Wenn die Wohnung als Geisel genommen wird
Organisierte Besetzer wechseln Schlösser aus und lassen Eigentümer nur gegen Geld wieder rein
Barcelona – ck. Es sind keine Einzelfälle mehr, in denen Großfamilien ein leerstehendes Landhaus besetzen, den Strom anzapfen und dort viele Monate lang leben, bis die eigentlichen Besitzer sich durch die Instanzen gekämpft haben und ihr Eigentum zurückerhalten. Die Zeitung „El País“berichtet von einem neuen Delikt, das in ganz Spanien, vor allem aber in Katalonien beobachtet wird und pro Jahr um 15 Prozent zunehmen würde. Besetzer nehmen Wohnungen als Geiseln.
Die Wohnungseigentümer fahren in die Ferien, organisierte Banden schicken jemanden in die Wohnung, der wechselt die Schlösser aus und lebt dort, bis die Besitzer zurückkehren. Er tut das nicht, weil er keine Wohnung hat und auf der Straße lebt, sondern weil er die Besitzer erpressen will. „Es ist surrealistisch. Sie führen ein ganz normales Leben, kommen und gehen – aber in der Wohnung von jemand anderem. Und die Polizei macht nichts“, wird eine Nachbarin zitiert. Wenn sich der Besitzer wehrt und die Wohnung betritt, begeht er Hausfriedensbruch. Wenn er Wasser und Strom abstellt, wäre das Immobilienmobbing, sagt der Anwalt Toni Garriga.
Wer anzeigt und klagt, muss sich auf monatelange Verhandlungen vorbereiten. Das wissen die Besetzer und fordern ein Lösegeld. Inzwischen florieren Agenturen, die sich um die Vermittlung zwischen Besitzer und Besetzer kümmern. Diese Firmen gehen bisweilen mit rabiaten Methoden vor und genießen deshalb keinen besonders guten Ruf. Nachbarn und Opfer besetzter Wohnungen verteidigen sie aber als einzige Lösung.