Costa del Sol Nachrichten

Held von 1966

Vor bald 50 Jahren hat Manolo Santana das Wimbledon-Finale gewonnen

- Dietmar Förster Marbella

Der Sieg im Finale von Wimbledon am 1. Juli 1966 markierte den Höhepunkt in der Karriere von Manolo Santana und den Anfang eines Tennis-Booms in Spanien. Der aus ärmlichen Verhältnis­sen stammende Madrilene schaffte es vom Balljungen zur Nummer eins der Welt im Tennis und blieb der Sportart auch als Kapitän des spanischen Davis-Cup-Teams und Direktor des Masters in Madrid eng verbunden. In Marbella, wo er seit 1983 lebt, betreibt er zudem den Manolo Santana Racquets Club, wo auch junge Nachwuchst­alente gefördert werden.

Es war der 1. Juli 1966, als Manuel Santana Martínez zur Tennis-Legende wurde. Im Finale von Wimbledon setzte sich der Madrilene mit 6:4, 11:9 und 6:4 gegen Dennis Ralston durch, nachdem er ein für den US-Amerikaner unerreichb­ares Volley in das Feld gesetzt hatte. Obwohl Manolo Santana, wie man ihn schon seit früher Jugend liebevoll nannte, bereits 1961 und 1964 als Sieger der French Open vom Platz ging und 1965 die US Open für sich entscheide­n konnte und damit wahrlich kein unbeschrie­benes Blatt im Tennis war, machte ihn der Triumph auf dem grünen Rasen im Londoner Vorort endgültig zum Helden. „Entwender gewinnst du jetzt oder nie“, dachte sich der damals 28Jährige und strahlte nach dem verwandelt­en Matchball über das ganze Gesicht. Einmal im Leben Wimbledon zu gewinnen, sei sein großer Traum gewesen, sagt der mittlerwei­le 78-Jährige der CSN, wenige Wochen bevor sich der größte sportliche Erfolg seiner be- eindrucken­den Karriere zum 50. Mal jährt. „Es war wie mit einer schönen Frau – du sprichst sie an oder lässt es bleiben“, beschreibt Manolo Santana sein damaliges Gefühl. „Dieser Tag vor knapp einem halben Jahrhunder­t hat mein ganzes Leben verändert.“Unvergesse­n sei der Moment, als sich die 15.000 Zuschauer von ihren Plät- zen erhoben und Prinzessin Marina, die Herzogin von Kent, ihm den Pokal überreicht­e. Ein Foto von der Siegerehru­ng war am nächsten Tag weltweit in allen großen Zeitungen zu sehen. Als sich der frisch gekürte Champion über die Hand der hohen Dame tief zum Kusse beugte, zog diese hastig den Arm zurück. Die Fotografen drückten genau in diesem Augenblick auf den Auslöser. „Man hatte mir gesagt, dass ein Handkuss für eine Dame Ausdruck von Respekt ist. Aber keiner hatte mich darüber informiert, dass dies nicht auf Mitglieder der englischen Königsfami­lie zutrifft“, erzählt Santana. „So habe ich an diesem Tag gleich zweimal Geschichte geschriebe­n.“

„Dieser Tag vor knapp einem halben Jahrhunder­t hat mein Leben verändert“

In den 1960er Jahren sei Tennis ein Sport für die Elite gewesen, erklärt Manolo Santana. Spanien habe sich in einer politisch und wirtschaft­lich schwierige­n Situation befunden. „Ein Tennisschl­äger kostete damals 1.000 Pesetas, das konnten sich nur ganz wenige Leute leisten, außerdem waren die Clubs so etwas wie eine geschlosse­ne Gesellscha­ft“, sagt die SportLegen­de und ist heute noch erstaunt darüber, dass damals „ganz Spanien vor dem Fernseher saß“und ihn unterstütz­te. Erstmals seit 1954 hatte wieder ein Europäer das Finale von Wimbledon gewonnen, dazu ein Spanier und dann noch auf einem Belag, mit dem Spieler von der iberischen Halbinsel nicht gut zurecht kamen. „Nach meinem Sieg 1966 in Wimbledon sind die öffentlich­en Tennisplät­ze wie Pilze aus dem Boden geschossen, Tennis wurde unheimlich populär“, sagt Manolo Santana.

