Corona bremst Erholung
EU-Gelder verzögern sich – Arbeitgeber verweisen auf Kreditlinien – Geld für Kurzarbeit in Aussicht
Madrid – tl. Die zweite Welle der Corona-Pandemie bremst die wirtschaftliche Erholung in Spanien stark. Gleichzeitig verzögert sich der Geldfluss aus Brüssel. 27 Milliarden Euro aus dem CoronaWiederaufbauprogramm der EU sind im Haushalt 2021 aber fest verplant. Und bei den Autonomen Regionen steht die Regierung auch im Wort: Mindestens zehn Milliarden Euro aus dem Programm sollen sie vorzeitig erhalten.
Unterdessen steigt die Staatsverschuldung weiter: knapp 1,3 Billionen Euro im August, 7,3 Milliarden mehr als im Juli. Damit ist bereits im August der Wert erreicht worden, den die Regierung zum Jahresende prognostiziert hat. Alle Kalkulation könnte mit Fortschreiten der Pandemie dahin sein.
Die Regierung will sich noch nicht eingestehen, dass Corona einmal mehr die Wirtschaft ausbremst. Zwar erwartet Wirtschaftsministerin Nadia Calviño für das dritte Quartal des Jahres noch immer ein Wachstum des Bruttoinlandsprodukts (BIP) von 13 Prozent. Aber für das vierte Quartal muss selbst sie einräumen, dass mehr als plus 1,5 Prozent wohl nicht drin sein werden.
Experten rechnen indes mit Schlimmerem: Die US-Bank JPMorgan Chase geht von einem Null-Wachstum aus.
Bislang weisen alle wichtigen Indikatoren im Oktober auf ein mieses Ergebnis im vierten Quartal hin. Die schwache wirtschaftliche Entwicklung könnte auch die Wachstumserwartungen für das kommende Jahr über den Haufen werfen. Im Haushaltsentwurf für 2021 rechnet die Regierung mit einem Plus von 7,2 Prozent. Mit den Geldern aus dem 750 Milliarden schweren Wiederaufbauprogramm wird sogar ein BIP-Wachstum von knapp zehn Prozent erwartet. Wann die Gelder aus Brüssel aber fließen, steht noch in den Sternen.
Aus dem EU-Programm kann Spanien mit rund 140 Milliarden Euro rechnen. Im Entwurf für den Haushalt 2021 sind bereits 27 Milliarden aus den Zuweisungen verplant. Dass die Gelder ab 1. Januar 2021 zur Verfügung stehen, davon ist längst nicht mehr auszugehen. Dabei hatten Spanien und Italien fest mit Jahresanfang gerechnet.
Noch immer ist es zu keiner Einigung gekommen über den EUHaushalt bis 2027, an den das Wiederaufbauprogramm gekoppelt ist. Europa-Parlament, deutsche EU-Ratspräsidentschaft und EUKommission feilschen noch um bestimmte Inhalte. Das EU-Parlament fordert rechtsstaatliche Garantien von Mitgliedsländern, bevor Gelder fließen. Ungarn und Polen drohen daher, die Zustimmung zu verweigern. Einstimmigkeit ist aber gefordert. Vor dem zweiten Quartal 2021 wird der Fonds wohl nicht einsatzbereit sein.
Unterdessen wächst der Druck auf die Regierung, Kreditmöglichkeiten in Anspruch zu nehmen. Finanzministerin María Jesús Montero und Wirtschaftsministerin Calviño hatten für den Etat 2021 und die Finanzplanung bis 2023 bewusst nur mit Zuweisungen aus dem Wiederaufbauprogramm kalkuliert, um die Staatsverschuldung in Grenzen zu halten. Kredite aus dem Programm waren allenfalls für die Finanzplanung bis 2026 anvisiert. Bislang hat Madrid auch noch nicht einmal auf die Mittel aus dem Europäischen Stabilitätsmechanismus (ESM) zurückgegriffen. 24 Milliarden Euro stünden hier als Kredite zur Verfügung. Doch die Verzögerungen in Brüssel zwingen zum Umdenken.
Arbeitgeber machen Druck
So appellierte der Arbeitgeberverband CEOE an die Regierung, nicht nur mit den 70 Milliarden Euro an Zuweisungen zu kalkulieren. Auch auf die 70 Milliarden an Krediten aus dem EU-Wiederaufbauprogramm sollte zurückgegriffen werden, sagte CEOE-Vizepräsident Javier González de Lara und betonte: „Wir sind in Spanien nicht in der Lage, auf irgendwelche Geld zu verzichten“.
Es gibt aber auch gute Nachrichten für Spanien in Sachen Geld aus Brüssel: Spanien, Italien und Polen seien die ersten Staaten, die Mittel aus dem EU-Kurzarbeiterprogramm „Sure“erhalten werden, wie Kommissionspräsidentin Ursula von der Leyen versicherte. Allerdings wurde kein konkretes Datum genannt. Spanien kann immerhin mit 21,3 Milliarden Euro aus „Sure“zur Finanzierung des nationalen ERTEKurzarbeit-Programms rechnen.
Schwache Entwicklung trübt Erwartungen der Wirtschaft