Bessere Zeiten für Mieter
Spaniens Mietmarkt in der Corona-Krise: Zwischen Deckelung und Entspannung
Madrid – tl. Eine Deckelung der Mieten in Spanien wird kommen. Die Frage ist nur: wann? Der Koalitionspartner Unidas Podemos hatte seine Zustimmung zum Haushaltsentwurf von einer Regelung abhängig gemacht. Zwar sind die Sozialisten nicht grundsätzlich gegen das Vorhaben, doch hätte man das Thema gerne auf die PostCorona-Zeit vertagt. So ist eine Deckelung der Mieten auch nicht im Haushaltsentwurf enthalten. Beide Seiten verständigten sich aber, eine Regelung für die Mieten parallel dazu anzugehen.
Das Thema Mieten-Deckelung kommt just zu einem Zeitpunkt, in dem sich erstmals seit Langem der Mietmarkt ein wenig zu entspannen scheint. Nicht zuletzt aufgrund der Corona-Pandemie hat das Angebot in großen Städten etwas zugenommen, was Mietern mehr Verhandlungsspielraum bietet, für Vermieter mehr Konkurrenz bedeutet. Laut Immobilienfirmen sanken die Mieten im Jahresvergleich. In Madrid betrug der Rückgang im September zwischen 1,1 und 9,4 Prozent, je nach Berechnungsmethode. In Barcelona gingen die Mieten zwischen 0,1 und elf Prozent zurück. Auch auf den Balearen und den Kanaren wurden sinkende Preise registriert.
In den Regionen mit geringer Nachfrage blieben die Mieten stabil oder bewegten sich mit einer minimalen Tendenz nach oben. Nimmt man allerdings den Durchschnitt, so stiegen die Mieten in Spanien im September noch immer um 0,6 Prozent. Dennoch ist sich Ferrand Font, Direktor für Studien der Immobilien-Plattform Pisos.com, sicher: „Wir stehen kurz vor dem ersten Rückgang der Mieten auf nationaler Ebene.“
Seit 2015 steigen die Preise wegen der starken Nachfrage in Madrid und Barcelona und dem gleichzeitigen knappen Angebot. Zwischen Juni 2015 und Juni 2020 betrug der Anstieg 52 Prozent, wie eine Analyse von Fotocasa ergeben hat. So bezahlten die Spanier Mitte dieses Jahres für eine 80Quadratmeter-Wohnung 866 Euro kalt im Schnitt. Vor fünf Jahren waren es 570 Euro.
Derzeit bremst das hohe Angebot den Anstieg der Mietpreise, das nach Angaben der Immobilien-Plattform Idealist auf nationaler Ebene um 63 Prozent anzog. Die Begründung: Während des Corona-Ausnahmezustands wurden nur wenige Mietverträge geschlossen. Das hatte zur Folge, dass viele Wohnungen frei blieben und es für die jetzt schwer wird, einen Mieter zu finden. Hinzu kommt, dass Neubauwohnungen auf den Markt drängen. Auch die Umwandlung von Ferienwohnungen in dauerhaft vermietete Wohnungen spielt eine Rolle.
Gerade die Umwandlung in Langzeit-Mietwohnungen ist ein Phänomen auf dem Mietmarkt, das in der Corona-Krise verstärkt beobachtet werden kann. „Es ist ein schreckliches Jahr gewesen“, beginnt Tolo Gomila, Präsident des Dachverbands der Vereinigungen für Tourismus-Wohnungen Fevitur. Weil ausländische Urlauber ausblieben, habe die Branche einen
Verlust von neun Milliarden Euro zu verkraften.
Langzeitvermietung drängt sich geradezu als Alternative auf. So sind spanienweit laut Fotocasa bereits 64 Prozent aller TouristenApartments inzwischen dauerhaft vermietet. Um mit einem Touristen-Apartment in Madrid eine ähnliche Rentabilität zu erzielen wie mit einer Langzeit-Mietwohnung ist eine Belegung von 80 Prozent nötig, hat eine Analyse von Alquiler Seguro ergeben.
Was den Wohnungsmarkt anbetrifft, gilt Spanien eigentlich als Land der Eigentümer. Längst vollzieht sich ein Wandel. Nach Daten der Banco de España haben 2005 nur 19,4 Prozent der Bevölkerung zur Miete gewohnt. 2018 waren es 23,9 Prozent. Seit 2013 gewinnt die Mietwohnung an Bedeutung.
„Wir stehen vor dem ersten Miet-Rückgang auf nationaler Ebene“