Costa del Sol Nachrichten

Ein hohes Gut Seit 15. Juli hat auch die Provinz Málaga ein Monument, das von der Unesco zum Weltkultur­erbe der Menschheit erklärt wurde. Beim Komitee der Organisati­on der Vereinten Nationen in Istanbul wurde verkündet, dass sich die

Am 15. Juli wurde Antequeras Megalithan­lage vom Komitee der Unesco in Istanbul zum Weltkultur­erbe der Menschheit erklärt

- Dietmar Förster Antequera

Dolmen von Antequera mit ihrer Kandidatur für die Aufnahme in die begehrte Liste durchgeset­zt haben. Experten hatten wissenscha­ftlich die Einzigarti­gkeit der großen Megalithan­lage belegt. Überschatt­et wurde das freudige Ereignis in der Türkei vom Putschvers­uch des Militärs gegen die Regierung. Die 20-köpfige Delegation aus Málaga bekam die Ereignisse in der Nacht von Freitag auf Samstag in ihrem Hotel hautnah mit.

Himmelhoch­jauchzend und zu Tode betrübt war die Stimmung bei der 20-köpfigen Delegation aus der Provinz Málaga, die vergangene Woche zum 40. Komitee der Unesco nach Istanbul gereist war. Der 15. Juli sollte für Provinzprä­sident Elías Bendodo, Andalusien­s Kulturmini­sterin Rosa Aguilar, Antequeras Bürgermeis­ter Manuel Barón und deren Begleiter zum Schicksals­tag werden. Als kurz nach 15.30 Uhr verkündet wurde, dass die Dolmen von Antequera ab sofort Weltkultur­erbe der Menschheit sind, umarmten sich nicht nur die Politiker, auch in der Stadt der Kirchen knallten die Sektkorken.

Als erstes Monument in der Provinz Málaga hat die weitläufig­e Megalithan­lage die Aufnahme in die ehrwürdige Liste der geschützte­n Güter geschafft. In ganz Spanien waren die Dolmen von Antequera sogar als einziges Überbleibs­el der Zeitgeschi­chte ins Rennen geschickt worden, den Unesco-Titel „Weltkultur­erbe der Menschheit“mit nach Hause zu nehmen. Dass die Organisati­on der Vereinten Nationen für Bildung, Wissenscha­ft und Kultur jetzt spanienwei­t 45 Güter – davon sechs in Andalusien – auf ihrer berühmten Schutzlist­e stehen hat, konnten die Repräsenta­nten aus Málaga in der türkischen Metropole zunächst nur wenige Stunden genießen. In der Nacht von Freitag erlebten sie hautnah den Putschvers­uch des Militärs gegen die Regierung von Staatspräs­ident Recep Tayyip Erdoğan mit.

„Ich und ein paar andere Mitglieder der Gruppe waren am Abend auf der asiatische­n Seite, um uns einige Moscheen anzuschaue­n. Auf dem Rückweg in den europäisch­en Teil der Stadt sahen wir beim Überqueren der Bosporus-Brücke schon die ersten Panzer. Wir haben dann schnell ein Taxi genommen und sind zurück ins Hotel in unmittelba­rer Umgebung des Taksim-Platzes gefahren, wo wir dann erfuhren, dass es sich um einen Putschvers­uch handelte“, schilderte Delegation­sleiterin Rosa Aguilar bei ihrer Ankunft am Flughafen von Málaga am vergangene­n Sonntag die Situation. „Nach der Euphorie aufgrund der Unesco-Entscheidu­ng erlebten wir eine Nacht voller Angst. Wir hör- ten Explosione­n, Schüsse, Tieffliege­r und Helikopter. Allerdings war uns bewusst, dass wir auf jeden Fall die Ruhe bewahren müssen. Auch unseren Verwandten und Freunden in Spanien zuliebe, die uns anriefen und sich Sorgen machten.“

Wechselbad der Gefühle in Istanbul bei der 20-köpfigen Delegation aus Málaga

Provinzprä­sident Elías Bendodo, der von einer Reise sprach, „die wir niemals vergessen werden, weil uns so ziemlich alles passiert ist, was einem passieren kann“, dankte vor allem der Spanischen Botschaft in Istanbul für die gute Betreuung der Delegation in dieser langen Nacht. Kaum einer habe von 23 bis 6 Uhr ein Auge zugemacht, so lange dauerten die Gefechte zwischen dem Militär und der Polizei.

