Er kam, aß ein Eis und ging wieder
Es ist schon kurios. In den Sympathieumfragen fallen alle Spitzenkandidaten der großen Parteien generell durch. Nachdem sie eine Regierungsbildung partout nicht zustande bekamen, ist ihr Ansehen sogar auf einen Tiefststand abgerutscht. Und dennoch bereiten ihnen die Bürger jeder beliebigen Stadt, wenn sie im Wahlkampf plötzlich auftauchen, ein publicitywirksames Bad in der Menge, als ob sie umjubelte Popstars wären. Warum? Nur weil sie prominent sind und ständig im Fernsehen auftauchen? Welchen Sinn haben diese Wahlkampftourneen denn überhaupt? Wenn die Kandidaten irgendwo im Lande eine Wahlkampfrede halten, kommen doch eh nur ihre Anhänger, deren Stimmen die jeweilige Partei ohnehin schon sicher hat. Die Wechselwähler, die die Waage in die ein oder andere Richtung ausschlagen lassen könnten, erreichen sie damit nicht. Tausende Kilometer reißen sie in wenigen Wochen runter und wozu? Wenn sie auf einem Platz in Málaga zum Mi- krofon greifen oder in einem Theater in Almería auf die Bühne steigen, weiß man doch vorher schon, was sie sagen werden. Ihre ständig wiederholten Phrasen hat man ja schon zu genüge in den Medien vernehmen können. Den Wahlkampf vor Ort sollten sie besser den lokalen Listenkandidaten ihrer Parteien überlassen. Sollen die sich das ersehnte Mandat doch verdienen. Für die Pfründe die sie im Kongress oder Senat erwarten, könnten sie sich ruhig mal ein Bein ausreißen. Wenn die Spitzenkandidaten wirklich unentschlossene Wähler für sich ge- Stattdessen ziehen die Präsidentschaftsanwärter lieber sinnlos durch die Lande. Wie etwa der bisherige Amtsinhaber Mariano Rajoy der unlängst zwischen zwei Auftritten am Mittag in Roquetas und am Abend in Granada einen kurzen Zwischenstopp in Adra einlegte, um sich dort bürgernah zu geben. Zum Volk sprach Rajoy indes nicht. Er stieg aus dem Auto, schlenderte über einen überfüllten Platz, aß ein Eis und fuhr wieder von dannen. (jan)