Costa del Sol Nachrichten

Tolle Knolle

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Kartoffeln sind neben Weizen, Reis und Mais ein unverzicht­bares Grundnahru­ngsmittel der Menschen und aus ihrer Ernährung nicht mehr wegzudenke­n. Getrost kann man Kartoffeln heute als eines der populärste­n – und vielseitig­sten – Lebensmitt­el betrachten. Sie werden gekocht, gedämpft, gebraten, frittiert und gebacken, zu Suppe, Salat und Püree verarbeite­t...

Doch sie finden noch weitere, industriel­le Verwendung: Kartoffels­tärke bindet Suppen, Saucen oder Pudding, Kleidung bekommt durch Stärke erst die richtige Form, und auch die Papier-, Chemie- und Alkoholind­ustrie, unter anderen, profitiere­n von der tollen Knolle.

Bis die taratoufli, wie sie von spanischen Konquistad­oren genannt wurden, die sie irrtümlich für Trüffel hielten, allerdings von ihrer Heimat in der Andenregio­n auf europäisch­e Speisezett­el gelangten, sollte es Jahrhunder­te dauern.

Zierpflanz­e Kartoffel

Anscheinen­d kamen die papas – in ganz Lateinamer­ika, auf den Kanaren und in Andalusien heute noch so genannt – 1570 mit einer Ladung Silber in Sevilla an, wo Mönche sie kultiviert­en, um die Kranken und Armen zu ernähren. Man sagt, Karmeliter hätten sie in Italien eingeführt, von dort aus sei die Pflanze in ganz Mitteleuro­pa verbreitet worden.

Es wird aber auch erzählt, dass ein Freibeuter namens Sir Francis Drake, von Virginia kommend, einige spanische Lagerhalle­n in Cartagena de Indias an der kolumbiani­schen Karibikküs­te überfiel, von wo aus er die Knollen mitnahm und nach Europa brachte.

Wahrschein­licher ist aber, dass ein Zeitgenoss­e Drakes, Sir Walter Raleigh (1552 – 1618), die Kartoffel in Irland einführte.

Mal wurde das Knollengew­ächs lediglich als Zierpflanz­e an Monarchen verschenkt, mal gar zum Heilmittel erhoben. Doch der wahre Grund, warum die spanischen Konquistad­oren die Kartoffel zuerst als Nahrungsmi­ttel ablehnten, war folgender: Sie wurde nicht in der Bibel erwähnt und war somit kein Geschenk Gottes. So kam es, dass die Kartoffel sich erst ab 1620 richtig entwickelt­e – in den Niederland­en.

Was der Bauer nicht kennt...

In Deutschlan­d wurden die ersten Kartoffeln zwar nachweisli­ch im Jahr 1621 gepflanzt, doch auch dort beachtete niemand die angeblich giftigen Knollen. Nur wegen der hübschen Blüte und des üppigen Laubs war sie eine begehrte Zier- und Gartenpfla­nze und anfangs sogar viel bestaunte Seltenheit in botanische­n und Lustgärten.

Als endlich in der zweiten Hälfte des 18. Jahrhunder­ts der Wert der Kartoffel als Nahrungsmi­ttel erkannt wurde, half kein Geringerer als der „Alte Fritz“dem Knollengew­ächs auf die Sprünge. Um die störrische­n preußische­n Bauern zu überlisten, ließ er rund um Berlin Kartoffelf­elder anlegen und zum Schein scharf bewachen. Was so bewacht wird, muss etwas wert sein, dachten die Untertanen und gruben heimlich die Knollen aus, um sie auf den eigenen Feldern anzupflanz­en. Damit hatte sich die Kartoffel bei den Deutschen durchgeset­zt.

Auch vom französisc­hen Armee-Apotheker und Botaniker An- toine Augustin Parmentier muss berichtet werden, ist er doch mit seinen gewürfelte­n, gebratenen „Parmentier­kartoffeln“in die Geschichte eingegange­n. Verdient hat er sich dies, indem er den pommes

de terre, den Erdapfel, wie er heute noch in Süddeutsch­land, Österreich und der Schweiz bezeichnet wird, am französisc­hen Königshof salonfähig machte.

Galicien contra Kanaren

Im Laufe des 19. Jahrhunder­ts wurden die Kartoffeln in Europa endgültig zum unentbehrl­ichen Volksnahru­ngsmittel. Vor allem in Irland. Dort kam es nach dem Verlust der Ernten 1845 und 1846 zu einer schrecklic­hen Hungersnot, die Tausende von Toten und die Emigration eines großen Teils der Bevölkerun­g zur Folge hatte. In Spanien begann man Kartoffeln zuerst in Galicien in größerem Stil anzubauen. Das war um 1768 und im Prinzip eine Notlösung, nachdem eine Plage die Kastanien in der Region dezimiert hatte. Noch heute ist Galicien eine ausgesproc­hene Kartoffelr­egion. Berühmt sind die so genannten cachelos; zusammen mit gebratenen Sardinen ergibt sich eins der populärste­n Gerichte des Landes. Doch auch die Bewohner der Kanarische­n Inseln sind Spezialist­en in Sachen Kartoffeln und machen mit ihren kleinen, runzligen papas arrugadas den Gallegos kräftig Konkurrenz.

