Ein Strohfeuer im Sommer
Wirtschaft wächst im dritten Quartal um 16,7 Prozent – Trübe Aussichten
Madrid – tl. Die Regierung Sánchez macht gerne einen auf Optimismus. Diesmal übertraf die Realität die Zuversicht aus Madrid: Die Wirtschaft ist im dritten Quartal des Jahres um 16,7 Prozent gegenüber dem vorangegangenen Quartal gewachsen. Ein historisches Plus, wie das Nationale Statistikinstitut (INE) mitteilte. Die Regierung hatte mit 13 Prozent gerechnet. Allerdings kam die Wirtschaft infolge der Corona-Pandemie von tief unten. Das Bruttoinlandsprodukt war im zweiten Quartal um 18,5 Prozent geschrumpft.
Bemerkenswert ist der Aufschwung zwischen Juli und September, weil der Tourismus als Wachstumsmotor ausfiel. Ein Umsatzminus von 70 Prozent musste die Branche verkraften. Dafür zog
DAX 30
die Inlandsnachfrage an. Auch die verarbeitende Industrie, der Investitionssektor, der Konsum sowie die Dienstleistungsbranche erholten sich nach dem Ausnahmezustand stark. Der Arbeitsmarkt spiegelte die Entwicklung wider: 570.000 Arbeitsplätze wurden über den Sommer zurückgewonnen. Für 80 Prozent der Kurzarbeiter war die Überbrückungszeit wieder vorbei.
Bei aller Freude über den Aufschwung: Gegenüber dem dritten Quartal des Vorjahres blieb die Wirtschaftskraft um 8,7 Prozent zurück. Die Wirtschaft konnte nur 59 Prozent des Corona-bedingten Einbruchs wettmachen. Auch die Aussichten für den Rest des Jahres trüben die Bilanz. Die zweite Welle wird die wirtschaftliche Erholung im vierten Quartal abwürgen.
Im Oktober hat die wirtschaftliche Erholung an Fahrt verloren. Der Aufschwung dürfte sich als Strohfeuer erweisen. „Die Aussichten für das vierte Quartal verschlechtern sich rapide und wir könnten einen neuen Rückgang der wirtschaftlichen Aktivität erleben“, sagte Ángel Talavera, ChefAnalyst von Oxford Economics. Der Rückgang werde wohl nicht so stark ausfallen wie zu Beginn des Jahres. Das Wiederaufflammen der Pandemie werde das Wachstum 2021 niedriger ausfallen lassen. „Die wirtschaftliche Erholung
DOW JONES
zurück auf das Vor-KrisenNiveau könnte bis 2023 dauern“, äußerte Talavera.
Unsicherheit bremst Nachfrage
Wie stark sich der Notstand auf die wirtschaftliche Entwicklung auswirkt, lässt sich nicht bemessen. Fest steht, dass die Erwartungen der Regierung zu optimistisch ausgefallen sind. Bei einem Schrumpfen des BIP von elf Prozent wird es nicht bleiben. Auch dass die Wirtschaft 2021 um 7,2 Prozent wächst, dürfte hinfällig sein. „Die Unsicherheit wird die Nachfrage und die privaten Ausgaben bremsen“, sagte Miguel Cardoso von BBVA Research. Sein Institut schraubte die Wachstumserwartungen für 2021 auf maximal plus sechs Prozent herunter.
Im Oktober hat die Erholung an Fahrt verloren
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