Straßenkampf in Spaniens Städten
Frust auf Coronaauflagen – Randale in vielen Städten – Jugend prügelt sich mit Polizei
Madrid – sk. Madrid, Barcelona, Sevilla, Bilbao, Burgos, Alicante, Valencia, Vitoria, San Sebastián, Gijón, Santander: Mehrere, meist unangemeldete Protestaktionen gegen die neuerlichen Restriktionen wegen der CoronavirusPandemie kippten am Wochenende in gewalttätige Übergriffe, Straßenschlachten, Plünderungen und wütende Zerstörung an städtischem Mobiliar um.
Die Polizei geht davon aus, dass es sich bei den verschiedenen Aktionen um voneinander unabhängige Proteste handelt. Wohl versuchten die Rechtspopulisten von Vox politisch Kapital daraus zu schlagen, indem sie Sicherheitskräfte aufforderten, das Versammlungsrecht zu wahren und Linksextremisten zu verhaften. Unter den Randalierern streckten viele den Arm zum Faschistengruß aus. Aber es steht wohl keine homogene Bewegung dahinter. Die Sicherheitskräfte in Barcelona ordneten die Chaoten „extrem rechten Gruppen sowie Teilen der „Szene des Nachtlebens“zu – nach Sprechchören flogen Zäune und Farbbeutel, Müllcontainer brannten. Flaschen, Steine und Pyrotechnik gingen auf die Polizisten nieder. In anderen Städten kam es auch vereinzelt zu Plünderungen.
Soziologen sprechen von urbanen Clans, also von lose strukturierten Gruppen, die über die Sozialen Netzwerke zueinander fanden und ihren Frust gegen die Covid-19-Pandemie und die Einschränkung ihrer Freiheiten an den Sicherheitskräften und öffentlichem Mobiliar ausließen. Gewalt um der Gewalt willen, ausgehend von einer Jugend, die schon jetzt als Verlierer der Krise gilt, deren Zukunft und Perspektiven schwinden, während man von ihnen Solidarität und Opferbereitschaft einfordert.
Unterschwellig stellt man sie auch gerne als Auslöser der zweiten Coronavirus-Welle hin. Das Fernsehen spielt Covid-19-Spots aus mit Inhalten wie „Du warst feiern und jetzt liegt Oma auf der Intensivstation“. Allzu gerne bedienen die Nachrichten die niederen Instinkte einer nach Verboten und Geboten lechzenden Gesellschaft mit Polizeiaktionen gegen Trinkgelage und Treffen junger Leute, die Vorsichtsmaßnahmen außer acht lassen. Man züchtet so einen fruchtbaren Nährboden für Frust und Desillusion heran. Und der hat sich am Wochenende erstmals entladen – wie an einem „ruhigen“1.
Mai in Berlin Kreuzberg. Nicht weiter schlimm – wenn es dabei bleibt, kann Spanien das abhaken.
Hier probte die Generation den Aufstand, die diese Krise wird ausbaden müssen. Es ist eine verlorene Generation. Das stimmt bedenklich. Den wenigsten steht der Sinn nach Straßenkampf. In Logroño räumten Jugendliche die Trümmer der nächtlichen Schlachten weg und putzten die Straßen. „Um ein Zeichen zu setzen, dass wir jetzt zusammenstehen müssen und dass die Jugend nicht schlecht ist“, wie einer der Aktivisten sagte. Die Aktion drang bis zu Ministerpräsident Pedro Sánchez vor, der mit dieser Äußerung Vox in die Schranken wies. „Das sind die Werte der Jugend unseres Landes: Großzügigkeit, Verantwortungsbewusstsein und Einsatzbereitschaft – Werte, die uns als Gesellschaft Größe verleihen.“Warum werden sie dann nie belohnt oder gewürdigt?
Gewalt um der Gewalt Willen ausgehend von einer Jugend ohne Zukunft