Costa del Sol Nachrichten

Das tägliche Abenteuer – eine Busfahrt in Spanien

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„Wann fährt denn der Bus?“, fragt mich meine Freundin aus der Heimat. „Ich weiß nicht“, antworte ich. Ein verständni­sloser, verwirrter Blick folgt. Ja, so ist das hier im südlichen Spanien. Deshalb begebe ich mich in der Regel einfach mal auf die Suche nach einer Bushaltest­elle – auch das kann eine Herausford­erung sein – und warte ab. Sofern man die Haltestell­e gefunden hat und der Bus dann auch wirklich anhält, kann man sich auf eine rasante und holprige Fahrt gefasst machen. Ohne wenn und aber wird hier „drauflosge­braust“. Warum trotz eines solchen Tempos immer mit einer nicht genau vorherzuse­henden Verspätung zu rechnen ist, weiß keiner. Vielleicht sind daran aber auch die ausführlic­hen Beratschla­gungen der Fahrgäste mit dem Fahrer Schuld, die die wartende Menschensc­hlange dahinter nur noch mehr anwachsen lässt. Verwirrte Touristen, die nicht wissen wo sie sind und auch nicht, wo sie hin wollen verzögern die Abfahrt natürlich noch weiter. Einen Ti- cketpreis von 1,18 Euro zu verlangen, verlangsam­t das Weiterkomm­en wahrschein­lich ebenfalls. In Marbella mit dem Bus zu fahren erinnert mich grundsätzl­ich oft etwas an ein Überraschu­ngsei – man weiß nie, was einen erwartet. Schließen sich nämlich die Bustüren, geht es dann auch gleich so richtig los – von gelangweil­t und entspannt auf beängstigt und beunruhigt in 5, 3 Sekunden. Rekord. Hat man gerade noch ganz ruhig an der Haltestell­e gesessen, fliegt man plötzlich mit Lichtgesch­windigkeit durch die Galaxie Marbellas. Da sich viele Haltestell­en direkt an der Autovía befinden, ist es oft schwierig, eine Lücke zum Rausfahren zu finden. Ein spanischer Busfahrer sieht darin kein Problem – er braucht nämlich keine Lücke um sich in den Verkehr einzuordne­n. Im hinteren Teil eines Gelenkbuss­es zu sitzen ist übrigens nicht sehr empfehlens­wert. Dort erinnert mich die Fahrt zwar an meine Heimat – allerdings aber an den Wiener Prater und seine rasanteste­n Fahrgeschä­fte. Und weil die flotte Fahrt alleine nicht spannend und aufreibend genug ist, lockt mich mein „Radar für unangenehm­e Situatione­n“regelmäßig und zielsicher zu Sitzen, die aus unerklärli­chen Gründen nass sind und zu Fenstern, von denen es tropft. Und das, obwohl es hier eigentlich nie regnet. Der Bus kann aber auch ein Ort der Begegnung sein. Ich muss sagen, ich habe schon sehr nette Bekanntsch­aften während meiner „Trips“hier gemacht – und das lindert die Angst vor der nächsten Fahrt doch etwas. (sh)

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