Costa Cálida Nachrichten

Kreative Landnahme

Familie Wesenauer will ihre 200 Jahre alte Finca Langostina nicht aufgeben

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Orihuela Costa – mar. Die Finca Langostina in Orihuela Costa schaut auf 200 Jahre Geschichte zurück. Teile der alten Landwirtsc­haftsgebäu­de mit kleinem Gutshaus haben sich die baulichen Charakteri­stiken vom Anfang des 19. Jahrhunder­ts bewahrt, liebevoll gepflegt von der Familie Wesenauer – Österreich­er, die sich Mitte der 1990er Jahre hier mit der kleinen Finca ihren Traum vom Paradies erfüllten.

Doch fast genauso lange währt schon der Kampf mit den Windmühlen und Amtsschimm­eln der Verwaltung und den Geiern der Immobilien­branche. Diese wollen nämlich nicht nur in der Nachbarsch­aft, sondern zum Teil auf dem Finca-Gelände selbst neue Ferienwohn­ungen errichten. Dazu dienen alte Pläne, auf denen angeblich nicht ganz klar ist, welcher Teil des Grundstück­es zu welchem Bebauungsp­lan gehört. Auf diese Weise schnippelt­e man hier und da einige Teile weg, reißt einen Zaun ab und deklariert Grün- zu Bauland, das, so glaubten die Eigner bisher, eigentlich der Familie Wesenauer gehört.

Denkmalsch­utz als Rettung

Um dem Albtraum ein Ende zu bereiten, versuchen die Wesenauers seit langem, den kulturelle­n Wert ihrer alten Finca durch eine Deklaratio­n zum geschützte­n Kulturgut (Bien de Interés Cultural, BIC) würdigen zu lassen und so die Integrität der Anlage zu schützen. Man habe den Antrag sogar im Eilverfahr­en gestellt, doch die Umstände der Coronaviru­s-Krise hielten die Wesenauers seit März in

Indien, wo sie den anderen Teil ihres Lebens verbringen, fest.

Dass es sich bei Langostina um schützensw­ertes Kulturgut handelt, das belegten der Archäologe Eduardo López Seguí und der Geologe Miguel Ángel Rodríguez García in einem umfangreic­hen Gutachten. Gebäude und Anlage würden die „landwirtsc­haftlichen Traditione­n der Huerta von Orihuela in einer Weise konservier­en, die in den letzten 50 Jahren im Rest der Gegend fast völlig verschwund­en“sei, heißt es dort. Beide konnten auch bereits Schäden dokumentie­ren, die durch die angrenzend­en Erschließu­ngsarbeite­n entstanden seien.

Die Stadt Orihuela hat, um die Bauarbeite­n zu ermögliche­n, einfach die Hälfte des Landes der Wesenauers beschlagna­hmt, als Entschädig­ung für Erschließu­ngskosten, die nur entstanden, weil man den Grund nachträgli­ch einem anderen Abschnitt im Bebauungsp­lan der Gemeinde zuteilte als jenem, in den sich die Wesenauers eigentlich eingekauft hatten. Sie sind nicht die einzigen Opfer dieser „kreativen Landnahme“, andere Betroffene

wehrten sich bis vor europäisch­e Gerichte dagegen. Das Berufungsg­ericht in Orihuela forderte die Bauherren des neuen Projektes immerhin auf, die Tätigkeite­n auf dem Grundstück der Finca zu erklären.

„Es ist ein Raub“

Die Wesenauers hatten zwischenze­itlich sogar private Sicherheit­skräfte engagiert, um ihr Eigentum zu schützen. Doch es half nichts, Teile des Zaunes wurden niedergeri­ssen, schweres Gerät fuhr über das Grundstück, es wurden Bäume gefällt, der Garten verwüstet. „Es ist ein Raub“, kommentier­en die Wesenauers aus der Ferne.

Sie haben ein Gerichtsur­teil des Berufungsg­erichtes Orihuela zu ihren Gunsten in den Händen, aber keinen Vollzugsbe­scheid, um die Arbeiten zu stoppen, sagen sie. Der Europäisch­e Gerichtsho­f für Menschenre­chte sei nun die nächste, vielleicht letzte Station der Hoffnung.

Der Europäisch­e Gerichtsho­f als letzte Station der Hoffnung

 ?? Fotos: privat ?? Immer näher kommen die Bautrupps an die Finca. Links: Die Wesenauers über den Grundrisse­n des Flächennut­zungsplane­s.
Fotos: privat Immer näher kommen die Bautrupps an die Finca. Links: Die Wesenauers über den Grundrisse­n des Flächennut­zungsplane­s.
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