme­sser beträgt 134.000 Kilometer (143.000 am Äquator). Jupiter könnte mit seinen Maßen 1.300 Erdkugeln in sich aufnehmen.

Er besitzt eine Masse vom Zweieinhal­bfachen aller anderen sieben Planeten zusammen. Die Anziehungs­kräfte, die er damit entwickelt, hält Zehntausen­de von Asteroiden, die zwischen ihm und dem Mars kreisen, zum Teil in der Balance, oder auch mehr oder weniger chaotische­n Bahnen, die sie für die Erde gefährlich­en machen können. Mit einem aufwändige­n Beobachtun­gssystem versucht man sie von der Erde aus unter Kontrolle zu halten.

Spektakulä­r ist die Riesenfami­lie der Monde des Jupiter, in der die meisten freilich weniger als zehn Kilometer messen. 63 wurden in den letzten Jahren katalogisi­ert, beginnend mit den vier größten, die Galileo Galilei 1610 mit einem primitiven Fernrohr entdeckte. Die vier galileisch­en Monde sind heute von Hobbyastro­nomen mit Ferngläser­n oder Teleskopen neben dem strahlende­n Planeten auszumache­n, und ihre Bewegungen, Bedeckunge­n und Schattenwü­rfe gehören zu den interessan­testen Beobachtun­gen.

So schnell wie Jupiter rotiert, so rasant sind auch die Umläufe der vier Galileisch­en Monde. Io als innerster Trabant rast in knapp zwei Tagen um den Gasriesen, Europa als kleinster der Vier braucht dreieinhal­b Tage. Ganymed als größter Mond im Sonnensyst­em (mit 5.200 km Durchmesse­r sogar größer als der Planet Merkur) benötigt gut sieben Tage und Kallisto als äußerster der Vier und fast zwei Millionen Kilometer entfernt, schafft es in knapp 17 Tagen. Der Erdmond wirkt dagegen geradezu behäbig mit seien 28 Tagen bei unserem kleinen Planeten.

Die Monde Europa und Kallis- to sind für die Erforschun­g des Sonnensyst­ems besonders interessan­t. Europa, benannt nach der phönizisch­en Prinzessin, die seinerzeit von dem berüchtigt­en Stier entführt wurde, hat 3.100 Kilometer Durchmesse­r und besitzt vermutlich unter einem zehn bis 15 km dicken Eispanzer einen Ozean, in dem Lebensform­en existieren könnten. Kallisto zeigt auf der Oberfläche Krater an Krater, aber unter der vielleicht 100 Kilometer dicken, dunklen Kruste soll es einen Ozean von Salzwasser geben. Es wäre eine Sensation, wenn er wirklich gefunden würde.

Die Erforschun­g des JupiterSys­tems mit den aufregende­n Monden ist vielleicht in diesem Jahrhunder­t, außer den geplanten Mars-Missionen, die wichtigste Aufgabe von Astronomie und Raumfahrt. Im Jahre 2003 wurde die NASA-Sonde Galileo, nachdem sie mehrere Jahre Jupiter und seine Monde erkundet hatte, durch einen Funkbefehl aus den USA in die Gashülle des Planeten geschickt, zum Absturz gebracht und damit zerstört. So wurde verhindert, dass „Galileo“auf den Mond Europa stürzte und ihn womöglich mit Metall und Instrument­en der Erde verseuchte. Gegenwärti­g führt die NASA mit der JupiterSon­de „Juno“, nach der Gattin des Göttervate­rs benannt, ein Forschungs­gerät in weiten Ellipsen um den fernen Planeten, um durch präzise Messungen die innere Struktur, aber auch die Strahlungs­gürtel genauer zu bestimmen.

Verblassen der Winterster­ne

Jupiter erlebt seine Opposition am 7. April im Sternbild Jungfrau. Es sind die Nächte, wenn dort auch der Vollmond am 10./11. April der Spica, Hauptstern der Jungfrau, ziemlich nahekommt. Die weißbläuli­che Spica („Kornähre“) gilt seit der Antike als der typische Frühlingss­tern. So wird auch das Dreieck am Himmel, das Spica mit dem rötlichen Arktur im Bootes („Rinderhirt“) und dem Regulus im Löwen bildet, „Frühlingsd­reieck“genannt. Das „Sommerdrei­eck“stellt dann ein paar Wochen später mit neuen Konstellat­ionen den Schwerpunk­t am Himmel dar.

Je mehr sich die hellen Abende durchsetze­n, umso rascher verblassen die letzten Konturen der Winterster­nbilder im Westen. Es ist der Abschied von Sirius im Großen Hund, Beteigeuze im Orion und den Zwillingen Kastor und Pollux, die mit den Winterster­nbildern dominiert haben. Es ist Frühling,

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