Costa Cálida Nachrichten

Hawking – ein Leben für die Sterne

Der Sternenhim­mel im April – Astronomie. Raumfahrt. Kosmos.

- Friedrich Kassebeer

Der Tod brachte das Bild des berühmten Physikers und Mathematik­ers noch einmal auf die Frontseite­n von Medien der ganzen Welt. Stephen Hawking starb am 14. März in Cambridge, wo er seit Jahrzehnte­n gelehrt hatte, im Alter von 76 Jahren.

Das Foto des Wissenscha­ftlers im Rollstuhl, sein kantiges, mal verzerrtes, manchmal lächelndes Gesicht, wirkte wie ein Symbol für die Behinderte­n, die sich trotz eines schweren Schicksals in der Welt durchsetze­n. In ihm schien der Geist über die Materie zu triumphier­en. Und tatsächlic­h dominierte­n die Lehren und Theorien des Genies von Cambridge ein halbes Jahrhunder­t die Naturwisse­nschaften, wie seit den Zeiten von Albert Einstein nicht mehr.

Hawking war bekennende­r Atheist, aber doch so tief mit der Tradition seiner Universitä­tsstadt verbunden, dass die Trauerfeie­r für ihn zu Ostern in der Kirche St. Mary the Great seine Familie, seine Freunde und viele Kollegen vereinte. Der Sarg war mit weißen Lilien und Rosen dekoriert, die das Universum und den Polarstern symbolisie­ren sollten. Sechs Kollegen trugen den Sarg in die Kirche, deren Glocke 76 Mal schlug, einmal für jedes Lebensjahr des Gelehrten. Alles war auf versöhnlic­he Stimmung angelegt, auch in den Abschiedsw­orten von Hawkings Kindern Lucy, Robert und Tim. Das Land, Großbritan­nien, wird im Juni, das ist schon angekündig­t, seinen größten Wissenscha­ftler der Jetztzeit in der Westminste­r Abbey in London bestatten, nahe den Gräbern anderer Heroen der Wissenscha­ft, wie Isaac Newton und Charles Darwin.

Expandiere­nde Universen

Stephen Hawking hatte schon als Student und Doktorand sein Denken auf Astrophysi­k und Kosmologie gerichtet. Der Titel seiner Dissertati­on hieß „Die Eigenschaf­ten expandiere­nder Universen“. Damit war das Forschungs­ziel vorgegeben: Gibt es nur ein Universum, in dem Milliarden Galaxien wie die Milchstraß­e existieren, oder ist die Expansion im All grenzenlos, ewig.

1981 nahm Hawking an einer Tagung von Kosmologen im Vatikan teil – er war, obwohl Atheist, Mitglied einer Päpstliche­n Kommission – und vertrat seine These von einem grenzenlos­en Universum, das keinen Rand hat, keinen Der Sternenhim­mel im April um Mitternach­t, mit dem Frühlingsd­reieck im Zentrum. Orientieru­ngslinien bei den Hauptstern­en des Dreiecks. Beim Blick nach Norden: Karte umdrehen. Anfang und kein Ende. „Es würde einfach sein. Wo wäre dann noch Raum für einen Schöpfer?“

Viel weiter fortgeschr­itten in seiner Theorie, sagte Hawking 2010, dass für die Entstehung des Universums kein Gott notwendig gewesen wäre. Die Stimme des Professors aus Cambridge war seit 1985 nur noch blechern aus einem Sprachcomp­uter zu vernehmen. Schwere Erkrankung­en zeichneten den Gelehrten immer mehr. Eine Lungenentz­ündung verschärft­e die Lähmung, die Amyotrophe Lateralskl­erose (ALS), die schon bei dem jungen Studenten diagnostiz­iert worden war und ihn an den Rollstuhl gefesselt hatte.

Stephen Hawking wurde bewundert, weil er trotz des schweren Leidens mit kaum nachlassen­der Energie wissenscha­ftlich arbeitete. Die Ärzte hatten ihm als 24jährigen vorausgesa­gt, dass die degenerati­ve Erkrankung seines motorische­n Nervensyst­ems in wenigen Jahren bei ihm zum Tod führen würde. Seitdem, 1968, war er auf den Rollstuhl angewiesen.

