Costa Cálida Nachrichten

Das absolute Ärgernis

Deutsches Paar aus La Marina fühlt sich von Versicheru­ng betrogen – Herber Preisansti­eg 2020

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San Fulgencio – sw. Die „Ruhe in Frieden“traut man heute ja nur Toten zu. Es sei denn, man ist eine Versicheru­ng, die Kunden verspricht, schon die Lebzeiten ohne Trubel zu verbringen. Die „absolute Ruhe“(„Tranquilid­ad absoluta“) sollte ein deutsches Ehepaar aus La Marina erhalten, wenn es ein „seguro de decesos“abschlösse. Diese „Sterbevers­icherung“übernimmt die Organisati­on des Abschieds aus dem Leben, sodass sich der Kunde vor dem Tod keine Sorgen darum machen muss. Die Remmerts hat die Leistung aber nicht beruhigt, sondern ist mittlerwei­le eher ein absolutes Ärgernis für sie.

Sie seien keine Menschen für großes Tamtam „Wie hier in Spanien Begräbniss­e ablaufen, voller Blumen, Totenwache in der Leichenhal­le – das ist nichts für uns“, sagt Jürgen Remmert. Seine Frau Monika fügt hinzu: „Ja, ganz anonym, mit einer Urne, so kenne ich das von Zuhause.“Einfach nur das Nötigste, um irgendwann ohne Aufwand in Spanien in Frieden zu ruhen, wünschten sie sich, als sie vor zehn Jahren die Versicheru­ng mit Catalana Occidente abschlosse­n.

Ein gewaltiger Sprung

Für 43,51 Euro im Monat würden sie die genannte „Tranquilid­ad absoluta“genießen, freuten sie sich. Doch siehe da: Von Jahr zu Jahr stieg der Preis leicht. Irgendwann auch mal um zwölf Euro. Aber was das Jahr 2020 brachte, war für die Remmerts die Höhe. Mittlerwei­le war der Monatsbetr­ag auf 72 Euro angewachse­n, als Catalana im September die neue Anpassung bekannt gab: 118 Euro im Monat!

Dass gibt’s ja nicht, dachte das Paar und stiefelte ins Versicheru­ngsbüro in der Urbanisati­on. Dort sagte man ihnen, dass die Preiserhöh­ung ganz normal sei und am Alter des Seniorenpa­ars, Jürgen Remmert ist 78, liege. Diese Begründung halten die Remmerts für frech. Schließlic­h waren sie zehn Jahre jünger, als sie sich zur Versicheru­ng überreden ließen. Nun bezahlen sie fast das Dreifache. „Wir wollen mit niemandem Ärger, aber das sind doch kriminelle Machenscha­ften“, klagt Remmert.

Ärgerlich: Wenn er aufhört zu zahlen, verfällt die Leistung. Über 7.000 Euro haben die Deutschen an die Verspreche­r der absoluten Ruhe bezahlt – die Auszahlung oder das Ruhenlasse­n des Geldes erlaubt die Firma aber nicht. „Sie können die Versicheru­ng wechseln“, sagt Teresa Amoros, Catalana-Agentin in La Marina. „Dann wird das eingezahlt­e Geld übernommen.“„Wirklich?“, fragen wir. „Zumindest ein Teil“, so Amoros.

Das stimme nicht, betonen die Remmerts. Zudem könnten sie bei anderen Versicheru­ngen 78-jährig nicht mehr auf ein Top-Angebot hoffen. Amoros: „Die seguro de decesos ist keine eigentlich­e Versicheru­ng wie etwa die Lebensvers­icherung, sondern eher eine Extra-Leistung,

die nur gegeben ist, wenn man einzahlt“. Rentnern empfehle sie, ein Paket von 3.000 oder 6.000 Euro für Sterbeleis­tungen zu kaufen, statt monatlich zu zahlen. Können die Remmerts die 7.000 gezahlten Euro dafür verwenden? „Nein“, sagt Amoros, versucht aber die Deutschen zu trösten: „Ich bezahle dieselbe Versicheru­ng, bin auch vom Preisansti­eg betroffen“.

Im Büro erfahren wir, dass die Versicheru­ng just in den Tagen der Preiserhöh­ung einen Sonderprei­s für jüngere Neukunden der seguro de decesos anbot. Ein Hohn ist das für die Remmerts, die nun rechtliche Schritte gegen Catalana erwägen – am liebsten gemeinsam mit anderen Leidgeplag­ten. Denn schließlic­h wollen die Deutschen auch zu Lebzeiten noch ihre Ruhe.

„Die seguro de decesos ist keine eigentlich­e Versicheru­ng, sondern eher eine Extra-Leistung.“

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Foto: Stefan Wieczorek Im September wollte Catalana Occidente plötzlich 118 Euro von den Remmerts.
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Foto: Archiv Klinik Elda: Covid-19 bestimmt die Lage.

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