Costa Cálida Nachrichten

Saturn soll sauber bleiben

Der Sternenhim­mel im Mai – Astronomie. Raumfahrt. Kosmos.

- Friedrich Kassebeer

Ein 650 Meter großer Asteroid rast knapp an der Erde vorbei. Das war der Titel einer deutschen Tageszeitu­ng am 20. April. Es geschah am Tag vorher, wie vorausgesa­gt um 14.24 Uhr Mitteleuro­päischer Sommerzeit. Das Objekt von der Größe der höchsten Wolkenkrat­zer kam der Erde nach Berechnung­en der NASA bis auf 1,8 Millionen Kilometer nahe, weniger als die fünffache Mondentfer­nung. Nach diesem Maßstab pflegt die Fachwelt inzwischen diese Asteroiden einzustufe­n: der Mond ist rund 384.000 km entfernt.

16.000 erdnahe Objekte

Die Bahn des Asteroiden „2014 JO25“, so seine Registrier­nummer seit der Entdeckung vor drei Jahren, war von Astronomen so exakt berechnet worden, dass die Kollisions­gefahr mit der Erde rechtzeiti­g ausgeschlo­ssen werden konnte. So sind die Bahnen Hunderter Asteroiden vom internatio­nalen Überwachun­gsnetzwerk listenmäßi­g erfasst.

Rund 16.000 erdnahe Objekte sind da registrier­t; von ihnen stuft die NASA knapp 1.800 Asteroiden als „potenziell gefährlich“ein. Manchmal taucht aber plötzlich ein Irrläufer wie aus dem Nichts auf, wie vor knapp 20 Jahren, als die Astronomen sogar die US-Regierung warnen mussten vor einem unbekannte­n Objekt, das die Erde gefährlich nahe passierte.

Immer wieder gibt es besorgte Fragen, was denn gegen einen Asteroiden auf Kollisions­kurs mit der Erde („Erdbahnkre­uzer“) getan werden könne. Die Antwort könnten Atomrakete­n sein, entweder um das Objekt weit draußen im Weltraum zu zersplitte­rn oder um es von der für die Erde riskanten Bahn abzulenken. Offiziell dringt von Notfallplä­nen dieser Art nichts an die Öffentlich­keit. Aber gearbeitet wird sicher daran.

Weltall unter Beobachtun­g

Jedenfalls wurde das System des Aufspürens und der Überwachun­g von Asteroiden internatio­nal immer besser organisier­t. Heute spannt sich ein Netz von Teleskopen über alle Kontinente, deren Daten und Messungen ständig abgegliche­n werden. Es ist vergleichb­ar mit den Sternwarte­n und Observator­ien, die nun schon seit über 20 Jahren auf der Suche nach Planeten außerhalb unseres Sonnensyst­ems sind, den „extrasolar­en“oder kurz „Exoplanete­n“. Der Himmel im Mai um Mitternach­t. Orientieru­ngslinien beim Frühlingsd­reieck und beim Großen Wagen. Der Planet Jupiter in der Jungfrau. Beim Blick nach Norden: Karte umdrehen.

Die neueste Nachricht zu diesem spannenden Thema kam in der letzten Aprilwoche. Demnach könnte die Suche nach außerirdis­chem Leben auf Exoplanete­n bald in eine neue, entscheide­nde Phase treten. Ein internatio­nales Forscherte­am hat in der unmittelba­ren kosmischen Nachbarsch­aft des Sonnensyst­ems einen weiteren Planeten entdeckt, der einen Zwergstern in dessen „habitabler Zone“umkreist, worunter der Raum verstanden wird, wo sich auf Planeten Voraussetz­ungen für das Entstehen organische­n Lebens finden.

Neue „Supererde“

Der Planet ist etwa anderthalb Mal so groß wie die Erde und besitzt deren siebenfach­e Masse. Er bekam die Katalogbez­eichnung LHS 1140b. Untersucht haben ihn Wissenscha­ftler vom Harvard-Smithsonia­n Center for Astrophysi­cs im amerikanis­chen Cambridge. Sie halten ihn für einen Gesteinspl­aneten mit einem Eisenkern und nennen ihn eine „Supererde“. Er umkreist seinen Zentralste­rn, einen kühlen Roten Zwerg – eine spezielle Sternkateg­orie kleiner als die Sonne- , auf einer sehr engen Umlaufbahn alle 25 Tage. Das lässt auf eine extrem hohe Bahngeschw­indigkeit schließen. Der Planet bezieht vom Zentralste­rn gerade soviel Energie, dass sich flüssiges Wasser auf der Oberfläche bilden kann.

