Brexit und die Politik
Ausgang des Referendums in Großbritannien hinterlässt auch in Spanien Eindruck
Madrid – tl. Auch die Politik in Spanien wurden vom Ausgang des Referendums in Großbritannien auf dem falschen Fuß erwischt. Was nicht daran lag, dass sich die Parteien auf einen letzten Wahlkampftag konzentrieren mussten. Vielmehr hatte auch hierzulande keiner so wirklich daran geglaubt, dass die Briten tatsächlich für den Brexit stimmen würden.
Regierungschef Mariano Rajoy nahm die Entscheidung der Briten „mit Traurigkeit“zu Kenntnis, wie er in einer ersten Reaktion auf den Brexit mitteilen ließ. „Dies ist jedoch nicht der Zeitpunkt, neue Ungewissheiten heraufzubeschwören“, ergänzte Rajoy. Der Austritt Großbritanniens sei ohnehin ein Prozess, der zwei Jahre in Anspruch nehme. In dieser Zeit werde sich nichts ändern. Zudem sei Spa- nien mit seine sanierten Finanzsystem für Turbulenzen auf den Kapitalmärkten gewappnet.
Allerdings ließ Rajoy die Gelegenheit des Brexit-Votums zwei Tage vor der Wahl nicht ungenutzt und lancierte einen Seitenhieb auf die Linkspartei Podemos, die sich für ein Referendum in Katalonien zur Unabhängigkeitsfrage ausspricht: „Volksabstimmungen sollte man nur abhalten, wenn es unbedingt nötig ist.“Man dürfe die Verantwortung für schwere Entscheidung nicht auf die Bürger abwälzen.
Gleichzeitig richtete Rajoy an alle Parteien den Appell, sich gemeinsam für eine Stärkung der Europäischen Union einzusetzen. Wie diese Stärkung allerdings konkret aussehen soll, darüber schweigt sich das politische Spanien aus. Auch zu dem Prozedere des Austritt der Briten ist im Gegensatz zu anderen EU-Mitgliedern aus Madrid bislang nichts zu vernehmen.
In Katalonien wiederum fühlten sich die Separatisten vom Brexit-Referendum beflügelt. Sie erneuerten ihre Forderung nach einer Volksabstimmung für die Abtrennung von Spanien. „Die Zeit auch für unser Referendum ist gekommen“, sagte der Vorsitzende des Katalanischen Nationalkongresses, Jordi Sánchez. Auch Landesministerpräsident Carles Puigdemont bezeichnet das Referendum in Großbritannen als „Sieg der Demokratie“.
Dass die Neuwahl am vergangen Sonntag auch unter dem Zeichen des Referendums in Großbritannien stand, wollten die unmittelbar beteiligten Akteure so nicht sehen. Gleichwohl hatten Experten die Überzeugung geäußert, dass der Brexit der Volkspartei (PP) von Rajoy Stimmengewinne bringen könnte, weil Wähler nun in den Konservativen einen Faktor für Stabilität sähen.
Für die Tageszeitung „El País“indes war klar, was zum Brexit geführt hat, und so kommentierte das Blatt entsprechend: „Der Austritt Großbritanniens hat gezeigt, dass es für den Nationalismus keinen besseren Nährboden gibt als die Angst und den Groll.“
„Volksabstimmungen sollte man nur abhalten, wenn es unbedingt nötig ist“