Spanien verspielt Gruppensieg
Gegen Kroatien erhältt der Titelverteidiger eine Lehrstunde – Zur „Strafe“jetzt gegen Italien
Bordeaux – dpa/tl. Ivan Perisic verließ das Stadion in Schlips und Anzug – und als gefeierter Mann: Der frühere BundesligaProfi von Borussia Dortmund und des VfL Wolfsburg war bei Kroatiens Coup gegen Spanien bei der Fußball-EM der große Matchwinner. Mit seinem Tor in der 87. Minute zum 2:1 (1:1)-Sieg am Dienstagabend in Bordeaux kürte er nicht nur sein Team zum Gruppensieger, sondern schickte den Titelverteidiger ins Achtelfinale gegen Italien. „Das war eine ganz besondere Nacht für uns. Ich muss meinen Mitspielern und unseren Fans danken“, sagte Perisic, der zum „Man of the Match“gewählt wurde. „Wir sind sehr stolz auf unser kroatisches Team.“
Für die hochgehandelten Spanier gab es hingegen im letzten Vorrundenspiel ein böses Erwachen. Die „Furia Roja“kassierte nach 14 EM-Spielen wieder eine Niederlage und bekommt es nun am Montag (18 Uhr) in ParisSaint-Denis mit dem wiedererstarkten Ex-Weltmeister Italien zu tun. Wenn sich Spanien dann durchsetzen sollte, könnte es im Viertelfinale am 2. Juli in Bordeaux zu einem Aufeinandertreffen mit Deutschland kommen.
Spaniens Trainer Vicente del Bosque stand nach dem späten Schock immer noch der Schweiß auf der Stirn, als er längst im klimatisierten Pressekonferenzraum saß. „Das ist nicht der Weg, den wir uns gewünscht haben“, räumte der 65-Jährige ein und mahnte: „Wir dürfen jetzt nicht den einen oder anderen Schuldigen suchen. Schuld sind wir alle.“
Als ein Sündenbock herhalten muss aber wohl Sergio Ramos: Der Kapitän scheiterte in der 72. Minute mit einem Foulelfmeter an Kroatiens Schlussmann Danijel Subasic. „Ich verschieße lieber in einem Gruppenspiel als im Halbfinale“, meinte Ramos und nahm sich und seine Mannschaft in die Pflicht: „Wir müssen daraus lernen. Jeder Fehler wird bestraft.“
Vor 37.245 Zuschauern hatte Nikola Kalinic mit seinem Ausgleichstor in der 45. Minute Kroatien zurück ins Spiel gebracht, was zugleich das erste spanische Gegentor bei einer EM seit dem 10. Juni 2012 gegen Italien (1:1) und 704 Minuten war. Zuvor hatte Spaniens neuer Torjäger Álvaro Morata mit seinem dritten TurnierTreffer den Favoriten in Führung gebracht (7.). Das reichte aber nicht gegen die leidenschaftlichen Kroaten, die auf ihre angeschlagenen Stars Luka Modric und Mario Mandzukic verzichtet hatten.
In Spanien ist die Furcht vor dem Achtelfinal-Gegner Italien groß. „Ei- ne verdiente Niederlage schickt Spanien auf den schwierigen Weg: die Strecke der Meister“, schrieb die Sportzeitung „Marca“am Mittwoch in Anspielung auf mögliche weitere schwierige Rivalen wie Deutschland, Frankreich und England.
„Mamma mía“, titelte „Super Deporte“mit einem Bild von Kapitän Sergio Ramos nach seinem verschossenen Foulelfmeter. In Italien wiederum hatte die „Gazzetta dello Sport“mit Blick auf den nächsten Kontrahenten die dicke Schlagzeile: „Mamma, La Spagna!“. „El País“urteilte über den Auftritt des ExWeltmeisters: „Spanien bezieht eine schallende Ohrfeige.“
Sergio Ramos: „Ich verschieße lieber in einem Gruppenspiel als im Halbfinale“