Erben und Erbschaftssteuer
Nach spanischem oder deutschem Gesetz? – Folge 10 der Ratgeberserie
Wenden wir uns heute einem wichtigen, aber nicht ganz einfachen Thema rund um die Erbschaft zu. Zunächst ein vielleicht typischer Beispielfall.
Fallbeispiel: Ehepaar Müller aus Flensburg lebt in einem eigenen Apartement an der Costa Blanca. Herr Müller bezieht eine gesetzliche Rente von 1.900 Euro monatlich und eine Betriebsrente, von der sie gut leben können. Frau Müller ist mit 60 Jahren zwölf Jahre jünger als ihr Mann. Sie hat drei Kinder großgezogen, die in Deutschland ihrem Beruf nachgehen. Das Ehepaar möchte vorsorgen für den Fall, dass Herr Müller vor seiner Frau verstirbt. Was ist zu tun?
Antwort: Das Wichtigste haben die Eheleute bereits getan, weil sie Vorsorge treffen wollen! Die meisten Menschen verdrängen den Gedanken an unangenehme künftige Ereignisse. Wie steht es mit der Rente?
Wenn Herr Müller verstirbt, erhält Frau Müller eine Witwenrente. Diese beträgt in der Regel 55 Prozent der Rente. Frau Müller muss also mit 1.045 Euro (zuzüglich der Kinderkomponente) im Monat auskommen. Hinzu kommt allerdings die Witwenbetriebsrente, die ebenfalls 55 Prozent der Betriebsrente beträgt.
Außerdem erhält Frau Müller mit Erreichen der Altersgrenze von 65 Jahren ihre Mutterrente für die Erziehung ihrer drei Kinder. Seit dem 01.07.2014 werden Kindererziehungszeiten von vor 1992 geborenen Kindern besser anerkannt als bisher und mit zwei Entgeltpunkten pro Kind belohnt. Ein Entgeltpunkt hat heute einen Wert von 30,45 Euro. Das wären für Frau Müller also zusätzlich rund 180 Euro monatlich.
Wie steht es mit dem Erbrecht? Zunächst ist zu klären, ob deutsches oder spanisches Erbrecht zur Anwendung kommt – denn da gibt es ganz erhebliche Unterschiede! Seit dem Jahr 2015 richtet sich das anzuwendende Erbrecht nicht mehr nach der Staatsangehörigkeit, sondern danach, wo der gewöhnliche Aufenthalt, also der Lebensmittelpunkt liegt. Das spanische Erbrecht ist kulturell anders geprägt und begünstigt die Kinder gegenüber dem Ehegatten. Das entspricht meist nicht unserem Gerechtigkeitsempfinden, wie es im deutschen Erbrecht niedergelegt ist.
Generell erben in Spanien die Kinder, danach die Eltern des Verstorbenen – nicht aber der Ehegatte. Dem Ehegatten steht neben den Kindern nur ein Nießbrauch an einem Drittel des Erbes zu!
Wichtig daher: Stellen Sie sicher, dass deutsches Erbrecht Anwendung findet!
Haben Sie Ihren Lebensmittelpunkt in Deutschland, gilt deutsches Erbrecht automatisch. Wenn Sie zwischen Deutschland und Spanien pendeln, kommt es vor allem darauf an, wo Sie sich über 183 Tage im Jahr aufhalten – dort wird im Zweifel Ihr Lebensmittelpunkt vermutet. Sind Sie unsicher, dann auf jeden Fall eine Rechtswahl im Testament treffen!
Ist – wie im Beispielfall – der Lebensmittelpunkt in Spanien, so gilt spanisches Erbrecht!
Sie können dann aber deutsches Erbrecht wählen. Dazu müssen Sie, am besten in Ihrem Testament, ausdrücklich deutsches Erbrecht für anwendbar erklären. Ein solches Testament muss nicht notariell beurkundet sein; Sie können es auch selbst anfertigen. Beide Ehepartner müssen es eigenhändig schreiben und unterschreiben, damit es gültig ist.
Was gilt nach dem deutschen Erbrecht? Grundsätzlich erbt in der Regel (über den Zugewinnausgleich) der überlebende Ehepartner die Hälfte, die Kinder erben die andere Hälfte des Vermögens.
Möglicherweise kann in unserem Beispiel daher die Witwe die Wohnung nicht halten, wenn die Kinder ihr Erbrecht geltend machen. Deshalb ist in Deutschland das „Berliner Testament“sehr verbreitet. Dabei setzen sich die Eheleute gegenseitig zum befreiten Vorerben ein. Das bedeutet, dass der überlebende Partner alleine das gesamte Vermögen erbt und frei über den Nachlass verfügen kann. Machen die Kinder ihre gesetzlichen Erbansprüche geltend, sind sie auf den Pflichtteil beschränkt, also auf die Hälfte ihres gesetzlichen Erbes.
Wenn sich Herr und Frau Müller in unserem Fall also wechselseitig als befreite Vorerben eingesetzt haben („Berliner Testament“), können die Kinder lediglich den Pflichtteil beanspruchen. Wenn Frau Müller – wie es oft der Fall sein wird – Miteigentümerin des Wohneigentums ist, beträgt der Pflichtteil der Kinder insgesamt also nur ein Achtel des Wertes der Immobilie – das wird Frau Müller schultern können.
