Auf dem Weg zur Notlandung
PSOE-Interimsvorstand will die Partei von der Duldung einer PP-Regierung überzeugen
Madrid – tl. Für eine Partei, die vor kurzem noch im Begriff war, sich selbst zu zerfleischen, herrscht in der PSOE verdächtige Ruhe. Das einzige, was nach außen dringt, ist die Arbeit des Interimsvorstands, der die Partei – so hat es den Anschein – ganz behutsam an die Hand nehmen will, um sie in eine bestimmte Richtung zu führen: die Tolerierung einer VolksparteiRegierung unter Mariano Rajoy. Es wäre die letzte Chance, um eine dritte Wahl zu verhindern
Wie auch immer: Der Rücktritt von PSOE-Chef Pedro Sánchez hat Bewegung in die festgefahrene Situation gebracht. Wahrscheinlich für den 23. Oktober will Interimsvorsitzender Javier Fernández erneut das Förderalkomitee einberufen und die Delegierten über die Duldung einer PP-Regierung debattieren und abstimmen lassen. Für den 24. und 25. Dezember hat König Felipe bereits eine neue Runde von Konsultationen mit den Parteivorsitzenden angekündigt. Deadline für eine Regierungsbildung ist der 31. Oktober.
Im Interview mit der Zeitung „El País“(Sonntag) hat Interimsvorsitzender Javier Fernández deutlich gemacht, wohin er will: „Die Realität ist komplex, und irgendjemand muss sich damit befassen.“Es habe sich herausgestellt, dass eine andere Regierung nicht möglich ist, so Fernández, „deshalb ist jetzt eine Notlandung nötig“. Sich bei einer Wahl von Rajoy der Stimme zu enthalten, bedeute noch lange nicht, dass die PSOE nun rechte Politik unterstütze. „Es geht nicht mehr um Ideologie“, sagte Fernández im Interview.
Doch so ganz wird dem eigenen Parteivolk nicht getraut. Ob es den Kurswechsel nach Monaten des kategorischen Neins so einfach mitmacht, ist völlig offen. Der Interimsvorstand verwirft denn auch die Idee, die Basis über die Duldung ei- ner PP-Regierung abstimmen zu lassen. Zwar haben Umfragen ergeben, dass die Mehrheit der PSOEWähler einen Regierungschef Rajoy für das kleinere Übel gegenüber einer Neuwahl hält. Doch garantieren ließe sich das Ergebnis bei einer Abstimmung sicherlich nicht.
Auch die PSOE-Territorialversammlung einzuberufen wagt der Interimsvorstand nicht. Fernández weiß um die Haltung der jeweiligen Landesvorsitzenden. Der Widerstand gegen eine PP-Regierung ist nach wie vor groß. Stattdessen will der Vorsitzende in Einzelgesprächen die „Barone“auf seine Seite ziehen. Die Entscheidung selbst bleibt dem Föderalkomitee vorbehalten.
Unmittelbar nach dem Rücktritt von Sánchez und der Aussicht auf einen Kurswechsel bei den Sozialisten, war in Teilen der Volkspartei Triumphgeheul ausgebrochen. Man müsse den Sozialisten jetzt Zugeständnisse abringen, sagte PP-Fraktionssprecher Rafael Hernando, „um eine stabile Regierung“zu erhalten“, die eine volle Legislaturperiode überdauere.
PSOE-Interimsvorsitzender Fernández reagierte sofort: Diese geforderte Stabilität werde man nicht garantieren. PP-Vorsitzender Rajoy pfiff daraufhin seine Leute zurück und nahm Druck aus dem Kessel: Er werde sich als Ministerpräsident „Tag für Tag“um Regierungsfähigkeit bemühen, sicherte er zu.
Inzwischen haben Fernández und Rajoy auch Kontakt aufgenommen. Stellvertretende Regierungschefin Soraya Sáenz de Santamaría würdigte denn auch, dass die PSOE zu einem „normalen und geschäftsmäßigen Ton“im politischen Miteinander zurückgefunden habe.
„Die Realität ist komplex, und irgendjemand muss sich damit befassen“