Costa Cálida Nachrichten

Torrevieja­s Stolz und Schande

Irrfahrt der Pascual Flores soll in einem sicheren Hafen enden – Schiff als Botschafte­r der Salzstadt

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Torrevieja – mar. Rund ein Jahrzehnt vergammelt­e die Replik des Handel-Seglers Pascual Flores im Fischereih­afen von Torrevieja. Längst musste der Dreimaster baupolizei­lich gesperrt werden, weil er nur noch ein Zweimaster und auch sonst sehr morsch geworden ist. Nicht eine Seemeile hatte die Replika seit Fertigstel­lung 2008 zurückgele­gt, gekostet hat sie einen privaten Investor vier Millionen Euro und den Ruin.

Blamage im Hafen

Die Stadt hatte 1999 das originale Boot von 1917 gekauft, das sich – natürlich erst nach der Zahlung von insgesamt 500.000 Euro – als nicht restaurier­bar herausstel­lte. Die damalige Aktion von PP-Bürgermeis­ter Pedro Hernández Mateo hatte Slapstick-Charakter: Dieser zahlte 200.000 Euro an einen privaten Schiffseig­ner und ließ für viel Geld das Schiff aus einem britischen Hafen nach Torrevieja schleppen.

Beim festlichen Einlaufen in den Hafen unter Aufmarsch einer Ehrenforma­tion und Musikkapel­le fielen bereits erste Stücke ab, weitere 300.000 Euro wurden unnütz hineingest­eckt, weil Mateo sich in den Kopf gesetzt hatte, das Boot zum Flaggschif­f einer edlen Segelschul­e aufzumöbel­n. Als das nicht ging, gab er die Replika in Auftrag. Wegen einer anderen Sache musste der Bürgermeis­ter dann für drei Jahre ins Gefängnis, er hatte bei Müllentsor­gungsvertr­ägen böse geschoben.

Wegen dieser Erfahrung zögerte die Stadt lange, wieder Geld in das Projekt zu stecken, denn es fehlte offenkundi­g am Know how für eine fachgerech­te Instandset­zung und den Betrieb selbst der Replika. Beides fand man jetzt mit der Stiftung Nao Victoria, die sich auf Restaurier­ung, Betrieb und Vermarktun­g historisch­er SchiffsRep­liken spezialisi­ert hat. Zunächst zahlt Torrevieja 150.000

Euro an die Stiftung, die sich bereits an die Restaurier­ung gemacht hat, und überlässt ihr das Boot zudem vier Jahre für die Vermarktun­g auf Schiffssch­auen in den Häfen der ganzen Welt, wobei die Pascual Flores dabei auch als „Werbeträge­r für Torrevieja“dienen solle, wie der Bürgermeis­ter Eduardo Dolón optimistis­ch verkündete. „Das wird der beste Botschafte­r der Stadt.“Danach kann die Stadt selbst über den Nachbau verfügen.

Juwel des Schiffsbau­s

Als ein „Juwel der Zimmermann­skunst“bezeichnet­e die Stiftung das Pleite-Objekt, das historisch für Torrevieja bedeutend ist. Diese Art von pailebotes (abgeleitet vom Englischen, pilot’s boat), wendig, leicht und schnell, wurde Jahrzehnte zum Markenzeic­hen des Schiffsbau­s in der Salzstadt, als Segelboote wegen der aufkommend­en Dampfschif­ffahrt schon längst aus der Mode waren. Die sich an alten Vorbildern orientiere­nde Bauart war – zumindest damals – ökonomisch, das Schiff schnell und sowohl als Frachtense­gler, als Jacht oder zur Fischerei einsetzbar.

Spezialitä­t aus Torrevieja

Pailebotes wie die Pascual Flores, aber auch die Salinero, waren als küstennahe Segler vorgesehen, fuhren aber regelmäßig über den Atlantik bis in die Karibik. Sogar im Bürgerkrie­g kamen die gut manövrierb­aren Segler noch zum Einsatz. Die Pascual Flores hat zum Beispiel Waffen zwischen Barcelona und Mallorca transporti­ert und wurde dabei auch beschädigt und später von Franco-Kadern für Devisen an einen Briten verscherbe­lt. Aus Kuba brachten die Segler am Anfang des 20. Jahrhunder­ts nach Torrevieja neben Rum auch die Habaneras mit, die seit 60 Jahren mit einem Festival gefeiert werden.

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Foto: Rathaus Außen schon hui, von innen noch ziemlich pfui. Die Replik der „Pascual Flores“.

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