Ruhe nach Krawallen in Barcelona
Suche nach Lösungen und Vorwürfe gegen die Bürgermeisterin – Polizeichef gibt Fehler zu
Barcelona – ck. Etwa sechs große Gebäude in Barcelona sind besetzt. Sie gehören öffentlichen Trägern, und die suchen nach einer Lösung. Anders sieht es beim Gebäude der sogenannten Banc Expropiat (Enteignete Bank) aus. Seit dem 23. Mai liefern sich Hausbesetzer und Polizisten Straßenschlachten in Barcelonas Stadtviertel Gràcia, weil die katalanischen Polizisten, die Mossos d‘Esquadra, auf richterliche Anordnung die besetzte Bankfiliale räumten.
Die ehemaligen Geschäftsräume der Caixa Catalunya gehören inzwischen einer Immobilienfirma. Im Oktober 2011 wurden die 100 Quadratmeter großen Räume besetzt und seitdem für kulturelle Veranstaltungen genutzt. Seit 2015 bezahlte die Stadt sogar eine stolze Miete von 5.000 Euro pro Monat und die Steuern. Bürgermeisterin Ada Colau verlängerte den Mietvertrag später nicht. Die Staatsanwaltschaft untersucht inzwischen, ob die Mietzahlungen rechtens waren.
Die Besetzer versuchten, die von der Polizei geräumten und zugemauerten Räume zurückzuerobern, und lieferten sich erbitterte Schlachten mit den Beamten. Insgesamt wurden in den ersten drei Tagen 33 Personen verletzt.
Das Vorgehen der katalanischen Mossos d’Esquadra wurde von Anwohnern als übertrieben heftig beschrieben. Sie dürfen seit 2014 keine Gummigeschosse mehr einsetzen, aber PolyurethanSchaumstoff-Kugeln, Foam genannt. Auch Polizeichef Josep Lluis Trapero gab inzwischen zu, der Einsatz von Foam sei ein Fehler gewesen. Aber auch die Hausbesetzer – unterstützt von etwa 50 gewaltbereiten Anarchisten und bewaffneten Guerrilleros – waren nicht zimperlich. Sie attackierten die Polizisten mit vollen Dosen, Steinen und Kübeln mit Wasser, in das Chlor gemischt war, was schwere Verbrennungen hervorrufen kann. Sie zerstörten Container, Motorräder, Ladengeschäfte. Der amtierende spanische Innenminister, Jorge Fernández Díaz, vertei- digte das Vorgehen der Mossos d‘Esquadra.
Bürgermeisterin Colau hatte ihre Sympathien mit den Hausbesetzern nicht verleugnet. Sie wollte ihnen ein anderes Gebäude anbieten, was diese jedoch ablehnten. Colau kommt aus der linken Szene, die gegen die Zwangsenteignungen von Wohnungen protestiert, und hat sich bereits mit der Ortspolizei wegen des Vorgehens gegen afrikanische Straßenhändler angelegt.
Colau wurde im Stadtrat aufgefordert, ihre Funktion als oberste Verantwortliche für Sicherheit abzutreten, da sie nicht in der Lage sei, die Mossos zu unterstützen. Sie selbst sah ein, dass die Ablehnung ihres Vermittlungsangebots von Seiten der Hausbesetzer eine Lösung erschwere. Nachdem das Viertel jetzt wieder zur Ruhe gekommen ist, hofft sie, dass der Bund der Anwohnerverbände Barcelonas vermitteln könnte.
Dieser Bund kritisierte ebenfalls das Vorgehen der Mossos: „Das hat wesentlich dazu beigetragen, das Zusammenleben in Gràcia zu erschüttern“, 2014 war es schon einmal zu heftigen Krawallen in der katalanischen Hauptstadt gekommen. Damals ging es um das besetzte Kulturzentrum Can Vies.
Colau soll ihre Funktion als oberste Verantwortliche für Sicherheit abtreten