Altes Handwerk
Vor 3.000 Jahren produzierten die Phönizier bereits Kunstprodukte
Wenn man sich mit der Geschichte Andalusiens befasst, wird man unweigerlich auch mit der Geschichte der Römer und Mauren konfrontiert. Kaum jemand spricht jedoch über eine Volksgruppe, die bereits vor den Römern und Mauren exis- tierte: die Phönizier. Sie waren Handelsleute und begnadete Seefahrer, die sich in Andalusien ausgebreitet hatten. An den Küsten der Axarquía wurden in den vergangenen 200 bis 300 Jahren zahlreiche Ausgrabungen gefunden, die die Existenz einer Handelsroute der Phönizier in Andalusien beweisen. Nun soll diese Route über die sogenannte „Carta de Jaén“in die europäische Organisation „Rotta dei Fenici“aufgenommen werden.
Redet man über die Geschichte Andalusiens, landet man unweigerlich auch bei der Geschichte der Römer und Mauren. Relativ wenig Informationen sind jedoch über die Phönizier bekannt, obwohl diese bereits lange vor den Mauren und Römern in Andalusien gelebt hatten.
Zirka 1.000 vor Christus siedelten sich die aus dem östlichen Mittelmeer stammenden Phönizier in Andalusien an. Sie entwickelten zahlreiche kunstvolle Produkte wie Tafelgeschirr, Elfenbeinschnitzereien sowie kunstreiche Metallwaren und trieben intensiv Handel damit. Um eine gute Verbindung zu anderen Staaten und Großreichen zu haben, breiteten sie sich über mehrere Jahrzehnte um die Straße von Gibraltar herum aus. Von dort aus konnten sie problemlos zahlreiche Mittelmeer-Städte sowie den Norden Afrikas erreichen, um ihre Handelsbeziehungen auszubauen.
Besonders in Vélez-Málaga, im östlichen Teil der Costa del Sol, wurden seit 1792 Überreste zahlreicher phönizischer Handelsprodukte sowie Bau- und Kunstwerke gefunden. Im Ortsteil „Los Toscanos“zwischen Almayate und Torre del Mar haben Archäologen Schmiedeisen, Kupferwerke und die Schalen von Weichtieren gefunden, aus denen die Phönizier früher Schreibtinte gewannen. Weiter den Río Vélez entlang in Richtung Cerro del Mar haben die Archäologen die Grabstätte „Necrópolis de Jardín“aus der Zeit der Phönizier freigelegt. Beide Fundorte sind heute beliebte Ziele von Schulgruppen. Archäologen gehen davon aus, dass auch die Provinzhauptstadt Málaga von den Phöniziern gegründet wurde. Der Name Málaga, damals als „Malaka“bezeichnet, leitet sich wahrscheinlich von dem phönizischen Wort für Salz ab, das damals in großen Mengen benutzt wurde, um geangelte Fische in der Nähe des Hafens zu salzen.
Die Phönizier breiteten sich aus
Der Glaskünstler Manolo Domínguez, der seit knapp vier Jahren das Projekt Artesanía Axarquía leitet und jedes Jahr in der Sommersaison einen dreimonatigen Handwerksmarkt in Torrox Costa sowie Torre del Mar organisiert, will beweisen, dass die Glaskunst in direktem Zusammenhang mit den Phöniziern steht. „Wir stellen Glasreplikate her, so wie sie da- mals von den Phöniziern produziert wurden. Auf unseren Handwerksmärkten in Torrox Costa und Torre del Mar verkaufen wir die Kunstwerke schließlich“, sagt Domínguez. „Auch kostenlose und regelmäßige Workshops bieten wir an, durch die die Besucher der Handwerksmärkte sehen können, wie Glasprodukte damals mit verhältnismäßig einfachen Mitteln erstellt werden.“
Vor einem Jahr schloss Artesanía Axarquía schließlich einen Vertrag mit der KunsthandwerksKammer von Marrakesch, nachdem Archäologen bei Ausgrabungen auch dort phönizianische Pro- dukte aus dem Jahr 500 vor Christus nachgewiesen hatten. „Seitdem unterstützen wir uns gegenseitig bei Übersetzungen von Texten und Planungen von Projekten. Dafür haben wir die aus Kinitra stammende Jamila Chennaoui zu Gast in Vélez-Málaga“, erklärt Domínguez. „Durch die phönizischen Gemeinsamkeiten der Stadt VélezMálaga in Andalusien und dem Dorf Kinitra in Marrakesch, kam außerdem die Idee auf, eine Partnerschaft zwischen den Gemeinden zu schließen.“