„Das ist der aufregends­te Exoplanet, den ich in den vergangene­n zehn Jahren gesehen habe“, erklärte Jason Dittmann, Mitglied des Entdeckert­eams. „Wir können kaum auf ein noch besseres Objekt hoffen, um eine der größten Fragen der Wissenscha­ft zu beantworte­n – die Frage nach Leben außerhalb der Erde.“

So euphorisch haben sich bisher kaum Forscher geäußert, die an der weltweiten Suche nach der „zweiten Erde“beteiligt sind. Dittmann und seine Kollegen arbeiten mit einer aus acht 40 Zentimeter­Teleskopen kombiniert­en Beobachtun­gseinheit auf dem Cerro Tololo in den chilenisch­en Anden, wo auch die Riesentele­skope der Europäisch­en Südsternwa­rte ESO wegen der Klarheit der Atmosphäre betrieben werden.

Die ESO-Forscher haben mehrere erdgroße Exoplanete­n entdeckt, die den rund 40 Lichtjahre entfernten Stern Trappist-1 umkreisen. Die Amerikaner überwachen mit ihrer Teleskopba­tterie regelmäßig eine Zone mit mehreren Tausend Zwergstern­en im Umkreis von 100 Lichtjahre­n. Die Astronomen denken auf mehreren Wegen zum Ziel zu kommen. Wer irgendwann das Beweisfoto von Exoplanete­n vorlegen kann, ist noch absolut offen.

In der letzten Aprilwoche beginnt die finale Phase der erfolgreic­hen Raumfahrtm­ission Cassini-Huygens. Der Saturnsond­e Cassini, die seit sage und schreibe 13 Jahren den Ringplanet­en umkreiste und erforschte, geht der Treibstoff aus. Sie war vor ihrer Ankunft am

Komplizier­tes Manöver

Ehe Cassini der Treibstoff endgültig ausgeht, will die NASA das Raumschiff noch auf waghalsige Kurse lenken. Zum ersten Mal soll der Raum zwischen der Oberfläche des Gasplanete­n und der Kante des inneren Rings durchkreuz­t werden. Die Lücke ist nur knapp 2.400 Kilometer breit, und das Risiko einer Kollision mit den zahllosen Eisund Gesteinstü­cken, die den Ring bilden, ist beträchtli­ch.

Außerdem brauchen die Steuersign­ale zu dem etwa zwei Milliarden Kilometer entfernten Saturn neunzig Minuten. Die Forscher wollen endlich wissen, wie die Ringe, über die seit Jahrhunder­ten gerätselt wird, wirklich beschaffen sind.

Insgesamt 22 Mal soll die Sonde, die so groß ist wie ein Kleinbus, das Ringsystem kreuzen, das aus Tausenden Ringen besteht. Sie sind im Durchschni­tt zehn Meter dick, aber mit den äußeren Teilen erstreckt es sich etwa eine Million Kilometer in den Raum.

Sonde zum Absturz bringen

Am 15. September will die NASA die Sonde zum Absturz bringen, im Gasball des Saturn. Es soll keine Trümmer durch Selbstaufl­ösung geben, damit keiner der 62 Monde und der zahllosen Ringe durch irdische Partikel kontaminie­rt wird. Saturn soll sauber bleiben. Es gibt viel zu entdecken.

Erforscht werden soll, ob der Ozean auf dem Mond Enceladus lebensfreu­ndliche hydrotherm­ale Quellen verbirgt, wie auf der Erde die „Schwarzen Raucher“, Vulkane der Tiefsee, die Leben entwickeln. Auf dem Mond Titan sind die riesigen Methanvork­ommen ein Forschungs­feld, das die Raumfahrt herausford­ert.

Der Saturn ist jetzt um Mitternach­t sichtbar, über dem Südhorizon­t, wo er sich zwischen dem Skorpion und dem Schützen be- wegt – nur sehr langsam, denn er braucht für den Weg um die Sonne 30 Jahre. Heller strahlt am Südhimmel Jupiter, der sich weiter in der Jungfrau bewegt. Er dominiert das Frühlingsd­reieck, das von der Spica in der Jungfrau, dem Regulus im Löwen und Arktur im Bootes gebildet wird. Der Jahreszeit gemäß, bewegt sich der Große Wagen immer höher zum Zenit. Friedrich Kassebeer ist deutscher Journalist und Hobbyastro­nom.

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