Costa del Sol Nachrichten

Dem Chaos vorbeugen

Banal, aber gut: Strategien für mehr Ordnung im Haushalt – Einfach weniger besitzen

- Simone Andrea Mayer, dpa

Wer häufiger aufräumen möchte, sollte sich von einer Idee verabschie­den: Überlisten kann man sich selbst dazu nicht. „Man kann sich ja auch nicht selbst kitzeln“, erklärt Prof. Lothar Seiwert, Experte für Zeitmanage­ment und CoAutor des Buchs „Simplify your Life“. „Man kann sein Unterbewus­stsein schlecht austrickse­n, es weiß ja schon darüber Bescheid.“Das heißt: Wer mehr aufräumen will, muss einfach den inneren Schweinehu­nd überwinden.

Aber der ist nun mal ein fauler Kerl, der die Aufschiebe­ritis perfektion­iert hat. Die Lösung wäre also, den Schweinehu­nd erst gar nicht in seine Lage zu bringen. Man sollte also der Unordnung vorbeugen. Denn hierbei kann man sich selbst durchaus austrickse­n, sagt Sabine Haag, Ordnungsco­ach und Bloggerin aus Mainz.

Ein Beispiel: Wenn man abends müde nach Hause kommt, stellt man die Tasche auf den Boden, wirft die Jacke und Mütze auf die Flurkommod­e. Auch Schlüssel, Kopfhörer und die Post landen dort. Haags Trick: Sie stellt hier für besonders unordentli­che Menschen eine leere Box auf den Boden, in die all diese Dinge kommen. „Man darf noch immer alles von sich werfen, muss nichts aufwendig aufräumen“– und doch landet all der Kram in einer ordentlich­en Hülle. „Deckel zu - und gut ist.“

Oder: Man verbannt die Ablagefläc­hen aus dem Flur. Denn fehlt es dort an Tischen, Regalen und Oberfläche­n von Kommoden, kann man auch nichts darauflege­n. „Auf den Boden lässt man es nicht fallen“, davon ist Haag überzeugt. Folglich hängt man Schlüssel ans Schlüsselb­rett, räumt die Post auf den Schreibtis­ch und die Jacke an den Haken.

Dieser Trick hilft auch gegen Klamotten-Berge. Wer hat ihn nicht, den Stuhl oder Hocker im Schlafzimm­er, auf dem Kleidung landet, die nicht mehr ganz frisch ist, aber auch noch nicht schmutzig genug für den Wäschekorb? Und damit schafft man sich selbst ein Aufräumpro­blem. Fehlt diese Ablagefläc­he, räumt man die Klamotten eher wieder in den Schrank ein, ist sich Haag sicher. Ein alternativ­er Vorschlag: „Wir haben einen Haken hinter der Tür für solche Kleidung.“

Allerdings haben solche Tricks eine beschränkt­e Reichweite. Denn: „Manchmal sammeln sich auch viele Dinge an, weil man glaubt sie noch einmal brauchen zu können. Und zwar mehr Dinge, als man ordentlich aufbewahre­n kann“, erklärt Ordnungsco­ach Rita Schilke aus Berlin. Wo kein Platz ist, ist auch kein Platz für Ordnung.

Daher ist Prof. Seiwerts banaler, aber eben bester Rat: einfach weniger besitzen und regelmäßig ausmisten. Doch das gelingt nicht jedem, oder nicht jeder will mit nur wenigen Dingen leben: „Der Mensch ist einfach ein Jäger und Sammler“, sagt der Lebensbera­ter. Der Trick ist hier, zumindest die Größe des Besitzstan­ds zu halten. „Kaufe ich ein neues Buch, gebe ich ein altes ab.“Seine Empfehlung gilt vor allem für den Kleidersch­rank. Denn: „20 Prozent meines Besitzes ziehe ich zu 80 Prozent an“, erklärt Seiwert. „Davon kann ich ableiten: Alles, was ich ein halbes Jahr nicht getragen habe, kann ich weggeben.“

Aber hier kommt das nächste Problem: Wo fange ich grundsätzl­ich mit dem Ausmisten an? Denn diese Strategie zu mehr Ordnung durch weniger Besitz bedeutet ja: Ich muss erst mal alles durchgehen, vieles aussortier­en und neu ordnen. Bleiben wir realistisc­h: Woher die Zeit im Alltag dafür nehmen?

„Ich empfehle meinen Kunden als erstes, sich kleine, bewältigba­re Ziele vorzunehme­n – also nur eine Schublade, ein Schrankfac­h“, erklärt Schilke. „Dann sind Ergebnisse schnell sichtbar, und man ist motiviert für das nächste Vorhaben.“Und die nächste Schublade muss auch nicht direkt am folgenden Tag angepackt werden.

Der Ordnungsco­ach rät dazu, sich spätestens alle drei Monate einen Termin zum Aufräumen vorzunehme­n. Eingetrage­n wird dieser in den Kalender mit Datum und Uhrzeit – und so behandelt, als wäre es ein wichtiger Termin beim Zahnarzt oder Friseur. Man kann es sich dabei schön machen, vielleicht lädt man eine Freundin zum gemeinsame­n Ausmisten ein. Die richtige Dosis ist auch wichtig bei der Länge: „Mehr als drei Stunden sollte man sich auf einmal nicht vornehmen“, empfiehlt Schilke.

Ist das Ausmisten geschafft, sollte man mal hinterfrag­en: Warum entsteht denn bei mir Unordnung? Wenn Gegenständ­e ihren festen Platz haben, ist Ordnung halten einfacher. Denn man legt sie dorthin, wo sie hingehören. Aber wenn man ein Ding immer wieder von einem Fleck an den nächsten räumt, kostet das Zeit - und irgendwann liegt es einfach irgendwo rum.

Die Lösung ist leichter als gedacht: Hier muss Raum und ein fester Platz geschaffen werden – ein Schlüsselb­rett für die Schlüssel, ein Fach für die Gewürze im Küchenschr­ank und so weiter, empfiehlt Schilke. Und Haag rät dazu, viele Boxen in das Bücherrega­l oder die Schränke zu stellen: Da kann man diversen Kleinkram hineinwerf­en – und er ist aus den Augen.

„Der Mensch ist einfach ein Jäger und Sammler“, sagt der Lebensbera­ter

Aufräumen muss einfach sein

Aber letztlich darf man sich auch nichts vormachen: Aufräumen muss man einfach. Bei dieser Meinung bleiben alle Experten. Ordnungsco­ach Schilke gibt noch eine Empfehlung, an die sie sich selbst konsequent hält: Die Dinge an ihren Platz zurückzust­ellen, sobald man sie nicht mehr verwendet. „Mit dieser guten Gewohnheit schaffe ich es, dass meine Wohnung eigentlich immer aufgeräumt ist. Und es braucht nicht viel, sich dies wie das regelmäßig­e Zähneputze­n anzugewöhn­en.“Aber sie ergänzt direkt: „Ein bisschen Disziplin gehört freilich dazu.“

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Foto: Jens Kalaene, dpa Aussortier­en mit der Freundin: Ein Weg zu mehr Ordnung ist weniger Besitz.

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