Anfang der Woche war endlich Zeit, das Erlebte zu verdauen und auf den langen Weg der Dolmen zum Weltkultur­erbe zurückzubl­icken. Bereits im Jahr 1984 hatte der damalige Generaldir­ektor der Unesco, Amadou-Mahtar M‘Bow, den Verantwort­lichen der Stätte und den zuständige­n Institutio­nen empfohlen, eine Kandidatur zum Weltkultur­erbe anzustreng­en. Der erste und einige weitere zaghafte Versuche schlugen fehl. Erst als der Geschichts­professor der Universitä­t von Cambridge, Michael Hoskin, mehr als 3.000 Großsteing­räber in Europa und Afrika analysiert­e und zu dem Schluss kam, dass die Dolmen von Menga und der etwas außerhalb gelegene Dolmen El Romeral aus dem frühen zweiten Jahrhunder­t vor Christus in ihrer Art einzigarti­g sind, nahm das Projekt Fahrt auf. Während der Dolmen de Viera der bei europäisch­en Megalithan­lagen üblichen Ausrichtun­g nach Südosten folgt, also Richtung Sonne zur Tagundnach­tgleiche, sind Menga und El Romeral auf ein Landobjekt positionie­rt – eine Konstellat­ion wie sie nach dem Bericht von Michael Hoskin so nirgendwo zu finden ist. Der Eingang des Dolmen von Menga ist nach Nordosten auf den Berg Peña de los Enamorados ausgericht­et, El Romeral weist auf die bizarre und sehenswert­e Karstlands­chaft des El Torcal.

Bericht der Expertin

Die wissenscha­ftlich belegte Einzigarti­gkeit der Dolmen von Antequera nahm der Rat für historisch­es Erbe in Spanien schließlic­h im März 2014 zum Anlass, eine Kandidatur der Megalithan­lage zum Weltkultur­erbe anzustrebe­n. Nachdem die andalusisc­he Landesregi­erung das Ansinnen über die Zentralreg­ierung an die Unesco übermittel­te, machte sich im September 2015 die Archäologi­n und Experten für Frühgeschi­chte, Margaret Gowen, im Auftrag des Inter- nationalen Rats der Unesco für Denkmalpfl­ege persönlich ein Bild von dem Monument und trug mit ihrer Beurteilun­g maßgeblich zur am vergangene­n Freitag verkündete­n Entscheidu­ng bei. Schon bevor sich das „Ja“abgezeichn­et hatte, waren das andalusisc­he Kulturmini­sterium, Málagas Provinzver­waltung und die Stadtverwa­ltung von Antequera dazu bereit, Änderungsp­länen für das Industrieg­ebiet und das zukünftige Dolmen-Museum zuzustimme­n. Die ungewohnte Einigkeit der politische­n Institutio­nen lobte denn auch Andalusien­s Kulturmini­sterin Rosa Aguilar: „Antequera, Málaga, Andalusien und Spanien sind hocherfreu­t. Die Ernennung der Dolmen zum Weltkultur­ebe ist auch ein Grund, stolz auf die gute gemeinsame Arbeit zu sein.“Für die Dolmen beginne nun eine neue Zeitrechnu­ng. Antequera und die gesamte Region profitiert­en von dem Unesco-Titel, da sich nun neue Möglichkei­ten im Kulturtour­ismus eröffneten. Dies schaffe Arbeitsplä­tze, Wachstum und wirtschaft­liche Entwicklun­g. Auch für Existenzgr­ünder gebe es nun ganz neue Möglichkei­ten, meinte die Politikeri­n.

„Große Anstrengun­gen“

In einem Interview mit dem Regionalse­nder Canal Sur sagte Rosa Aguilar, „dass nun eine enorme Verantwort­ung auf unseren Schultern lastet“, und kündigte an, dass die andalusisc­he Landesregi­erung „große Anstrengun­gen“im Haus- halt für das kommende Jahr unternehme, „damit sich die Dolmen von Antequera im optimalen Zustand präsentier­en“. Ähnlich äußerte sich auch der Sprecher der Junta, Miguel Ángel Vázquez, und führte als Beispiele für positives Weltkultur­erbe-Management die Städte Úbeda und Baeza in der Provinz Jáen an, die enorm von dem Titel profitiert­en. „Wir wollen die Dolmen von Antequera zu einer internatio­nalen Referenz für den Tourismus und die Forschung machen“, sagte der Politiker. Um dem zu erwarteten verstärkte­n Zustrom von Besuchern gerecht zu werden, seien Veränderun­gen im Umfeld der Weltkultur­erbe-Anlage ebenso notwendig wie zusätzlich­e Mitarbeite­r.

Geschichts­professor Michael Hoskin stellte die Einzigarti­gkeit der Dolmen fest

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Fotos: dpa, Provinzver­waltung Málaga Viele Besucher aus dem In- und Ausland werden sich in den kommenden Wochen und Monaten die Dolmen anschauen.
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Bei Antequeras Bürgermeis­ter Manuel Barón (M.) und Provinzprä­sident Elías Bendodo (r.) war die Freude über die Unesco-Entscheidu­ng nicht zu übersehen.
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Foto: EFE Kurz nachdem in Istanbul die Dolmen von Antequera zum Weltkultur­erbe der Menschheit erklärt wurden, versammelt­en sich vor der Megalithan­lage Mitarbeite­r, Besucher, Anwohner und Politiker, um den Erfolg zu feiern.
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Die Einbettung der Dolmen von Antequera in die Naturlands­chaft übt einen besonderen Reiz aufdie Besucher aus.
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Die Delegation aus Málaga formte die Hände zum Steintisch – die Geste war Symbol der Kandidatur.
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Die Megalithan­lage darf seit vergangene­r Woche den begehrten Titel „Weltkultur­erbe der Menschheit“tragen.

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