Eltern bestreiken Hausaufgaben
Lehrer sollen Einsehen haben und Kinder nicht nach der Schule noch stundenlang belasten
Madrid – ck. Wie bei so vielen schulischen Themen sind sich die Beteiligten auch hier nicht einig: Hausaufgabenstreik oder nicht? Viele Eltern sind dafür, die Lehrer dagegen. Der Bund der Elternvereine an öffentlichen Schulen (Ceapa), dem 12.000 Vereine angehören, droht damit, im November einen Streik auszurufen, wenn die Schüler an den Wochenenden Hausaufgaben machen müssen.
Die Organisation für Wirtschaftliche Zusammenarbeit und Entwicklung ( OECD) empfiehlt vier Stunden Hausaufgaben in der Woche, der Rest sollte Freizeit und außerschulischen Aktivitäten wie Sport oder Musik vorbehalten sein. Das sei in Spanien allerdings nicht so, behaupten die Mütter und Väter. Zehn Stunden pro Woche und an den Wochenenden sei üblich. Allerdings hängt die Menge der Hausaufgaben von den einzelnen Schulen und Lehrern ab, regionale Regelungen gibt es nur für die Kanaren, Kantabrien, Murcia und Madrid.
Der Präsident von Ceapa, José Luis Pazos, meint, dass „die Schule in der Schule bleiben“sollte. Es könne nicht sein, dass schon Vorschüler nachmittags zu Hause nacharbeiten müssten, sagte Pazos. Die Eltern wollen, dass die Kinder überhaupt keine Aufgaben zu Hause machen müssen. Die Überlastung der Kinder würde das familiäre Klima in Mitleidenschaft ziehen.
215.000 Unterschriften hat Eva Bailén zusammengetragen. Die Spanierin setzt sich für freie Wochenenden ein. Sie hat ihren Sohn von einer öffentlichen auf eine Privatschule umgemeldet, in der es keine Hausaufgaben gibt.
Dabei gilt es als erwiesen, dass die vielen Hausaufgaben keinesfalls zu einem besseren Leistungs- niveau beitragen. Vielleicht ganz im Gegenteil. In Finnland schneiden die Schüler mit drei Stunden Hausaufgaben im europäischen Vergleich hervorragend ab.
Lehrervertreter Mario Gutiérrez von der Gewerkschaft CSIF verteidigt dagegen die Hausaufgaben. Nur so können die Kinder ihre persönliche Autonomie entwickeln, wird er in der Zeitung „La Vanguardia“zitiert. Auch die Lehrergewerkschaft Anpe ist dagegen, Entscheidungen ihres Berufsstands infrage zu stellen.
Unter den Eltern kritisiert aus ähnlichen Gründen der katholische Elternverband Concapa den Streik. Es sei falsch, die Schüler zu unterstützen, wenn sie ihren Pflichten nicht nachkämen. Concapa-Präsi- dent Pedro José Caballero plädiert für bessere Absprachen zwischen Eltern und Schulen, damit die Aufgaben nicht exzessiv werden. Wichtig seien sie, seiner Meinung nach, um das Erlernte zu festigen.
Kreativität entwickeln
Eltern klagen, die Überlastung der Kinder würde das familiäre Klima in Mitleidenschaft ziehen
65 Prozent der 15-jährigen Schüler in Spanien klagen unter zu vielen Hausaufgaben, schreibt die Zeitung „Información“. Kinder müssen Kinder sein und ihre Kreativität entwickeln können. Darum geht es den Eltern, die dagegen protestieren, dass die Schule sich zu Hause fortsetzt.