Mit vorbereiteten Unterlagen, die jede Menge ökonomische, geschlichtliche, geografische, kulturelle und landwirtschaftliche Informationen und Daten beinhalten, wirbt Domínguez seit bereits einem Jahr bei zahlreichen Amtsträgern und öffentlichen Stellen wie dem Rathaus von Vélez-Málaga,
Die Provinzhauptstadt Málaga wurde von den Phöniziern gegründet
der spanischen Botschaft und verschiedenen Konsulaten, um eine Partnerschaft der Gemeinden zu erwirken. „Unsere Unterlagen beweisen, dass Vélez-Málaga und Kinitra viele Gemeinsamkeiten haben und eine Partnerschaft der Gemeinden deshalb von großem Vorteil für beide Ortschaften wäre“, stellt Domínguez fest. Während der jahrzehntelangen Forschung haben Wissenschaftler eine Route entdeckt, die durch die Phönizier regelmäßig benutzt wurde, um Handel zu betreiben – überwiegend mit Öl. Diese Route verlief zwischen Cádiz, Málaga und der nordafrikanischen Provinz Banasa, so der Leiter des Projektes Artesanía Axarquía. „Wir wollen die Geschichte der Phönizier in der Axarquía bekannt machen. Denn deren Kultur ist schließlich auch die Basis unserer Kultur.“
„Wir haben während unserer Forschung die Organisation
(dt.: Die Route der Phönizier) entdeckt. Sie wurde in Italien gegründet und untersteht dem europäischen Rat und der WeltTourismus-Organisation. Man kann sich in diese Organisation eintragen lassen. Das hätte große Vorteile für die Gemeinde VélezMálaga. Sie würde dadurch nämlich weltweit bekannt werden“, so Domínguez.“
Die Organisation veranstaltet jedes Jahr verschiedene themenspezifische Events. In diesem Jahr geht es um die „ Route der Seide“. Alle Ortschaften, die in der Organisation gelistet sind und zur Zeit der Phönizier etwas mit Seide zu tun hatten, werden automatisch in den Veranstaltungsplan der Organisation mit einbezogen. Im Moment umfasst das Ortschaften aus insgesamt zwölf mediterranen Ländern. Eine Aufnahme in die Organisation könnte für VélezMálaga bedeuten, dass Reisen in die Axarquía-Gemeinde speziell gefördert würden. „Deshalb wäre es super, wenn Vélez-Málaga noch in diesem Jahr aufgenommen werden könnte“, sagt Manolo Domínguez. Denn dann könne die Gemeinde schon dieses Jahr von den Benefits der europäischen Organisation profitieren. Die Registrierung in die Organisation ist möglich über eine vorherige Eintragung in die sogenannte (dt.: Die Karte von Jaen). Dabei handelt es sich um ein Dokument der Universität von Jaen, in das man sich für wirtschaftliche, kulturelle und touristische Hochschul-Forschungszwecke eintragen lassen kann. „Über diese Carta de Jaen haben wir die Möglichkeit, in die Organisation aufgenommen zu werden und von den europäischen Förderungen zu profitieren“, erklärt Domínguez. „Deshalb stehen wir mit dem Rathaus von Vélez-Málaga in engem Kontakt, um unser Projekt von öf- fentlicher Stelle genehmigt zu bekommen und den Eintrag in die
zu erhalten. Und meiner Meinung nach stehen wir kurz vor den Vertragsabschlüssen. Alle an diesem Projekt zusätzlich beteiligten Instanzen, also die As- sociación Artesanos, Abda und das Rathaus von Vélez-Málaga scheinen einverstanden damit zu sein, die gemeinsam zu unterschreiben. Spätestens Ende des Sommers sollten wir in das Dokument eingetragen sein.“
Jeder spreche fast ausschließlich über die römische oder maurische Geschichte, meint Domínguez. Niemand aber erwähne die Phönizier. „Die phönizische Geschichte ist jedoch sehr wichtig, weil sie unbekannt ist. Dennoch hat sie das andalusische Leben stark geprägt. Vieles aus der Zeit der Phönizier haben wir in unsere Kultur mit übernommen. Deshalb ist es wichtig, auch über diesen Teil der Geschichte zu berichten.“