Alles in Ordnung?
Gerade im Frühjahr packt viele der Drang, Haus oder Wohnung mal so richtig auszumisten – Tipps rund ums Aufräumen
Vielleicht ist diese Bluse ja in ein paar Jahren wieder modern. Vielleicht passt man dann auch wieder in die Hose, für die es fünf Kilo weniger sein müssten. Dieses Buch weggeben? Nein, irgendwann ist die Langeweile vielleicht so groß, dass man es als Abendlektüre gebrauchen könnte. Und die im Laufe der Jahre gesammelten Kosmetikpröbchen sind auch zu schade zum Wegwerfen.
Sich von alten Dingen zu trennen, fällt vielen schwer. „Es gibt Menschen, für die alle Dinge einen sentimentalen Wert haben. Oft hilft es da, wenn Personen von außen ihnen Tipps geben“, sagt Sofía de Altolaguirre. Die Spanierin ist Professional Organizer – bringt also Ordnung in anderer Leute Lebensräume. Seien es Wohnungen, Häuser oder Büros. Gemeinsam mit ihrer Kollegin Lola Puras führt sie in Madrid das Unternehmen OrdenenCasa (Ordnung im Haus). Und hat dabei offenbar den Nerv der Zeit getroffen. „Ich habe einige Jahre in den USA gelebt, wo das eine ganz normale Dienstleistung war. 2006 haben wir damit in Spanien angefangen und waren allein auf dem Markt. Mittlerweile gibt es auch hier mehrere Anbieter.“
Wie sehr das Thema „Aufräumen“in Mode ist, zeigt auch das Buch „Magic Cleaning: Wie richtiges Aufräumen Ihr Leben verändert“der Japanerin Marie Kondo. Es avancierte in kürzester Zeit zum internationalen Bestseller, die Autorin gilt mit ihren Methoden und dem philosophisch angehauchten Hintergrund mittlerweile als Guru des Aufräumens. Ihr Motto: „Behaltet nur das, was euch wirklich glücklich macht!“
Leichter gesagt als getan, aber dass es funktioniert, hat auch die mittlerweile dreifache Mutter Ana Bermejillo erfahren. „Als ich 2013 mit meinen Zwillingen schwanger war, lebten wir in einer kleinen, vollen 54-Quadratmeter-Wohnung in Madrid.“Bermejillo musste Platz machen, das war klar. „Crear Espacios“(Räume schaffen) war das Buch, in dem sie ihre daraufhin gemachten Erfahrungen und Praktiken weiterempfahl. Die Grundlage, auch bei ihr: sich der Dinge entledigen, die man nicht braucht. „Und die bei anderen besser aufgehoben wären.“
Vorhandenen Raum optimieren
„Die Menschen, die uns kontaktieren, können oft nicht mehr, sie werden der Unordnung nicht mehr Herr“, sagt Sofía de Altolaguirre. „Andere erwarten ein Kind und müssen sich neu organisieren, bei wieder anderen quillt der Abstellraum über oder sie ziehen um.“Meist seien es Paare, bei denen beide arbeiten und die ihre knapp bemessene Freizeit für andere Dinge als fürs Aufräumen nutzen wollen. Menschen, die es gewohnt sind, sich dank externer Dienstleistungen den Alltag zu erleichtern. „Die Wohnungen, vor allem in Städten, werden immer kleiner, da muss man den vorhandenen Raum optimieren“, nennt Altolaguirre einen der Gründe, warum Professional Organizer immer gefragter seien. Dazu kämen die Begleiterscheinungen der Konsumgesellschaft. „Wir kaufen Neues, auch wenn das Alte noch gebraucht werden kann. So häufen sich Dinge an.“
In jedem einzelnen Bereich, den sich Altolaguirre in den Wohnungen ihrer Kunden vornimmt – von Kleidung über Bücher bis zu Badezimmer und alten Fotos –, wird ausgeräumt, kategorisiert, aussortiert und eingeordnet. Beispiel Kleiderschrank: „Nach dem Ausräumen ordnen wir alles nach Kategorien wie Socken, Jacken und Hosen. Anschließend geht es an die Entscheidung, was bleiben darf und was nicht. In dieser Phase sollte der Kunde dabei sein, um typische Fragen zu beantworten wie: „Wann haben Sie das zum letzten Mal getragen?“Altolaguirre ist sicher: „Wenn das fünf bis sechs Jahre her ist, wird es auch in den kommenden Jahren nicht mehr zum Einsatz kommen, es wird auch nicht mehr modern.“Also weg damit, eine andere Person kann vermutlich mehr damit anfangen. „Es sei denn, es hat großen sentimentalen Wert, dann allerdings empfehlen wir, es in einer Kiste für Andenken aufzubewahren, und nicht im Kleiderschrank“, sagt die Professional Organizerin.
Womit beim Aufräumen angefangen wird, sollte jeder für sich entscheiden, allerdings sollte eine Kategorie nach der anderen bis zum Abschluss abgearbeitet werden. Marie Kondo empfiehlt, zunächst alles aus dem jeweiligen Bereich zu sammeln, also alle Bücher aus dem ganzen Haus oder alle Kleidungsstücke aus sämtlichen Schränken zusammenzulegen, und sich bei jedem Gegenstand zu fragen, was man bei ihm fühlt und ob er einem Freude macht. Wenn die Reaktion nicht positiv ist, sollte er verschwinden.