Die Gefahren des Brexit
Spanische Wirtschaft trifft der Ausstieg Großbritanniens aus der EU besonders hart
Madrid – tl. Die Schockwellen. die das Brexit-Referendum weltweit ausgelöst hat, sind noch nicht verklungen, da steht fest: Spanien zählt zu den Ländern in Europa, die vom Ausstieg Großbritanniens aus der EU wirtschaftlich schwer getroffen werden können. Für die Ratingagentur Standar & Poor’s sogar noch schwerer als Deutschland, Frankreich oder Italien.
An erster Stelle wäre sicherlich der Tourismus zu nennen: 15 Millionen Briten haben im vergangenen Jahr in Spanien Urlaub gemacht. Ein Viertel des Geldes, das ausländische Touristen hier im Land lassen, stammt aus Großbritannien. 2015 waren es 14,5 Milliarden Euro.
Dann der spanische Immobilienmarkt, der sich dank der Investitionen von Ausländern gerade erst wieder zu erholen beginnt: Briten stellten 21,34 Prozent der ausländischen Käufer von Häusern und Apartments in Spanien. Vor allem Vertreter der regionalen Immobilienmärkte an der Costa Blanca oder der Costa del Sol haben den Ausgang des Referendums mit Schrecken verfolgt.
Auch Spaniens Exportwirtschaft – allen voran die Automobilindustrie – muss den Brexit fürchten: Im vergangenen Jahr wurde ein Handelsbilanzüberschuss mit Großbritannien erwirtschaft. Waren und Dienstleistungen im Wert von 18,23 Milliarden Euro gingen in das Vereinigte Königreich. Während sich die britischen Exporte nach Spanien auf 12,58 Milliarden Euro beliefen.
Noch gravierender ist das Ungleichgewicht bei den Investitionen. Spanisches Geld im Wert von 62,12 Milliarden Euro wurde 2014 in Großbritannien investiert. Das machte 15,2 Prozent alle spanischen Investitionen weltweit aus. Umgekehrt flossen nur 37,67 Milliarden Euro aus dem Vereinigten Königreich nach Spanien.
Etliche spanischen Konzerne sind in Großbritannien engagiert: Telefónica etwa mit O2. Überhaupt entfallen von der Gesamtsumme spanischer Investitionen in Großbritannien 21,57 Milliarden Euro auf den Telekommunikationssektor. Dicht gefolgt vom Finanzsektor mit 20,34 Milliarden Euro. Die Banco Sabadell beispielsweise generiert nach Angaben der Zeitung „El País“20 Prozent ihrer Einnahmen in Großbritannien. Bei Santander sind es immerhin auch 14 Prozent.
Die Energiewirtschaft ist mit knapp 6,5 Milliarden Euro an den spanischen Investitionen auf der Insel beteiligt. Allen voran der Stromkonzern Iberdrola, der nach der Übernahme von Scottish Power immerhin ein Drittel seines Umsatzes inzwischen in Großbritannien macht. Aber auch einzelne Unternehmen wie der Infrastrukturkonzern Ferrovial, der in Großbritannien unter anderem den Londoner Flughafen Heathrow betreibt, könnten unter dem Brexit leiden.
Bei all der Exponiertheit spanischer Unternehmen wundert es wenig, dass am Freitag nach Bekanntwerden des Ergebnisses pro Brexit die Börse in Madrid crashte. Um 12,35 Prozent gaben die Kurse nach. Am schlimmsten traf es Banken: Santander gab um 20 Prozent nach, Sabadell um 19,3. Auch die Verluste der Touristikkonzerne lagen überdurchschnittlich hoch.
An erster Stelle wäre sicherlich der Tourismus zu nennen