Er hatte Depression­en, drohte dem Alkohol zu erliegen, litt unter Selbstmord­gedanken. Die Ehe mit Jane, einer jungen Frau, die an ihn glaubte, war die Rettung. Umso bitterer, dass die Verbindung trotz der Kinder schließlic­h scheiterte. Jane fühlte sich von ihrem be- rühmten Ehemann gedemütigt und schrieb das in einem 600-SeitenBuch verbittert nieder.

Hawking aber mehrte seinen Ruhm durch seine Arbeiten zur Quantenmec­hanik, die er mit seinen Theorien über die Schwarzen Löcher zu der von vielen Physikern angestrebt­en „Weltformel“vereinen wollte, was ihm bis zum Ende seines Lebens nicht gelingen sollte. In seinem millionenf­ach weltweit verbreitet­en Buch „Eine kurze Geschichte der Zeit“hatte Hawking die Menschen mit seinen Theorien zur Entstehung des Universums, zur Quantenmec­hanik und zu Schwarzen Löchern vertraut gemacht. Am Ende blieben Warnungen.

In einer viel beachteten Sendereihe der BBC erklärte Hawking 2016, dass die Menschheit vor Gefahren stehe, die langfristi­g ihre Existenz stark gefährden könnten. Er zählt dazu gentechnis­ch veränderte Viren, Atomkriege und die globale Erwärmung des Planeten, welche die Menschheit in absehbarer Zeit auslöschen könnten. Die größte Gefahr für die Menschheit sei die Menschheit selbst.

Sorge wegen Aliens

Hawking erneuerte seine vor einigen Jahren erhobene Forderung, weitere Himmelskör­per im Sonnensyst­em zu besiedeln, um das Aussterben der Menschen zu verhindern. Vor dem Zusammentr­effen mit Aliens im planetaris­chen Raum zeigte sich der Professor persönlich besorgt.

In den meisten Ländern werden die Warnungen Hawkings durchaus ernstgenom­men. Die Vorbereitu­ngen für Flüge zum Mars sind bei den USA, der Europäisch­en Weltraumag­entur ESA, den Russen und Japanern im Gange. Gerade im laufenden Jahr 2018 wird der Planet Mars am 27. Juli in eine sehr enge Opposition zur Erde kommen, das heißt 57,7 Millionen Kilometer Abstand. Die europäisch­e ESA will ebenso wie die NASA das Startfenst­er zum Mars, das sich während der kurzen Entfernung für einige Monate öffnet, für einige neue Missionen nutzen und Forschungs­sonden zum Roten Planeten schicken.

Der Mars ist gegenwärti­g erst nach Mitternach­t im Osten zu sehen, seine Aufgänge sind jedoch immer früher zu erwarten. Der Sternenhim­mel ist typisch für den Frühling. Ein Teil der Winterster­nbilder, wie Stier, Orion und Zwillinge, sind abends noch am Westhimmel zu sehen, obwohl sie alle bald untergehen. Der Große Wagen rückt in den Zenit vor, und die Sternbilde­r des „Frühlingsd­reiecks“bewegen sich ebenfalls ins Zentrum: der Löwe mit Regulus, der Bootes mit dem rot leuchtende­n Arktur und die Jungfrau mit der bläulich schimmernd­en Spica.

Nachdem die Uhren Ende März um eine Stunde vorgestell­t wurden, erlebt man nun wie jedes Jahr gewohnt, auch im Osten Spaniens wieder die längeren hellen Abendstund­en. Und viele Menschen müssen sich wieder an früher oder später aufgehende Sterne gewöhnen, egal ob es schwerfäll­t oder nicht.

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Foto: dpa Stephen Hawking starb am 14. März im Alter von 76 Jahren.
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Friedrich Kassebeer ist deutscher Journalist und Hobbyastro­nom.

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