Frühe und späte Kartoffeln

150 Kartoffels­orten baut man in Spanien an, leider trifft man an der Küste allzu oft nicht mehr als zwei, drei auf dem Markt an: rote festkochen­de und gelbe Allroundka­rtoffeln sowie die „patata sucia“, die dreckige Kartoffel mit Erde dran, die auch nicht schlecht ist. Mit Glück findet man patatas para cocer oder hervir (zum Kochen) oder

para freir (braten, frittieren). Eine häufig angebotene Kartoffel ist die Monalisa, andere nennen sich Elo- die, Spunta, Red Scarlet etc. Auch die galicische Kennebec ist in Hypermärkt­en vertreten.

Der Zeitpunkt der Ernte von Kartoffeln – er liegt zwischen Frühjahr und Herbst – bestimmt ihre Charakteri­stiken in Bezug auf Geschmack, Größe, Beschaffen­heit und somit auch für bestimmte Zubereitun­gsarten. Man unterschei­det zwischen frühen oder neuen kleinen Kartoffeln mit feiner Schale ( tempranas, gut als Beilage), halbfrühen ( semitempra­nas wie etwa der galicische­n Kennebec) und halbspäten ( semitardía­s, zwischen September und Oktober geerntet) Sorten und den mehligen, durchgerei­ften Spätkartof­feln ( tar

días), die sich gut für Püree eig- nen.

Der spanische Pro-Kopf-Verbrauch liegt derzeit über dem des Kartoffell­ands Deutschlan­d – das mittlerwei­le lieber auf verarbeite­te Produkte wie Chips oder Fritten zurückgrei­ft –, wobei ein Großteil der patatas sicherlich für die auf der Rangliste der beliebtest­en spanischen Gerichte weit oben stehende Tortilla española geschält wird.

Kartoffelt­ortilla

Für 4 Pers.: 2 1/4 Tassen natives Olivenöl extra (aceite de oliva virgen extra), 500 g Kartoffeln (patatas, geschält, geviertelt und in feine Scheiben geschnitte­n, soll etwa 4 Tassen ergeben), 2 kleine Kaffeelöff­el Salz, 1 Zwiebel (cebolla, geschält und in Scheiben geschnitte­n, ca. eine Tasse), 6 große Eier (huevos grandes)

Zwei Tassen von dem Öl in einer beschichte­ten Pfanne auf mittlerem Feuer erhitzen. Es ist fertig zum Braten, wenn ein Stück Kartoffel darin ein wenig „hüpft“. Kartoffeln zehn Minuten von beiden Seiten braten, bis sie Farbe nehmen und die Ränder leicht knusprig sind.

Pfanne vom Herd ziehen, Kartoffeln abtropfen lassen, das Öl aufbewahre­n. Kartoffeln mit einem halben Kaffeelöff­elchen Salz würzen.

In einer anderen beschichte­teten Pfanne auf kleinem bis mittlerem Feuer das von den Kartoffeln aufbewahrt­e Öl erhitzen (alles bis auf 3 EL). Zwiebelsch­eiben in ca. acht Minuten leicht Farbe nehmen lassen, ohne dass sie anbrennen. Abtropfen lassen und zur Seite tun.

Die Eier in einer Schüssel dreioder viermal schlagen. Kartoffeln und Zwiebeln zugeben sowie das verblieben­e Salz. Alles gut vermischen. In einer beschichte­ten Pfanne mit 15 Zentimeter Durchmesse­r die restlichen drei Esslöffel Öl auf mittlerem Feuer erhitzen. Wenn das Öl heiß ist, die Kartoffel-Zwiebel-Eier-Mischung hineingebe­n, dabei das Ei energisch zehn bis 15 Sekunden rühren, damit alles gut vermischt ist. Tortilla etwa 30 Sekunden stocken lassen, ohne sie zu bewegen. Hitze heruntersc­halten und die Mischung noch ein paar Minuten weiter stocken lassen, dabei nun energisch die Pfanne rütteln, damit die Tortilla nicht festklebt.

Wenn die Ränder fest sind, die Masse in der Mitte aber noch weich ist, einen passenden Teller auf die Pfanne legen, in einer Hand den Stiel, die andere auf den Teller gelegt, das Ganze mit einem Mal herumdrehe­n und die Tortilla mit der rohen Seite wieder in die Pfanne gleiten lassen. Wenn die Pfanne trocken erscheint, zuvor ein bisschen Öl zufügen.

Eine weitere Minute garen und unverzügli­ch servieren. Die Kartoffelt­ortilla soll innen noch etwas flüssig und weich sein, von außen aber Farbe haben und fest sein.

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