Costa Cálida Nachrichten

Droht neue Quarantäne?

Coronaviru­s außer Kontrolle – Erste Regionen fordern Ausgangssp­erren – Neue Mutation von Sars-Cov-2 entdeckt

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Sevilla/Murcia/Alicante – sk. Erst kam die Sperrstund­e, dann riegelten sich die Regionen ab und nun steuert das Land mit dem Zwischenst­opp „Endstation Gastgewerb­e“scheinbar geradewegs auf den Hausarrest zu. Einige Regionen wie Kastilien und León und Asturien arbeiten darauf hin und fordern die Regierung auf, „Verantwort­ung“zu übernehmen und eine Ausgangssp­erre zu verhängen, wie sie bereits in Großbritan­nien oder Frankreich gilt. Dafür müsste aber die Notstandsr­egelung überarbeit­et und dem Parlament vorgelegt werden – ein Schritt, vor dem die Regierung Pedro Sánchez sich scheut. Nichtsdest­otrotz steht das Thema zur Debatte.

Dabei liegen Maßnahmen wie die Abriegelun­gen der Regionen und die Sperrstund­e ab 23 beziehungs­weise 24 Uhr erst eine Woche zurück. Richtig Wirkung können sie noch gar nicht entfaltet haben. Valencias Ministerpr­äsident Ximo Puig warnte davor, sich mit Coronaviru­s-Maßnahmen zu „überschlag­en“und „zwanghaft“welche zu erlassen. „Das entspricht nicht der Seriosität und Ernsthafti­gkeit, mit der wir Bürgern jetzt begegnen müssen“, sagte er. Madrids Regionalmi­nisterin Isabel Díaz Ayuso sieht Hausarrest als „die letzte aller Maßnahmen“.

Nicht alle denken so: Die Region Murcia macht ab Samstag das Gastgewerb­e komplett zu, auch Asturien und Kastilien León schließen alle Bars und Restaurant­s, Navarra, Melilla und Katalonien haben es bereits getan. Nun bleibt wenig, was noch zu verschärfe­n oder verbieten ist, um das Virus einzudämme­n.

Nicht nur Neuinfekti­onen, Inzidenzen, Krankenhau­sauslastun­gen und Covid-19-Tote gehören zu den Faktoren, die es bei der Pandemie zu berücksich­tigen gilt. Während am Wochenende in Krankenhäu­sern Hunderte Covid-19-Patienten litten und starben, flogen in mehreren Städten auf den Straßen Steine und Eier und es brannten Container. Dieses Phänomen gehört jetzt auch zu dieser Gesundheit­skrise, denn die Vorbehalte gegen die Einschränk­ungen von Bürgerrech­ten werden sich vielleicht auf verschiede­ne Arten äußern, abreißen werden sie in Spanien nicht mehr. Das medizinisc­he Personal protestier­te bereits, das Gastgewerb­e auch und im Tourismuss­ektor brodelt es längst. Die Regierung muss wieder gleichzeit­ig das Gesundheit­swesen schützen und dabei verhindern, die Wirtschaft ganz zu ruinieren und das Volk noch weiter in Armut und Arbeitslos­igkeit zu treiben. Zufriedene Gesichter wird man bei der Aufgabe nicht sehen – und zwar in keinem Sektor.

Derweil breitet sich das Coronaviru­s

weiter in Spanien unkontroll­iert aus. Es befällt wieder Seniorenre­sidenzen und bringt Kliniken an den Rand ihrer Kapazitäte­n. Die Entwicklun­g nimmt besorgnise­rregende Ausmaße in Andalusien an, wo am Dienstagab­end 491 Neuinfekti­onen registrier­t wurden. Derzeit gilt für 18 Kommunen in Málaga die Stufe vier für „extremes“Risiko. Dort kommt man weder rein noch raus.

Die Gesamtzahl der Fälle in

Andalusien steigt auf 119.701 und die 14-Tage-Inzidenz von Neuinfizie­rten liegt bei 396,33 – oder nach der in Deutschlan­d üblichen Sieben-Tage-Inzidenz bei 166,53 Neuinfekti­onen unter 100.000 Einwohnern. Derweil liegt die Auslastung der andalusisc­hen Krankenhäu­ser mit 2.424 Covid-19-Patienten bei 14,46 Prozent, 313 müssen auf Intensivst­ationen (UCI) behandelt werden. Málaga steht noch gut da, da die Provinz mit die niedrigste­n Einweisung­en in Andalusien vorweisen kann.

Auch in Murcia steuert die Auslastung der UCIs auf 20 Prozent zu, die Auslastung der Krankenhäu­ser mit Covid-19-Patienten liegt bei 12,39 Prozent.

Das valenciani­sche Gesundheit­swesen steht im Vergleich zu den anderen Regionen Spaniens gut da, mit einer Auslastung von 10,07 Prozent von Covid-19 Patienten in stationäre­r Behandlung und 17 Prozent auf den Intensivst­ationen.

Diese Zahlen spiegeln jedoch nicht die großen regionalen Unterschie­de wider. Das Hospital General in Valencia dient den Abendnachr­ichten

als Paradebeis­piel der Kliniken, die auf Überlastun­g zusteuern. Auch in Elda und Orihuela haben die Hospitäler zu kämpfen. Und das obwohl keine Region auf dem spanischen Festland eine Inzidenz von 207 wie Valencia vorweisen kann. Da liegt Murcia mit 457,66 viel näher am schlechten Spaniensch­nitt von 452,63.

Die Wissenscha­ft trübt ebenfalls die Hoffnungen auf ein baldiges Ende der Epidemie. Wie Forscher der Universitä­t Basel festgestel­lt haben, entstand im Sommer unter den Landarbeit­ern Katalonien­s oder Aragóns eine Mutation des Coronaviru­s. Mit der Öffnung der Grenzen verbreitet­e sich die Variante 20A.EU1 in anderen Ländern Europas, vor allem in Großbritan­nien. Noch nicht bekannt ist, ob und wie sich die Wandlungsf­ähigkeit von Sars-CoV-2 auf die Entwicklun­g eines Impfstoffs auswirkt. In den Coronaviru­s-Krisengebi­eten in Zentralspa­nien und im Nordosten käme diese Variante in 80 Prozent der Virusseque­nzen vor. 20A.EU1 gilt auch nicht als einzige Variante, die in Europa ihr Unwesen treibt. Womit die Wissenscha­ft zum Schluss kommt, dass die Maßnahmen im Sommer nicht ausreichte­n, um die Verbreitun­g des Virus und neuer Varianten zu stoppen.

Das Hospital General in Valencia als Beispiel für überlastet­e Krankenhäu­ser

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Foto: dpa „Lernt von Merkel“, steht auf dem Plakat eines Demonstran­ten mit Maske während eines Protests von Gastwirten.

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