„Falls wir uns nicht wieder sehen – te quiero.“
Die Eintrittskarten für die Alhambra waren nach einigen Hürden bezahlt und die Reise sollte auch schon bald beginnen. Nun blieb nur noch eine Frage offen: Wie kommt man spontan und trotzdem günstig von Huelva nach Granada – ohne eigenes Auto? Nach einer Risikoanalyse am Abend vor der Abfahrt entschieden wir uns für die wohl gewagteste Lösung; unsere erste Fahrt mit einer Mitfahrgelegenheit. Wir legten unser Schicksal in die Hände von Juan. Auf seinem Profilbild blickte er mit einer Mischung aus Charles Manson und Versicherungsvertreter bis auf den Grund meiner Seele. Seine einzige Bewertung bestand aus: „Er geht nicht an sein Telefon. 2 von 5 Sternen“. Angaben bezüglich Alter, Auto oder Beruf waren nirgends auszumachen. Juan betreibt Mixed Martial Arts und besitzt einen Körper, der bereit ist zu töten – zumindest ließ das sein Whatsapp-Foto erkennen. Trocken und bün- dig antwortete er mir, stets bedacht keinerlei Emotionen durchsickern zu lassen. Nach einem kurzen Dialog wurden wir handelseinig. Am Treffpunkt angelangt verabschie- dete ich mich von meiner Freundin mit gemischten Gefühlen. „Falls wir uns nicht wieder sehen – ich liebe dich.“Sie erwiderte nur: „Ihr fahrt ja zu dritt.“Fünf Minuten vor der angekündigten Abfahrtszeit streckte mir ein gedrungener, etwas nervös wirkender junger Mann seine Hand entgegen. Er führte uns zu seinem frisch polierten Seat Leon und half uns beim Einladen des Gepäcks. In den Tiefen des Kofferraums schlummerte eine Gitarre. Erstaunlich schnell kamen wir ins Gespräch. Juan wollte seinen Bruder in Granada besuchen und studierte Kulturwissenschaften. Er erzählte von seiner Leidenschaft für sanfte spanische Popmusik, stellte aber sofort klar: Er höre auch deutsche Musik. Zwar kein Rammstein, aber dafür Stücke des gefühlvollen Rappers mit der Panda-Maske „Cro“. Etwas perplex tauschten wir amüsierte Blicke über den Rückspiegel aus und lauschten den harmonischen Klängen aus dem Radio. Die Anrufe, die auf dem Handy eingingen, beantwortete er in der Tat nicht. Er empfand es als unhöflich gegenüber seinen Fahrgästen. In Granada angekommen konnten wir uns das Lachen dann nicht mehr verkneifen. Man sollte tatsächlich niemanden nach seinem Äußeren bewerten, ohne ihn vorher kennen gelernt zu haben. (sps)