Dass er im Jahr seines größten Erfolges in einer internatio­nalen Umfrage zum besten Tennisspie­ler der Welt gekürt würde, hätte sich Manolo Santana als kleiner Junge nie träumen lassen. Er wuchs in ärmlichen Verhältnis­sen auf. Um etwas zum Unterhalt der Familie beizutrage­n, arbeitete er als Balljunge im Club de Tenis Velázquez, „ohne daran zu denken, selbst einmal Bälle über das Netz zu schlagen“. Doch dann sei eine Familie, die Mitglied im Club war, auf ihn aufmerksam geworden. „Als mein Vater starb, sprachen sie mit meiner Mutter und boten ihr an, mich bei sich aufzunehme­n“, erzählt Santana. „Sie gaben mir die Gelegenhei­t, vormittags zur Schule zu gehen, das Abitur zu machen und nachmittag­s Tennis zu spielen.“14 Jahre alt sei er gewesen und schnell habe er gemerkt, dass Tennis für ihn der richtige Sport ist. „Kämpfereie­n und körperlich­e Auseinande­rsetzungen waren nicht mein Ding. Da beim Tennis jeder auf seiner Seite ist und es keinen direkten Kontakt mit dem Gegner gibt, war ich sofort begeistert und stand manchmal bis zu fünf Stunden auf dem Platz.“

Weil er, wie er selbst sagt, ein ordentlich­er Kerl“und mit Fleiß und Disziplin bei der Sache war, ließ der Erfolg nicht lange auf sich warten. Nach dem Gewinn kleinerer Turniere wurde er mit 20 Spanischer Meister und spielte fortan als Amateur bei allen großen Turnieren. „Ich war damals allein unterwegs, hatte keinen Trainer“, erinnert sich Santana. „Heute wird jeder Spieler von mindestens zehn Personen begleitet.“Bis zum Jahr 1968 war die Tennis-Welt in Profis und Amateure eingeteilt. Nur Amateure konnten an den wichtigen Turnieren teilnehmen und Preisgelde­r gab es unter der Hand. Der spätere IOC-Präsident Juan Antonio Samaranch hatte dafür gesorgt, dass Manolo Santana Anfang der 1960er Jahre das Angebot eines Profivertr­ags ablehnen und weiter bei den bedeutende­n Turnieren aufschlage­n konnte.

Insgesamt 72 Turniere hat Santana in seiner Karriere gewonnen, davon vier Grand Slams. Ganze sieben Jahre hielt er sich in den Top Ten und wenn er an verpasste Chancen denkt, fallen ihm höchstens die verlorenen Finals im Davis Cup 1965 und 1967 ein. „Natürlich hätte ich auch gerne den Davis Cup mit nach Hause genommen, es sollte aber einfach nicht sein“, sagt Santana. Dafür habe er 1968 bei den Olympische­n Spielen in Mexiko-City den Tenniswett­bewerb gewonnen, der damals als Demonstrat­ionssporta­rt zum ersten Mal seit 1924 wieder Teil des olympische­n Programms war. Der Davis schwebte weiter im Kopf des Tennis-Stars. Nach einem kurzen Comeback als Spieler 1972 und dem Wechsel ins Traineramt – er arbeitete für die Mannschaft von New York in der nordamerik­anischen World Team Tennis-Liga und den Spanier Manuel Orantes – wurde er von 1980 bis 1985 und von 1995 bis 1999 zum Kapitän des spanischen Davis-Cup-Teams berufen.

Kein Tennis ohne Santana

Als Strippenzi­eher hat Manolo Santana auch nach der aktiven Karriere sein Leben voll und ganz dem Tennis gewidmet und steht seit seiner Gründung im Jahr 2002 als Turnierdir­ektor an der Spitze des Masters in Madrid. „Tennis in Spanien ist ohne Manolo Santana undenkbar“, sagte vergangene Woche bei einer Ehrung zum 50. Jubiläum des Wimbledon-Triumphs auch José Bernal, der Bürgermeis­ter von Marbella. In der Tourismusm­etropole ließ sich Santana 1983 nieder.

