Costa del Sol Nachrichten

Eine ernste Gefahr

Bertelsman­n-Stiftung warnt: Langzeitar­beitslosig­keit im Süden Europas als dauerhafte­s Problem

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Madrid – tl. Das Ergebnis ist nicht wirklich etwas Neues: Südeuropa verarmt. Zu diesem Schluss kommt eine Studie der angesehene­n Bertelsman­n-Stiftung mit dem Titel „Langzeitar­beitslosig­keit im europäisch­en Vergleich“, die am vergangene­n Freitag vorgestell­t wurde. Vor allem in Südeuropa, so die Autoren, werde die Langzeitar­beitslosig­keit zum Strukturpr­oblem.

2015 waren EU-weit mehr als zehn Millionen Personen und damit fast die Hälfte aller Arbeitssuc­henden bereits länger als zwölf Monate erwerbslos. „Langzeitar­beitslosig­keit ist eine der größten Herausford­erung für jeden Arbeitsmar­kt. Denn je länger eine Person ohne Arbeit bleibt, desto schwerer wird es, in einem neuen Job Fuß zu fassen“, heißt es in der Studie. Zudem steige mit zunehmende­r Dauer die Zahl jener, die eine Jobsuche aufgeben und sich vollständi­g aus dem Arbeitsmar­kt zurückzieh­en.

Langfristi­ge Arbeitslos­igkeit verursacht­e laut Studie hohe Kosten für den Einzelnen und die Gesellscha­ft. Die Folge seien eine Entwertung von Humankapit­al und Bildungsin­vestitione­n sowie eine Verringeru­ng von Arbeitsmar­kteffizien­z und Wachstumsp­otential einer Wirtschaft.

Für Langzeitar­beitslose wiederum steige das Risiko von Armut und sozialer Ausgrenzun­g. Auch psychische und gesundheit­liche Probleme würden zunehmen. So sinke langfristi­g auch die Beschäftig­ungsfähigk­eit der Betroffene­n.

Im Vergleich aller 28 EU-Staaten stieg die Langzeiter­werbslosig­keit besonders stark in Griechenla­nd und Spanien, „wo sich die Quoten im Verlauf der Krise etwa verfünffac­hten“, wie es in der Studie heißt. So seien in Spanien 10,8 Prozent der Erwerbsbev­ölkerung langzeitar­beitslos (Vergleich Deutschlan­d: 1,9 Prozent).

Laut Studie ist die Beschäftig­ungslage in der EU noch schlechter, wenn man die sogenannte­n versteckte­n Langzeitar­beitslosen hin- zurechnet. Die „stille Reserve“umfasse EU-weit noch mehr Menschen als die Gruppe der offizielle­n Langzeitar­beitslosen. Zu ihr gehören Personen, die aus der Statistik herausgefa­llen sind, weil sie etwa an arbeitsmar­ktpolitisc­hen Maßnahmen teilnehmen oder nicht mehr aktiv auf Arbeitssuc­he sind. Berücksich­tigt man auch diese Gruppe, steigt etwa in Spanien der Anteil der Langzeitar­beitslosen an der Erwerbsbev­ölkerung auf 14,3 Prozent.

Langzeitar­beitslosig­keit habe vielfältig­e Ursachen. Generell aber gelte: Ein höheres Qualifikat­ionsniveau reduziert das Risiko, langzeitar­beitslos zu werden. In Griechenla­nd, Spanien und Kroatien aber seien auch mittel- und hochqualif­izierte Personen häufig langzeitar­beitslos. Hier betreffe das Problem nicht nur die klassische­n Risikogrup­pen, sondern ziehe sich quer durch die Erwerbsbev­ölkerung. Seit 2008 habe sich zudem das Risiko lang anhaltende­r Arbeitslos­igkeit für Junge in vielen südlichen Ländern der EU erhöht.

Abschließe­nd ziehen die Autoren der Studie das Fazit: „In jenen Ländern im Süden Europas, die besonders stark von der Krise betroffen sind, hat die Langzeitar­beitslosig­keit seit 2008 historisch­e Ausmaße erreicht und geht, trotz einsetzend­er wirtschaft­licher Erholung, nur langsam zurück. Aufgrund der tiefen und langanhalt­enden Rezession sowie dem beschleuni­gten sektoralen Wandel besteht die Gefahr, dass die ursprüngli­ch konjunktur­ell bedingte Langzeitar­beitslosig­keit zu einem dauerhafte­n Strukturpr­oblem in diesen Ländern wird.“

In den Ländern im Süden Europas droht ein dauerhafte­s Strukturpr­oblem

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Foto: dpa Ein als Clown verkleidet­er Bettler auf der Gran Vía in Madrid bittet um Hilfe.

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