Kunst im Dorf
In Genalguacil gehört die Kunst seit Mitte der 1990er Jahre zum Dorfleben – Ende Juli beginnt das beliebte Kunstfestival
In der weit im Hinterland gelegenen Gemeinde Genalguacil gehört die Kunst seit Mitte der 1990er Jahre zum Dorfleben. Ende Juli beginnt das Festival.
Im andalusischen Hinterland gibt es Dörfer, die alle Voraussetzungen und Klischees erfüllen, damit sich Fuchs und Hase dort gute Nacht sagen. Diese Orte scheinen auf den ersten Blick kaum etwas mit dem 21. Jahrhundert zu tun haben. Unzählige Serpentinen, weite grüne Täler und schwer überwindbare Bergketten trennen sie rein geographisch von den Zementsünden an der Küste, der zur Mittelmeerautobahn aufgeblähten Nationalstraße oder der Schnelllebigkeit und dem schnellem Geld im Allgemeinen.
Nicht, dass es diesen Plätzen an Charme mangeln würde, der sie berechtigt, an den Rest der zivilisierten Welt und das Heil bringende touristische Netz angeschlossen zu werden. Wären die Staatskassen nicht leer, hätte man womöglich schon Schnellstraßentrassen durch die fast unberührte Bergwelt gesprengt. „Glück gehabt!“, würden Naturliebhaber spontan sagen. Aber für die Bewohner dieser letzten Enklaven ist die Abgeschiedenheit sicher nicht immer ein Quell der Freude gewesen. Wer hier lebt, muss mit Stille und penetrantem, allgegenwärtigem Vogelgezwitscher zurechtkommen. Und mit einer gewissen Bescheidenheit: Keine gute Verkehrsanbindung, das bedeutet kein moderner Fortschritt, keine glorreichen Einnahmequellen und kaum Jobs, noch weniger hoch dotierte.
Doch Not macht bekanntlich erfinderisch, und Kreativität entwi- ckelt sich auch gerne mal aus dem berühmten Nichts heraus. Sie gedeiht in einem unscheinbaren Kokon, um dann Schmetterlingen gleich in die weite Welt hinauszufliegen. Genau das geschieht in Genalguacil, einem 450-SeelenDorf, das von Marbella nur knapp 30 Kilometer Luftlinie entfernt liegt. Ein Katzensprung, könnte man meinen. Ordentlich aufs Gaspedal getreten, und in einer halben Stunde ist man am Ziel. Doch diese Milchmädchenrechnung geht nicht auf. Wer diesen Ort erobern will, muss mindestens anderthalb Stunden auf schmalen Straßen durchs Gelände kurven. Vorbei an beeindruckenden Abgründen, was nicht jedermanns Sache ist. Der Weg ins Paradies ist kein leichter.
Wer ins Kunstparadies will, muss über schmale Straßen kurven