Sein Freund Björn Borg, ebenfalls eine Tennis-Legende, der drei Monate im Jahr im Tennisclub des Hotels Puente Romano arbeitete, hatte ihm angeboten, die Leitung des Clubs zu übernehmen. Santana fackelte nicht lange und verlegte seinen Lebensmitt­elpunkt an die Costa del Sol. Nach 16 Jahren im Puente Romano wurde er auf eine verlassene Sportanlag­e in der Nähe von Puerto Banús aufmerksam, die er renovieren ließ und als Manolo Santana Racquets Club neu eröffnete. Nicht nur die rund 1.000 Mitglieder können dort Tennis und Pádel spielen, auch Nachwuchst­alente werden gefördert. „Wir arbeiten eng mit der Stadtverwa­ltung von Marbella zusammen und vergeben Stipendien für begabte Kinder und Jugendlich­e“, sagt Santana und versucht selbst, so oft es geht im Club vorbeizusc­hauen. „Ich selbst halte mich mit Gymnastik und Yoga fit. 40 Minuten am Tag stehe ich außerdem auf dem Platz und lasse mir links und rechts die Bälle zuspielen. Dazwischen muss die stets auf dem Boden gebliebene Sportgröße immer wieder Hände schütteln, für ein Foto posieren oder Zeit für ein Schwätzche­n einplanen.

Große Events in Marbella

Längst haben die Marbellero­s Manolo Santana als einen der ihren in ihr Herz geschlosse­n. Er holte nicht nur ehemalige Stars wie Boris Becker und Stefan Edberg zum Nations Senior Cup nach Marbella, sondern machte es dank seiner hervorrage­nden Vernetzung möglich, dass 2008 das Viertelfin­ale im Davis Cup zwischen Spanien und Deutschlan­d in der Stierkampf­arena von Puerto Banús ausgetrage­n wurde. „Die Stimmung war einzigarti­g“, schwärmt Santana von der Veranstalt­ung. Spanien gewann damals mit 3:2 und als der TennisHeld beantworte­n soll, warum das deutsche Tennis seit Boris Becker und Steffi Graf keine absoluten Top-Spieler mehr hervorgebr­acht hat, gibt sich Santana ganz diplomatis­ch. „Ich bin mir sicher, dass in Deutschlan­d alles dafür getan wird, neue Stars aufzubauen.“

Immer im Gedächtnis

Ohne Manolo Santana hätte es in Spanien spätere Spitzenspi­eler wie Carlos Moya, Sergi Bruguera oder Juan Carlos Ferro nie gegeben. Und Rafa Nadal sei ein wahres Ausnahmeta­lent, konstatier­t der Tennis-Förderer. Als der Mallorquin­er im Jahr 2008 – 42 Jahre nach ihm – endlich als zweiter Spanier den Thron in Wimbledon bestieg, und den Triumph zwei Jahre später sogar wiederholt­e, habe er es ihm von ganzem Herzen gegönnt. „Auch für ihn wird Wimbledon immer im Gedächtnis bleiben“, sagt Santana.

Wie jedes Jahr seit 1966 fliegt er nach England, um in der Ehrenloge des Centre Court Platz zu nehmen. „Dadurch dass ich kein Turnier verpasst habe, kommt mir der Sieg vor 50 Jahren so vor, als sei er gestern gewesen.“

1968 gewann Manolo Santana den Tenniswett­bewerb bei Olympia in Mexiko-City

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Fotos: Dietmar Förster (3), dpa (1) Seit 1997 betreibt Spaniens erster Wimbledon-Sieger den Manolo Santana Racquets Club in Marbella.
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Auch mit 78 steht Manolo Santana noch regelmäßig auf dem Tennisplat­z.
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Foto: D. Förster Das Foto mit dem missglückt­en Handkuss für die Herzogin von Kent erinnert Manolo Santana an seinen größten Triumph.
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Der missglückt­e Handkuss für die Herzogin von Kent sorgte für Schlagzeil­en.
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An der Playa del Faro in Marbella gab Santana zum 50. Jubiläum des Wimbledon-Siegs eine Einlage.

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