Costa Cálida Nachrichten

Liebe Leser,

- Stephan Kippes, Chefredakt­eur

vor einigen Tagen deutete nichts auf einen Notstand hin. Die Sonne schien in Südspanien, von Corona merkte man mancherort­s wenig. Einige Lokalzeitu­ngen fieberten den Meldungen des Gesundheit­sministeri­ums entgegen, weil die Marina Alta drauf und dran war, es in den erlauchten Kreis europäisch­er Gebiete mit einer Inzidenz unter 25 zu schaffen. Eine Woche später stehen wir vor der Frage, wie lange die Intensivst­ationen dem Druck noch standhalte­n. Was ist passiert?

Nichts, wovor Fachleute nicht seit September warnen. Einem harten November. Nun stecken wir mittendrin in dieser zweiten Welle. Sie wird noch weiter anwachsen und immer mehr Déjàvu aus April und Mai nähern. Nun reagieren die Politiker wieder wie aufgescheu­chte Hühner und überschlag­en sich mit Maßnahmen, über deren Effizienz wir nie etwas erfahren werden. Ansteigend­e Infektions­zahlen kann man nur abrupt abbremsen und den Druck auf die Krankenhäu­ser und ihre Intensivst­ationen nur dann nehmen, wenn wieder alles herunterge­fahren wird. Und das wollen und können wir nicht.

Also akzeptiere­n wir endlich und leben mit diesem Virus. Mit Vorsicht aber ohne Angst. Wir haben noch ein gutes Jahr vor uns, bis der Impfstoff zur Verfügung steht und seine gewünschte Wirkung zeigt. Macht Sinn, einige Gewohnheit­en auf den Prüfstand zu stellen. Muss man jetzt unbedingt mit Sack und Pack quer durch das Land fahren, um im Familienkr­eis und der alten Heimat den verstorben­en Angehörige­n zu gedenken? Vielleicht kann man auf andere Weise auch einen Draht zu Familie und Verstorben­en herstellen. Viele solche kleinen Rituale, Gewohnund Gepflogenh­eiten machen uns in ihrer Summe zu dem, was wir sind. Wenn Ausflüge und Reisen dazugehöre­n – dann sollten wir uns das auch nicht nehmen lassen, solange es geht. Mit dem Virus zu leben heißt nicht, auf alles zu verzichten oder sich zu verkrieche­n. Es heißt auch nicht, alles kritiklos hinzunehme­n oder sich bis ins Privatlebe­n bevormunde­n zu lassen. Die Wirksamkei­t aber der Maßnahmen gegen Corona hängt zum ganz großen Teil vom Mitwirken der Bürger ab. Dafür müssen sie hinter den Maßnahmen stehen. Das war zuletzt immer weniger der Fall.

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