Wirtschaft
EU-Kommission will von Spanien zusätzlich zehn Milliarden Euro an Einsparungen einfordern
Brüssel zeigt die Instrumente: Brüssel hat entschieden, dass Spanien aufgrund des Defizits zusätzliche zehn Milliarden Euro einsparen muss. Die Opposition sieht den Sozialstaat in Gefahr
Madrid/Brüssel – tl. Spanien ist nicht Frankreich. Außerdem derzeit ohne entscheidungsfähige Regierung. Aus Brüsseler Sicht ein Leichtgewicht also, an dem man ein Exempel statuieren kann, ohne auf große Gegenwehr zu stoßen. So wird das Land – am 27. Juli, wie die Zeitung „El País“schreibt – wegen der Überschreitung des Haushaltsdefizits von der EUKommission „abgestraft“. Ähnlich wird es auch Portugal ergehen.
Zwar wird das Bußgeld, das gegen Spanien verhängt wird, wohl eher symbolischer Natur sein. Doch das soll keineswegs alles sein, wie am vergangenen Wochenende aus Brüsseler Quellen nach Madrid drang. So will die EU-Kommission von Spanien zusätzlich Einsparungen in Höhe von zehn Milliarden Euro bis 2017 fordern. Darüber hinaus sollen EUFördergelder über 1,1 Milliarden Euro eingefroren werden.
Der Forderungskatalog umfasst aber noch weitere Maßregelungen: Geht es nach dem Willen der EUKommission soll der Haushalt 2017 ein strikter Sparetat sein. Zudem wird die Wirtschafts- und Finanzpolitik zum zweiten Mal innerhalb von vier Jahren unter Brüsseler Aufsicht gestellt und alle drei Monate – von den „Männern in Schwarz“– überprüft. Was die neuen Defizitvorgaben anbetrifft, so lauten sie für das laufende Jahr 3,9 Prozent des Bruttoinlandsprodukts (BIP) und 2,5 Prozent für 2017.
Um die Sanktionen doch noch abzuwenden, hatte der amtierende Wirtschaftsminister Luis de Guindos in der vergangenen Woche eine Erhöhung der Körperschaftssteuer angekündigt. Sechs Milliarden Euro sollen so zusätzlich in die Staatskasse fließen. Außerdem sprach de Guindos von Mehreinnahmen über 2,5 Milliarden, die er mit der Verfolgung von Steuerbetrug und niedrigen Zinszahlungen auf Staatsanleihen zu erzielen gedenkt.
Allerdings genießen die Ankündigungen des Wirtschaftsministers in Brüssel kein sonderlich großes Vertrauen mehr. Noch im vergangenen Jahr hatte de Guindos wiederholt versprochen, dass Spanien seine Defizitvorgabe von 4,2 Prozent erfüllen werde. Herausge- kommen sind 5,1 Prozent. Dass es die Regierung Rajoy im Wahljahr mit Haushaltsführung und Sparbemühungen nicht sonderlich ernstgenommen hat, ist Fakt.
Derweil ist in Madrid das Lamento groß angesichts der drohenden Sanktionen. So wies die Regierung die Forderung aus Brüssel nach der Zehn-Milliarden-Einsparung zurück. Mit dem aktuellen spanischen Wirtschaftswachstum um die drei Prozent glaubt man, den entscheidenden Trumpf in der Hand zu haben im Gerangel mit der EU-Kommission. „Bei diesem Wachstumsniveau muss man gar nicht groß etwas anderes tun. Das Defizit sinkt automatisch um einen Prozentpunkt. Und das sind genau die zehn Milliarden Euro, die gefordert werden“, hieß es aus dem Wirtschaftsteam von Regierungschef Mariano Rajoy gegenüber „El País“.
Die Opposition dagegen sieht den Sozialstaat einmal mehr in Gefahr, sollte es bei den zehn Milliarden an Einsparungen bleiben. Als Alternative schlug der wirtschaftspolitische Sprecher der PSOEFraktion im Parlament, Pedro Saura, „eine tiefgreifende und glaubhafte Steuerreform“vor sowie Neuverhandlungen mit Brüssel über die Defizitvorgaben. „Die Regierung Rajoy jedenfalls ist unfähig, die öffentlichen Kassen zu sanieren und die wirtschaftliche Stabilität des Landes zu garantieren.“
Die Opposition dagegen sieht den Sozialstaat einmal mehr in Gefahr