Wirtschaft
Zentralbank plädiert für eine neue Arbeitsmarktreform und Abbau von Privilegien
Neue Arbeitsmarktreform: Die Banco de España attackiert mitten im Wahlkampf den Zustand des Arbeitsmarkts
Madrid – tl. Mitten hinein in den Wahlkampf platzt die Banco de España mit einer heftigen Attacke gegen den Zustand des Arbeitsmarkts in Spanien. So forderte Zentralbank-Gouverneur Luis María Linde in der vergangenen Woche bei der Vorstellung des Jahresberichts seiner Institution vor dem Zentralbankrat den Abbau des „exzessiven Schutzes“, den Arbeitnehmer mit Festanstellung genießen würden. Es sei nicht verwunderlich, dass Unternehmer sich nur auf Zeitverträge einlassen.
Linde sprach sich deshalb für eine neue Arbeitsmarktreform aus. Ziel müsse es sein, eine Festanstellung von Mitarbeitern so attraktiv zu machen, dass Zeitverträge für Arbeitgeber uninteressant werden. Doch derzeit sei der arbeitsrechtliche Schutz für Festangestellte zu hoch dafür. Rund 90 Prozent aller neuen Arbeitsverträge in Spanien sind zeitlich befristet.
Linde würdigte indes die zurückhaltende Lohnpolitik in den vergangenen Jahren. Deshalb habe die spanische Wirtschaft wieder an Wettbewerbsfähigkeit gewinnen können. Doch dieser Prozess sei noch längst nicht abgeschlossen. In dem Zeitraum zwischen der Einführung des Euro 2002 und 2008 habe Spanien 20 Prozent seiner Wettbewerbsfähigkeit verloren. Zuvor sei dies mit einer Abwertung der Peseta aufzufangen gewesen. Danach nicht mehr.
Die beste Methode, an Wettbewerbsfähigkeit zuzulegen, so Linde weiter, sei eine Steigerung der Produktivität. Dies setze allerdings einen längerfristigen Prozess voraus. So habe man 2008 schnell Preise und Kosten gesenkt. Und die einfachste Art, Kosten zu senken, sei der Faktor Personal. Dies habe damals zu einer Verschärfung der Rezession geführt.
Gleichwohl hat die Kostensenkung laut Linde einen positiven Effekt bewirkt: Die Exportquote der spanischen Wirtschaft sei gestiegen. „Alle verfügbaren Daten weisen darauf hin, dass zwischen 15 und 30 Prozent des Exportwachstums zwischen 2010 und 2015 auf eine Verbesserung der Wettbewerbsfähigkeit zurückzuführen ist“, sagte Linde. Solange Preis und Kosten unter Euro-Zonen-Schnitt bliebe, werde sich der Trend auch fortsetzen.
Hart ins Gericht ging Linde mit den beruflichen Qualifikationen von Unternehmern und Beschäftigten. Spanische Firmenchefs, so der Zentralbank-Gouverneur, seien in der Regel schlechter auf ihren Job vorbereitet als ihre Kollegen in anderen europäischen Ländern. Gleiches gelte für die Beschäftigten hierzulande. Es sei daher dringend nötig, die Berufsausbildung zu verbessern.
Berufliche Fähigkeiten von Unternehmern und Beschäftigten lassen zu wünschen übrig