Wie steht es mit dem Steuerrecht? Auch hier wird es nun recht kompliziert. Zunächst kommt es wieder darauf an, in welchem Land der Lebensmittelpunkt liegt (im Zweifel nach der 183-TageRegel): Lebensmittelpunkt in Spanien:
Spanische Erbschaftssteuer ist auf das gesamte Vermögen zu zahlen, das sich in Deutschland und in Spanien befindet.
Zusätzlich ist deutsche Erbschaftssteuer auf die Teile des Vermögens zu zahlen, die sich in Deutschland befinden.
Lebensmittelpunkt in Deutschland:
Deutsche Erbschaftssteuer ist auf das gesamte Vermögen zu zahlen, das sich in Deutschland und in Spanien befindet.
Zusätzlich ist spanische Erbschaftssteuer auf die Teile des Vermögens zu zahlen, die sich in Spanien befinden.
Aber die spanische Erbschaftssteuer wird auf die deutsche Steuer angerechnet.
Die spanische Erbschaftssteuer
Auf den ersten Blick ist die spanische Erbschaftssteuer höher als die deutsche, weil die Freibeträge deutlich niedriger sind (beispielsweise für Ehegatten und Kinder nur 15.956,87 Euro statt 500.000 Euro für den Ehegatten und 400.000 Euro für die Kinder in Deutschland). Die spanischen Steuersätze variieren zwischen etwa sieben und 82 Prozent, je nach Verwandtschaftsgrad und Wert des Erbes. Außerdem gibt es unterschiedliche Freibeträge. Diese Steuersätze und Freibeträge spielen in der Regel aber praktisch keine Rolle, weil viele spanische Gemeinschaften Sonderregelungen mit deutlichen Steuerermäßigun- gen von bis zu 99 Prozent haben, die günstiger sind:
Die Gemeinschaften mit 99 Prozent Steuerermäßigung sind: die Balearen, das Baskenland, Kantabrien, La Rioja, Madrid und Navarra.
In Valencia gibt es seit 1.1.2017 nur noch 50 Prozent Steuerermäßigung. In Andalusien gibt es lediglich erhöhte Freibeträge.
Die günstigen regionalen Sonderregelungen wurden bisher nicht auf solche Ausländer angewandt, die nur vorübergehend in Spanien leben. Hier gibt es durch ein Urteil des Europäischen Gerichtshofes vom 03.09.2014 (C127/12) eine deutliche Verbesserung: künftig richtet sich für alle Ausländer die Erbschaftssteuer nach dem günstigeren Steuerrecht der spanischen Wohnortgemeinde.
Tipp: Wenn Sie Erbschaftssteuer gezahlt haben und die Zahlung oder der Erbfall liegen nicht länger als vier Jahre zurück, prüfen Sie, ob Sie auch wirklich die Steuerermäßigung erhalten haben, die in Ihrer Gemeinde für Spanier gilt. Wenn nicht, haben Sie einen Rückerstattungsanspruch, der an die Zentralfinanzbehörde in Madrid zu richten ist.
Achtung beim Berliner Testament! Hier kann die spanische Erbschaftssteuer mehrfach anfallen: Zuerst beim Erbfall durch den Tod des Ehepartners, dann noch einmal, wenn die Kinder nach dem Tod des hinterbliebenen Ehepartners erben. Um dies zu vermeiden, kann es im Einzelfall - wenn tatsächlich einmal beträchtliche Steuern in Spanien anfallen - sinnvoll sein, eine andere Testamentsgestaltung zu wählen. Zum Beispiel kann die Immobilie gegen ein Wohnrecht für die Eltern auf die Kinder übertragen oder ein Vermächtnis an die Kinder zu verfügt werden.
Die spanische Bodenwertzuwachssteuer
Neben der Erbschaftssteuer fällt - wie bei einer Veräußerung - auch die spanische Bodenwertzuwachssteuer an. Sie besteuert den Mehrwert, den die Immobilie seit dem Kauf erfahren hat und richtet sich nach dem Katasterwert und den Jahren der Eigentümerschaft. Da gibt es leider keinen festen Steuersatz.
Die deutsche Erbschaftssteuer
von 500.000 Euro und Kinder von 400.000 Euro lassen in den meisten Fällen die Erben steuerfrei. Dabei ist zu bedenken, dass in vielen Fällen der Partner bereits Miteigentümer der Immobilie war, also nur die andere Hälfte dazu erbt.
Sollte es aber doch zu einer deutschen und einer spanischen Steuer kommen, so wird in der Regel die spanische Steuer auf die deutsche Steuer angerechnet.
Tipp: Beim Vererben können Sie leicht für die Erben kostspielige Fehler machen! Lassen Sie sich daher am besten rechtzeitig von einem versierten Rechtsanwalt oder Notar beraten!
In der nächsten Folge der CBN-Ratgeberserie geht es um Doppelrentner aus Deutschland und Spanien. Das vollständige Buch „Sorgenfrei leben unter Spaniens Sonne – Experten-Ratgeber für Deutsche in Spanien“ist für 19,90 Euro über die Geschäftsstellen der CBN in Benissa, Finestrat, Torrevieja und Benijófar zu beziehen, sowie im Shop unter www.cos tanachrichten.com.