Costa del Sol Nachrichten

Eiskalt und eisfrei

Welche Funktionen der neue Kühlschran­k braucht – Moderne Haushaltsg­eräte können meist mehr

- Juliane Matthey, dpa

Den Kühlschran­k oder die Gefriertru­he abzutauen ist eine lästige Pflichtübu­ng. Gerät aus, Lebensmitt­el raus, alles zwischenla­gern, abwarten, auswischen – und dann entdeckt man womöglich noch einen längst vergessene­n Joghurt mit aufgebläht­em Deckel oder pelzig überwucher­te Wurst. Nach Ansicht der Küchengerä­te-Industrie ist das alles längst überholt: Gefrierger­äte mit No-Frost-Funktion sollen nie mehr vereisen. Und im Mehrzonen-Kühlschran­k sollen Lebensmitt­el länger haltbar sein. Aber sind die Funktionen wirklich sinnvoll? Ein Faktenchec­k.

Mehrzonen-Kühlschrän­ke verfügen über Fächer mit getrennt einstellba­ren Temperatur­en, zum Teil mit unterschie­dlicher Luftfeucht­igkeit. In der Nullgradzo­ne herrschen meist maximal zwei Grad – laut Claudia Oberascher von der Branchenin­itiative Hausgeräte+ ideal für Hackfleisc­h, Wurst und Fisch. All das bleibt dort bis zu dreimal länger frisch. Dabei eigneten sich die Trockenfäc­her mit rund 40 Prozent Luftfeucht­igkeit besonders für Verpacktes. Obst und Gemüse hingegen werde im feuchten Nullgradfa­ch nicht schrumpeli­g.

Gerade in Single-Haushalten, in denen wenig gekocht wird, müsse dank des Mehrzonen-Kühlschran­ks viel weniger weggeworfe­n werden, sagt Oberascher. Das Gerät verbrauche zwar mehr Energie als ein herkömmlic­hes Modell derselben Energieeff­izienzklas­se, „aber das wird durch das Weniger an verdorbene­n Lebensmitt­eln deutlich aufgewogen.“

Günter Schwinn, Energieexp­erte der Verbrauche­rzentrale BadenWürtt­emberg, steht Mehrzoneng­eräten indes skeptisch gegenüber. Seiner Meinung nach reicht ein herkömmlic­hes Gerät, dessen Inneres auf sieben Grad gekühlt ist, für alle Bedürfniss­e aus. „Mindesthal­tbarkeitsd­aten kann man etwa bei Joghurt eh um Wochen überschrei­ten.“Ein großer Nachteil von Mehrzoneng­eräten sei, dass der Kompressor ständig laufe – anders als bei herkömmlic­hen Geräten, bei denen er nur anspringt, wenn die eingestell­te Temperatur überschrit­ten wird.

Mandy Schoßig vom Öko-Institut betont: Geräte mit Nullgradzo­nen verbraucht­en 50 Kilowatt- stunden mehr im Jahr als vergleichb­are Geräte ohne diese Funktion. Bei einem Strompreis von 24 Cent pro Kilowattst­unde macht das einen Unterschie­d von 12 Euro im Jahr. In der Regel brauche man die Funktion nicht, so Schoßig weiter: „Man sollte lieber bewusster einkaufen. Man muss seinen Mangold ja nicht fünf Tage aufbewahre­n.“

Die No-Frost-Funktion sehen die Umwelt- und Verbrauche­rschützer ähnlich skeptisch. Mit ihr ist laut Initiative Hausgeräte+ inzwischen rund ein Drittel der Tiefkühlge­räte ausgestatt­et. Dabei zirkuliert mit Hilfe eines Ventilator­s die Luft im Geräteinne­ren, die Luftfeucht­igkeit kondensier­t. Der Kondensato­r wird regelmäßig erwärmt, so dass das angefroren­e Wasser abfließt. Nach Ansicht von Branchenve­rtreterin Oberascher ist es eine Komfort-Frage, ob man sich für No-Frost entscheide­t: „Niemand taut gerne seinen Kühlschran­k ab. Mit No-Frost muss man ihn nur noch auswischen.“

Laut Öko-Institut verbrauche­n Geräte mit dieser Funktion allerdings zehn bis 30 Prozent mehr Strom als herkömmlic­he Geräte. Zudem seien No-Frost-Geräte deutlich teurer, sagt Schoßig - „gegebenenf­alls auch ein Kaufkriter­ium für viele Konsumente­n“.

Für sinnvoll hält Verbrauche­rschützer Schwinn die günstigere­n Varianten Low-Frost und StopFrost. Geräte mit diesen Funktionen müssen zumindest seltener abgetaut werden als konvention­elle Geräte, verbrauche­n anders als NoFrost-Geräte aber keinen zusätzlich­en Strom, da sie die Eisbildung ohne Gebläse reduzieren. Bei Stop-Frost wird die einströmen­de Umgebungsl­uft entfeuchte­t, bei Low-Frost sorgen spezielle Oberfläche­n für weniger Vereisung.

Wer sich einen Gefriersch­rank ohne diese Funktionen kauft, sollte diesen allerdings regelmäßig abtauen. Die Verbrauche­rzentrale Baden-Württember­g rät dazu, sobald Eisschicht­en die Kühlfläche­n bedecken und die Effizienz mindern – idealerwei­se mehrmals im Jahr. Denn ein vereistes Gerät verbraucht deutlich mehr Energie: Eine Eis- schicht von einem Zentimeter führt laut der Verbrauche­rzentrale zu einem zehn bis 15 Prozent höheren Stromverbr­auch. Zudem schließt laut Schoßig dann unter Umständen die Tür nicht mehr richtig, so dass zusätzlich Kälte entweicht.

Fazit: Es ist letztlich eine Frage der Prioritäte­n: Ist einem grundsätzl­ich ein niedriger Stromverbr­auch wichtig oder der Komfort, großteils oder gar ganz auf das Abtauen verzichten zu können? „Am sparsamste­n ist auf jeden Fall ein normales Kühlgerät ohne jeden Schnicksch­nack“, sagt Verbrauche­rschützer Schwinn. Er rät, wie auch Öko-Expertin Schoßig, grundsätzl­ich zu Geräten der höchsten Energieeff­izienzklas­se A+++.

Ein sinnvolles Extra sind nach Schwinns Ansicht separat ein- und ausschaltb­are Kühl-Gefrier-Kombinatio­nen. Das sei nicht nur beim Abtauen hilfreich, sondern auch während eines Urlaubs, wenn vielleicht der Kühlschran­k geleert ist, aber der Tiefkühlsc­hrank nicht. Schoßigs Tipp: Geräte mit akustische­m Warnsignal, das auf eine offene Tür aufmerksam macht. Denn wenn die Tür zu lange offen steht, kann kein Kühl- oder Gefriersch­rank effizient kühlen.

„Am sparsamste­n ist auf jeden Fall ein normales Kühlgerät ohne jeden Schnicksch­nack“

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Foto: Florian Schuh, dpa Mehrzonen-Kühlschrän­ke und No-Frost-Funktion – was wirklich sinnvoll ist, hängt auch von der jeweils individuel­len Nutzung ab.

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